Karlsruhe. Wenn weltberühmte Sehenswürdigkeiten plötzlich aus dem Programm einer Reise gestrichen werden, dürfen Kunden kostenlos zurücktreten.
Peking ohne Verbotene Stadt und Platz des Himmlischen Friedens? Wenn solch weltberühmte Sehenswürdigkeiten plötzlich aus dem Besichtigungsprogramm einer Reise gestrichen werden, dürfen Kunden kostenlos zurücktreten. Der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe entschied einer Mitteilung vom Mittwoch zufolge, dass dies als erheblicher Mangel einzustufen sei und den kostenfreien Rücktritt von der gebuchten Tour eines Düsseldorfer Anbieters rechtfertige. Außerdem rügte das Gericht eine Änderungsklausel im Reisevertrag zwischen den Parteien: Diese sei schon per se unwirksam formuliert.
Im vorliegenden Fall ging es um eine China-Rundreise, die ein Paar für den Sommer 2015 gebucht hatte. Als der Veranstalter ihm eine Woche vor Reisebeginn eröffnete, dass ausgerechnet die beiden Pekinger Hauptsehenswürdigkeiten wegen einer Militärparade nicht besucht werden könnten, trat das Paar die Reise gar nicht erst an. Vor dem BGH klagten die Urlauber auf Reisekostenerstattung von 3298 Euro und bekamen recht (AZ.: X ZR 44/17). Der BGH folgte damit der Entscheidung der beiden Vorinstanzen. Damit muss der Reiseveranstalter dem Paar die einbehaltenen Stornogebühr von 90 Prozent des Reisepreises zurückzahlen.
Anwalt des Veranstalters argumentiert vergeblich
"Der Besuch der Verbotenen Stadt und des Platzes des Himmlischen Friedens als einer der bekanntesten Sehenswürdigkeiten Pekings und Chinas stellte bereits für sich genommen eine wesentliche Reiseleistung dar", so die BGH-Richter in der Begründung ihrer Entscheidung. Dass dieser Besuch wegfiel, sei eine gravierende Änderung, die die Kunden des Veranstalters nicht hinnehmen müssten.
Der BGH-Anwalt des Düsseldorfer Veranstalters, Norbert Tretter, hatte vergeblich argumentiert, dass es sich bei der gebuchten Tour um eine Rundreise und nicht um eine Städtereise gehandelt habe. Die Besichtigung der beiden Pekinger Sehenswürdigkeiten hätte nur zwei bis drei Stunden beansprucht - mithin einen zeitlich sehr geringen Anteil an der 14-tägigen Tour, sagte er bei der mündlichen Verhandlung am Dienstag. Der BGH-Anwalt des klagenden Paares hob hingegen erfolgreich auf die unwirksame Klausel im Reisevertrag und die drastische Programmänderung ab.
Reiseexperte Paul Degott vom Deutschen Anwaltverein überraschte die Gerichtsentscheidung nicht. "Der BGH hat jetzt ganz klar gesagt, dass mit dem Wegfall der beiden Hauptattraktionen eine wesentliche Reiseleistung fehlte", sagte der Jurist. Außerdem seien Vertragsklauseln, mit denen Reiseveranstalter sich nur allzu oft das Recht einräumten, Reisen im Nachhinein zu verändern, grundsätzlich nichtig und angreifbar. "Mögliche Änderungen von Reiseleistungen müssen vom Veranstalter im Vertrag vorab sehr genau und konkret benannt werden. Nur dann können Kunden abwägen, ob sie eine Reise buchen oder lieber die Finger davon lassen", sagte Degott. (dpa)