Karlsruhe. „Bei 20 Prozent sollte Schluss sein“, urteilte am Dienstg der Bundesgerichtshof. Pauschalreise-Anbieter müssen nun ihre Anzahlungsforderungen deckeln.

Reiseveranstalter dürfen nur in Ausnahmefällen mehr als 20 Prozent Anzahlung für Pauschalreisen verlangen. Das hat der Bundesgerichtshof (BGH) am Dienstag entschieden. (Az.: X ZR 85/12) „Bei 20 Prozent sollte Schluss ein“, sagte der Vorsitzende Richter Peter Meier-Beck.

Die Richter gaben damit Verbraucherschützern überwiegend recht. Diese waren in mehreren Klagen dagegen vorgegangen, dass Urlauber in bestimmten Fällen zwischen 25 und 40 Prozent auf den Gesamtpreis ihrer Pauschalreise anzahlen sollten. Der volle Preis darf frühestens 30 Tage vor Abflug verlangt werden. Kläger sind die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen und der Bundesverband der Verbraucherzentralen. Sie haben mehrere Touristikunternehmen verklagt. Darunter die Tui AG, die am Abend angkündigte, Konsequenzen zu ziehen.

Erfolg für Verbraucherschützer

Die Verbraucherschützer gingen außerdem erfolgreich gegen Kosten vor, die die Veranstalter ihren Kunden bei einer Stornierung der Reise in Rechnung stellen. Die Kosten sind gestaffelt und richten sich nach der Anzahl der Tage bis Reisebeginn. Die Veranstalter müssen dem Urteil zufolge Gründe für die Höhe der Stornogebühren angeben. Vorinstanzen hatten den Verbraucherschützern recht gegeben.

Die wichtigsten Fragen und Antworten, die sich nun für Pauschalreisende ergeben:

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Was sagte der BGH zu Anzahlungen?

Dass die Reiseveranstalter für mehr als 20 Prozent Anzahlung gute Gründe haben müssen. Diese können laut BGH etwa sein, dass die Veranstalter selbst sofort nach der Buchung durch den Kunden die Airline oder das Hotel bezahlen müssen.

Um welche Art von Pauschalreisen ging es?

Es handelte sich um ganz verschiedene Angebote: In einem Fall konnte der Kunde im Internet per „Dynamic Packaging“ seine eigene Pauschalreise zusammenstellen. In einem anderen Fall ging es um Last- Minute-Angebote, um Sparreisen oder um spezielle Ticket-Pakete, also Reisen zu Veranstaltungen wie Musicals.

Hat der BGH eine Obergrenze für Anzahlungen festgelegt?

Nein.

Wogegen gehen die Verbraucherschützer im Detail vor?

Die Verbraucherzentralen wenden sich gegen Klauseln in den Reisebedingungen für Pauschalreisen. Demzufolge mussten Kunden 25, 30 oder 40 Prozent vom Gesamtpreis der Rechnung anzahlen. Die Verbraucherzentrale NRW geht außerdem gegen prozentual gestaffelte Kosten bei Reisestornierungen vor. Die Höhe der Kosten richtet sich nach der Anzahl der verbleibenden Tage bis zum Reiseantritt. Dieses Verfahren betrifft laut BGH nicht die Tui.

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Beispiele für Rücktrittskosten

Urlaubstours etwa verlangte dem BGH zufolge bei Flugreisen 40 Prozent des Reisepreises bis 30 Tage vor Reisebeginn. Ab dem 29. Tag sollten 45 Prozent fällig werden, ab dem 6. Tag 70 Prozent. Bei TC Touristik wurden etwa 25 Prozent bis 42 Tage vor Reisebeginn fällig.

Wie reagieren Veranstalter auf das BGH-Urteil?

Der Branchenriese Tui kündigte am Abend an, die Anzahlungshöhe für „gesondert gekennzeichnete Top-Produkte, kurzfristige und preisreduzierte Specials sowie Sparreisen“ zu reduzieren. Über 90 Prozent der Tui-Produkte seien aber nicht betroffen, hieß es aus Hannover. In einigen Fällen müsse jetzt das Oberlandesgericht Celle erneut entscheiden, „weil man sich hier mit der konkreten Anzahlungshöhe bisher noch gar nicht auseinandergesetzt hatte“, teilte Tui mit.

Für wen ist das Urteil relevant?

Alle Pauschalurlauber können sich auf das BGH-Urteil berufen. Direkt betroffen sind zunächst einmal jedoch die beklagten Anbieter, die nun auf das BGH-Urteil reagieren müssen. Doch die Rechtsprechung betrifft die gesamte Reisebranche. Weitere Anbieter haben entsprechende pauschale Anzahlungs- und Stornoregelungen in ihren Vertragsbedingungen.