Karlsruhe. . Manchmal wird ein Urlaub teuer, lange bevor es losgeht. Dabei ist nicht eindeutig, wie hoch eine Anzahlung schon bei der Buchung sein darf.
Wer beim Bäcker einkauft, bekommt die Brötchentüte in dem Moment über die Theke gereicht, in dem er bezahlt. „Leistungsaustausch Zug-um-Zug“ nennen Juristen diese gesetzliche Regel. Wer einen Flug bucht oder ein Bahnticket kauft, zahlt dagegen meist sofort, auch wenn er erst in ein paar Monaten verreist. Bei Pauschalreisen hatte sich eine Zwischenlösung eingebürgert: Urlauber mussten bei der Buchung eine Anzahlung leisten. Um die 20 Prozent des Reisepreises waren üblich. Bis der Veranstalter Tui für bestimmte Pauschalreisen 40 Prozent verlangte. Seit 2012 wird vor Gericht darüber gestritten, ob das zu viel ist. Am Dienstag verhandelt der Bundesgerichtshof (BGH) ein zweites Mal.
Um was für Reisen geht es?
Es geht um die Marken 1-2-Fly und TUI. Tui nennt diese Pauschalreisen „dynamisch“, weil dabei Hotels mit den zum Zeitpunkt der Buchung günstigsten Flügen kombiniert werden. Nach Angaben des Unternehmens machen diese Reisen etwa zehn Prozent des Angebots aus.
Warum will Tui für diese Reisen eine Anzahlung von 40 Prozent?
Der Veranstalter begründet das damit, dass er für diese Angebote selbst in Vorleistung treten müsse, etwa gegenüber Fluglinien.
Warum ist das für Verbraucher ein Problem?
„Bei einer Reise geht es um hohe Summen. Außerdem bucht man das häufig lange im Voraus, unter Umständen ein Jahr vorher“, sagt Rechtsexpertin Kerstin Hoppe vom Bundesverband der Verbraucherzentralen, der Tui verklagt hat. „Da hat man das Geld vielleicht noch gar nicht zusammen.“
Wenn Urlauber in Vorleistung gehen, tragen sie zudem das Risiko, dass der Veranstalter insolvent geht - die Reise also nicht stattfindet und sie ihr Geld nicht zurückbekommen. Allerdings müssen sich Reiseveranstalter versichern für den Fall, dass sie pleitegehen. Das schützt Urlauber.
Ist eine Anzahlung von 40 Prozent zu viel?
Aus Sicht von Verbraucherschützerin Hoppe ist das ein „Extremfall“. Die Branche orientiere sich daran nach oben. Schon 20 Prozent seien eine ganze Menge gewesen. Der BGH hatte in seinem ersten Urteil zu dem Fall 2014 entschieden: Ein Anzahlung von mehr als 20 Prozent ist nur in Ordnung, wenn es dafür einen sachlichen Grund gibt. Dafür muss der Reiseveranstalter zumindest darlegen, dass für ihn bei Vertragsschluss Aufwendungen entstehen, die in der Regel so hoch sind, wie die verlangte Anzahlung.
Ist das bei den beiden Angeboten von Tui der Fall?
Das Oberlandesgericht Celle - die Vorinstanz - sieht das nicht so. Es war mit den Berechnungen unzufrieden, die Tui im Prozess vorgelegt hatte. Der Veranstalter habe sich bei der Kalkulation der Anzahlungspauschale auf Durchschnittswerte gestützt, die für einen Teil der Reisenden nicht zuträfen. So habe Tui etwa im Geschäftsjahr 2014/15 die Flüge für über 14.000 Urlauber gar nicht vorab bezahlen müssen. Außerdem habe der Veranstalter Provisionen für Reisebüros mitberechnet. Das aber seien klassische Vertriebskosten.
Was versprechen sich Verbraucherschützer jetzt von Karlsruhe?
„Wir hoffen, dass der BGH klare Anhaltspunkte vorgibt, nach denen beurteilt werden kann, wann eine Anzahlung von 40 Prozent gerechtfertigt ist“, sagt Hoppe. Seit der Entscheidung von 2014 sei das nämlich „alles offen“. Ob das Urteil schon am Dienstag gefällt wird, ist unklar. (dpa)