Luxemburg. Fällt eine Flugreise aus, sind Rückforderungen oft mühsam. Doch nach einem neuen Urteil des EuGH sind die Chancen gestiegen
Loslassen und abheben: Millionen Deutsche starten dieser Tage mit dem Flieger in die Ferien. Tausenden allerdings kommt wohl auch dieses Jahr in letzter Sekunde etwas dazwischen - seien es die Windpocken oder berufliche Termine oder sonstiges Ungemach. Wer seinen Flug nicht antreten kann, hat oft auch finanziellen Schaden. Der Europäische Gerichtshof in Luxemburg hat am Donnerstag mit einem Grundsatzurteil aber die Chancen der Verbraucher gestärkt, zumindest einen Teil des Geldes wiederzubekommen. Die wichtigsten Fragen und Antworten zu dem Fall:
Worum geht es bei dem Rechtsstreit?
Der Verbraucherzentrale Bundesverband in Berlin hat vor deutschen Gerichten gegen Air Berlin geklagt. Anlass waren zwei Punkte: Die Verbraucherschützer monierten eine Bearbeitungsgebühr von 25 Euro, die die Fluglinie von Passagieren verlangte, die einen Flug im Spartarif stornierten oder nicht antraten und dann Geld zurückforderten. Und sie kritisierten, dass die Airline beim Ticketpreis den Anteil von Steuern, Gebühren und Zuschlägen zu niedrig ausweise.
Wieso gehen die Verbraucherschützer dagegen vor?
Auch Kunden mit einem Spartarif können Geld von der Airline zurückverlangen, wenn sie den Flug ausfallen lassen müssen. In jedem Fall steht ihnen die Rückerstattung eines Teils der Steuern und Gebühren zu - nämlich der Kosten, die auch der Airline nicht entstehen, wenn ein Passagier nicht fliegt. Um diese Nebenkosten einfordern zu können, müssen sie aber exakt aufgeschlüsselt sein. Die Verbraucherzentrale warf Air Berlin vor, einen Teil davon im Flugpreis zu vestecken, was etwaige Rückerstattungen drücken würde.
Worüber hat der Europäische Gerichtshof entschieden?
Im Prinzip stärkten die Luxemburger Richter den Verbraucherschützern in beiden Punkten - Bearbeitungsgebühr und Transparenz der Flugkosten - den Rücken. Sie taten dies in Antworten auf zwei Rechtsfragen des Bundesgerichtshofs, bei dem der Fall inzwischen liegt. Der BGH ist der Auffassung, dass Klauseln über eine pauschale Bearbeitungsgebühr in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen nach deutschem Recht unwirksam sind. Er wollte von den EU-Richtern wissen, ob dieses deutsche AGB-Recht auch EU-Recht entspricht, nämlich der EU-Verordnung über Luftverkehrsdienste. Der EuGH sagte ja: Der deutsche Gesetzgeber darf im Sinne der Verbraucher solche Klauseln ausschließen. Die zweite Frage betraf die Aufschlüsselung der Gebühren, Steuern und Zuschläge. Und auch hier kam die Bestätigung des EuGH: Airlines müssen diese Zusatzkosten in der tatsächlichen Höhe ausweisen, so wie es die Verbraucherschützer einfordern.
Was sagt Air Berlin dazu?
Die Fluglinie äußerte sich auf Anfrage zurückhaltend. Vor der Entscheidung blieb das Unternehmen dabei, dass es die umstrittenen Punkte anders sehe als die Verbraucherschützer. Am Donnerstag erklärte eine Sprecherin dann: "Wir haben die heutige EuGH-Entscheidung zur Kenntnis genommen." Abgeschlossen sei das Verfahren aber damit noch nicht, erst der BGH treffe eine rechtskräftige Entscheidung.
Welche Bedeutung hat das Urteil?
In dem Verfahren gegen Air Berlin muss nun tatsächlich der BGH das letzte Wort sprechen. Doch gelten die Maßgaben des Europäischen Gerichtshofs grundsätzlich für die gesamte EU. Die Vorgabe zur Aufschlüsselung der Zusatzkosten bringt Fluggästen also in jedem Fall mehr Klarheit. Kerstin Hoppe von der Verbraucherzentrale Bundesverband meinte denn auch: "Wir freuen uns wirklich darüber, dass es die Verbraucher künftig bei Stornierungen leichter haben werden, an ihr Geld zu kommen."