Kühlungsborn. Der Ort Kühlungsborn an der Ostsee ist nicht nur für sein großes Strandbad bekannt, sondern wird auch für Gaumenfreuden der besonderen Art geschätzt.

Kühlungsborn trägt die Frische schon im Namen. Im Herbst bläst eine steife Brise Meeresluft durch die Haare der Strandwanderer. Und doch geht es im größten Strandbad Mecklenburg-Vorpommerns heiß her. In Hotelküchen wird filetiert, gebrutzelt, geschmort.

Kühlungsborn ist das größte Seebad Mecklenburg-Vorpommerns. Im Herbst lockt es mit den Gourmettagen an die ostdeutsche Küste.
Kühlungsborn ist das größte Seebad Mecklenburg-Vorpommerns. Im Herbst lockt es mit den Gourmettagen an die ostdeutsche Küste. © dpa-infografik

Bereits zum 15. Mal veranstalten Köche aus dem Ort die Gourmettage, die auch Gäste aus dem Ausland anlocken. "In jedem Jahr stellen wir daraus einen Warenkorb zusammen, aus dem die Köche ihre eigenen Menüs kreieren", sagt Organisatorin Kirsten Brasche-Salinger. 2015 waren es acht renommierte Hotels und Restaurants, die sich an den Gourmettagen beteiligten. Aus Ostseefisch, Lamm, Geflügel und Quitten entstanden in den Küchen kunstvoll zusammengestellte Vier-Gänge-Genießer-Menüs.

Frank Haarde ist Küchenchef im
Frank Haarde ist Küchenchef im "Upstalsboom" und wirkt seit 2012 bei den Goumettagen mit. © Michael Juhran

Frank Haarde ist Küchenchef im "Upstalsboom". "Die Gourmettage sind eine Erfolgsstory", sagt der Wahl-Kühlungsborner. "Nicht wenige unserer Gäste kommen gerade wegen der Küche immer wieder und buchen bereits lange im Voraus für den November." Doch es sind nicht nur die Menüs der Meisterköche, die Urlauber nach Kühlungsborn reisen lassen. Workshops, Küchenpartys und Kochkurse, bei denen die Schlemmergäste selbst aktiv sind, werden immer beliebter. "So ganz nebenbei lernen auch wir Köche uns besser kennen und schätzen."

Erfolg ist schmeckbar

Sebastian Völz in seinem Reich: Der Koch ist Küchenchef im Hotel
Sebastian Völz in seinem Reich: Der Koch ist Küchenchef im Hotel "Hansa-Haus". © Michael Juhran

Dieses Gefühl teilen auch Sebastian Völz und Lukazs Kawa im Hotel "Hansa-Haus". "Ein gutes Essen besteht aus Geschmack und Gesellschaft", so das Credo. Vor zwei Jahren zog es die jungen Chefs an die See. Schaut man ihnen über die Schulter, spürt man die Lust am Erfinden neuer Rezepte. Die beiden arrangieren Makrele auf grünem Apfel, Kardamom und Joghurt, bringen Schwarzfederhuhn und Müritzer Lamm mit mediterranen Genüssen zusammen und setzen die heimische Quitte zwischen Blaubeeren und Karamellschokolade in Szene.

Tillmann Hahn hat schon den G8-Gipfel in Heiligendamm kulinarisch verantwortet - mittlerweile tobt er sich in Kühlungsborn aus.
Tillmann Hahn hat schon den G8-Gipfel in Heiligendamm kulinarisch verantwortet - mittlerweile tobt er sich in Kühlungsborn aus. © Touristik-Service-Kühlungsborn/Friederike Hegner

Auch Tillmann Hahn setzt in seinem nach ihm benannten Restaurant auf regionale Produkte. In der Vergangenheit verhalf er zwei Häusern zu Michelin-Sternen, dann betreute er in Heiligendamm den G8-Gipfel als kulinarischer Chef. In Kühlungsborn machte er sich im Jahr 2013 selbstständig. Seit 2014 ist er bei den Gourmettagen dabei.

Hahn ist Mitgründer der Initiative Ländlichfein. "Uns geht es darum, Gastronomen und Biobauern regional zu vernetzen, um gemeinsam mit Frische und Qualität unsere neue Feinschmeckerregion im Norden zu fördern." Der Erfolg ist schmeckbar - ob bei den Kartoffeln und Eiern aus Vorder Bollhagen, Lamm und Heidschnucken aus Waren oder Maischollen und Ostseedorsch vom örtlichen Fischer.

Seebrücke erst nach der Wende

Der Großvater der Kühlungsbornerin Anneliese Görlich-Nissen, die mit ihrem Sohn das Hotel
Der Großvater der Kühlungsbornerin Anneliese Görlich-Nissen, die mit ihrem Sohn das Hotel "Westfalia" betreibt, gehörte 1909/10 zu den touristischen Pionieren des Ortes. © Michael Juhran

Nicht immer war es so einfach, gute Zutaten zu bekommen, weiß die Kühlungsbornerin Anneliese Görlich-Nissen. Ihr Großvater gehörte 1909/10 zu den Pionieren, die an dem mehr als drei Kilometer langen Strand ein Gästehaus bauten. Ab 1904 setzte hier ein wahrer Bauboom ein, der schließlich aus den kleinen Orten Brunshaupten-Fulgen und Arendsee den größten Badeort Mecklenburgs namens Kühlungsborn mit einer beeindruckenden Bäderarchitektur entstehen ließ. Gute Kontakte zu den örtlichen Bauern und Fischern waren nötig, um die wohlhabenden Badegäste aus Berlin und Hamburg standesgemäß versorgen zu können.

Lange Zeit fuhren die Schiffe jedoch an Kühlungsborn vorbei. Nach der Wende wurde eine Seebrücke gebaut, die erste ihrer Art in den neuen Bundesländern. Heute verkehrt wieder ein Schiff nach Warnemünde. Per Traditionsbahn Molli kann man nach Heiligendamm fahren, wo es auch ausgezeichnete Restaurants gibt. Doch um alle Küchen in Kühlungsborn auszukosten, braucht es sowieso schon mehr als einen Urlaub. (dpa)