Düsseldorf. Wohnungen “zerstückelt“ und kurzfristig an Touristen zu vermieten, ist lukrativer als normale Dauervermietungen. Ein Problem für Kommunen.
Private Zimmervermietung an Touristen boomt - auch in den Metropolen Nordrhein-Westfalens. Vor allem Bonn, Köln, Dortmund und Münster befürchten, dass das ohnehin dünne Angebot an preiswertem Wohnraum für Normalmieter so zusätzlich verknappt wird. Dazu tragen aus Sicht vieler Experten zunehmend Online-Plattformen für private Kurzzeitvermietungen bei. Für eine Anhörung im Düsseldorfer Landtag am Freitag lieferten Mieter und Eigentümer, Kommunen und Online-Anbieter Pro und Contra.
DIE PROBLEME: "Aus Mietwohnungen werden Ferienappartements", stellt die SPD-Landtagsfraktion in ihrem Initiativantrag fest. "Der Nachfrage-Überhang wächst, Mietpreise steigen unaufhörlich." Den Kommunen entgingen Steuern, weil viele Privatvermieter ihre Einnahmen nicht deklarierten. Belastbare Daten fehlten allerdings, bilanziert das Institut für Landes- und Stadtentwicklungsforschung. Auch, weil sich die Online-Portale nicht in die Karten gucken ließen, kritisieren die kommunalen Spitzenverbände.
DIE LÖSUNGEN: "Die Landesregierung ist in der Pflicht, dem zunehmenden Missbrauch bestehenden Wohnraums zu gewerblichen Zwecken Einhalt zu gebieten", fordert die SPD. Die Kommunen müssten satzungsrechtlich ermächtigt werden, wirksam gegen Zweckentfremdungen vorzugehen. Zumindest solle die schwarz-gelbe Regierung darauf verzichten, bisher mögliche Verbote auszuhebeln, fordern die Kommunen. Ein landesweit einheitliches Gesetz halten sie aber für unnötig. Gesetzliche Zweckentfremdungsverbote gibt es bislang in Bayern, Baden-Württemberg, Berlin, Hamburg und Mecklenburg-Vorpommern.
DIE BRENNPUNKTE: In NRW dürfen Kommunen per Satzung Gebiete mit erhöhtem Wohnungsbedarf definieren, in denen Wohnungen nur mit amtlicher Genehmigung anders genutzt oder leer stehen dürfen. Bisher haben aber nur Bonn, Dortmund, Köln und Münster solche Satzungen. Laut einem 2015 veröffentlichten Gutachten des Instituts für Stadtforschung schätzten damals zwei Fünftel der 396 NRW-Kommunen ihren Wohnungsmarkt nicht als angespannt ein, hält der Eigentümerverband Haus und Grund fest. Nur für ein Fünftel sei Zweckentfremdung ein Problem - meist nur ein kleines.
BEISPIEL KÖLN: Dramatisch ist die Situation hingegen in Köln. Der geförderte, preiswerte Wohnungsbestand ist hier auf unter sieben Prozent geschrumpft - im Jahr 2000 waren es noch 12,5 Prozent, wie Wohnungsamtsleiter Josef Ludwig berichtet. "Insgesamt haben sich die Mieten und Grundstückspreise in Köln deutlich erhöht." Der Wohnungsmangel werde verschärft durch touristische Vermittlungen über Buchungsportale. Inzwischen sei der Ferienwohnungsbestand hier auf bis zu 7000 Wohneinheiten zu schätzen. Ein weiteres Ausbreiten dieses Geschäftsmodells müsse angesichts alarmierender Prognosen verhindert werden.
BEISPIEL DORTMUND: Als erste deutsche Stadt hat Dortmund eine Vereinbarung mit der Online-Plattform Airbnb getroffen. Ab Januar wird Airbnb selbst die Bettensteuer einziehen und als Gesamtzahlung an die Stadt abführen. "Eine Kontrolle durch das Steueramt findet nicht statt", bemängeln die kommunalen Spitzenverbände. Sie sehen darin kein Modell.
DER GRAUMARKT: Laut Airbnb haben innerhalb eines Jahres rund 14.400 Bürger in NRW über ihre Plattform ihr Zuhause geteilt - mit insgesamt fast 441.000 Gästen. In Düsseldorf etwa würden weniger als 0,4 Prozent aller Wohnungen kurzzeitig über Airbnb angeboten. Die Versorgung werde also nicht beeinträchtigt. Der Immobilienentwickler GBI geht hingegen allein für die Metropolen Köln, Hamburg, Berlin und München von "mehr als zehn Millionen Graumarkt-Übernachtungen" pro Jahr in Privatquartieren aus, die amtlich gar nicht erfasst würden. Seiner Erhebung zufolge bucht etwa jeder elfte Städtereisende über eine Plattform private Übernachtungen.
DIE MIETER: Die "Schattenhotellerie" in nicht angemeldeten Ferienwohnungen ist vor allem für reguläre Mieter mit zahlreichen Nebenwirkungen verbunden. Viele klagten über lärmende Feriengäste und ständigen Wechsel, weiß der Mieterbund. Auch Müll, Dreck und ein Unsicherheitsgefühl mit so vielen Fremden im Haus sorgten für Beklemmungen, bestätigen mehrere Sachverständige.
DIE SICHERHEIT: "Die privat vermieteten Wohnungen erfüllen in den wenigsten Fällen die Sicherheits- und Hygienestandards", bemängelt der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband. Zweierlei Maß bei Brandschutz, Sicherheit, Melderecht, Hygiene oder Besteuerung verzerre den Wettbewerb mit der Hotellerie. (dpa)