Essen. Im Rahmen der ARD-Themenwoche “Der mobile Mensch“ wagte der freie Journalist Thomas Niemietz ein Abenteuer: Er reiste mit nur 1000 Euro in 40 Tagen um die Welt. Wie es ihm auf der Reise ergangen ist, erzählt er im Interview.
Jules Verne schickte Phileas Fogg in seinem Roman „in 80 Tagen um die Welt“. Der Südwestrundfunk fragte beim freien Journalisten Thomas Niemietz (33) an, ob er die Tour für den SWR machen könne – im Rahmen der ARD-Themenwoche „Der mobile Mensch“. Niemietz sagte zu, bekam nur 40 Tage Zeit und 1000 Euro für Transportkosten in die Hand. Das Reise Journal unterhielt sich mit ihm über die nicht alltägliche Weltreise noch bevor die Dokumentation am 25. Mai um 23 Uhr im SWR läuft.
36 Tage, fünf Kontinente, 49593,38 Kilometer zurückgelegt und noch 39,48 Euro übrig. Respekt. Und, kaputt?
Thomas Niemietz: Noch ein bisschen. Die Müdigkeit hält länger an als ich gedacht habe.
Am 18. März sind sie aufgebrochen, wie viel Vorlaufzeit hatten Sie, um alles zu planen?
Niemietz: Der SWR hatte die Idee im November, Ab Januar habe ich mich schlau gemacht. Ich wäre nie mutig genug gewesen, einfach loszufahren.
Wie sah die Recherche aus?
Niemietz: Ich habe nur billige Schlüsselflüge, also die von Kontinent zu Kontinent, gesucht und eine Route erstellt.
Sie haben viel „fremde Welt“ gesehen. Wie sind Sie dort zurecht gekommen?
Niemietz: Sehr gut. Die Hemmschwelle sinkt relativ schnell und man spricht Leute an. Man ist ja einfach auch auf deren Hilfe angewiesen. Besonders schön bei Marokkanern, die einem am liebsten gleich die ganze Stadt zeigen würden und natürlich auch ihr Geschäft. Ich muss allerdings vor den Klimaanlagen in Asien warnen. Die haben mich für ein paar Tage krank gemacht.
Und wie bewegt man sich günstig fort?
Niemietz: Die meiste Strecke auf dem Festland habe ich in holprigen Bussen mit manchmal nicht allzu prickelnder Musik verbracht. Billig, aber laut. Oder ich habe mich mitnehmen lassen. Als Anhalter zu fahren war für mich ein ganz neues Erlebnis. Man braucht eine Menge Geduld und Glück. Das hatte ich. In Australien braucht man beim Trampen auch noch Sonnenmilch. In Asien ist es günstig mit dem Schiff oder dem Tuk-Tuk, das haben mir die Einheimischen verraten.
Wie waren denn die Kontakte zu den Einheimischen?
Niemietz: Ich habe viele neue Freunde getroffen, auch wenn ich manchmal gar keine Lust hatte, jemanden kennenzulernen, weil ich ja kurze Zeit später eh wieder weg war. Aber man hat nette Kontakte knüpfen können. Gerade beim Trampen wurden mir viele Tipps mit auf den Weg gegeben, wo man mal hin sollte.
Sie sind an der Gold Coast in Australien „gestrandet“. Warum ausgerechnet dort?
Niemietz: Am billigsten wäre der Flug von Kuala Lumpur nach Perth gewesen. Dann hätte ich aber noch 4000 Kilometer zurücklegen müssen, die Gold Coast bot sich also an. Leider war es mir nicht vergönnt, dort am Strand zu liegen. Nur einmal kurz Surfen war drin, hat aber nicht so richtig geklappt (lacht).
Wo war’s am schönsten?
Niemietz: Ganz ehrlich? Ich habe etliche wunderbare Bilder und Eindrücke erhascht. Aber das war alles nicht greifbar. Es ging alles so schnell an mir vorbei, weil ich von Ort zu Ort gerast bin. Das war harte Arbeit, alles Second Hand-Erlebnisse. Ich habe in 36 Tagen das gesehen, was andere Menschen in zehn Jahren nicht zu Gesicht bekommen.
Die 1000 Euro dienten nur der Fortbewegung. Mit einem Sender im Rücken hat man mit Verpflegung und Unterbringung kein Problem, oder?
Niemietz: Das stimmt. Aber ich bin trotzdem meist in Hostels abgestiegen, denn dort liegen die Geschichten, die ich für die Dokumentation brauche. In einem Hotel habe ich übrigens gar nicht gewohnt. Allerdings musste ich auch nicht unter Brücken schlafen.
Gab es heikle Situationen?
Niemietz: Gefährlich wurde es nie, wenn man von dem irren Iren mal absieht, der mich auf der Ladefläche seines Sprinters mitgenommen hat. Da habe ich meine Redakteurin angerufen und ihr gesagt, dass die mich suchen sollen, wenn ich mich in einer Stunde nicht melde. Am meisten hatte ich aber damit zu kämpfen von Australien nach Amerika zu kommen. Zwei Wochen lang. Am Ende bin ich auf Gebrauchtflüge aufmerksam geworden. Dort werden Flugtickets von Leuten verscherbelt, die ihre Reise nicht antreten können. So bin ich auf Hawaii gelandet, womit ich den fünften Kontinent geschafft hatte. Aber als USA-Fan wollte ich was vom Festland sehen.
Das hat ja nicht ganz geklappt.
Niemietz: Als ich in Phoenix, Arizona, gelandet bin, war ich eigentlich pleite, hatte nur noch 75 Euro. Da hab’ ich mir gedacht, dass ich mir noch eine schöne Woche mache und über die Highways tingel. Über meinen Blog und die Radiosendung ist eine Firma auf mich aufmerksam geworden, die mich als Luftfrachtboten engagieren wollte.
Ist ja wie im Kino.
Niemietz: Habe ich mir auch gedacht und erstmal recherchiert, bevor ich zugestimmt habe. Als Kurier wurde ich dann nach Miami gebracht, habe ein Päckchen abgeholt und bin über Fort Lauderdale nach Düsseldorf geflogen.
War doch dann ein komfortables Ende der Weltreise, oder?
Niemietz: Naja, ich habe drei
Tage nonstop in Fliegern verbracht und nicht geschlafen.
Würden Sie das noch einmal machen?
Niemietz: Im Moment eher
nicht (lacht).