Essen. Die internationale Kreuzfahrtbranche boomt, Reedereien suchen neue Anlaufstellen für ihre Schiffe. Häfen wie Flensburg oder Eckernförde profitieren.
Sogar das Traumschiff war noch einmal da: MS „Deutschland“, das frühere ZDF-Traumschiff – sonst als „World Odyssey“ für Semester at Sea auf den Weltmeeren unterwegs, machte bei ihrem Törn über die Ostsee auch im Hafen von Eckernförde fest. Dass die „Deutschland“ den vergleichsweise kleinen Hafen von Eckernförde angelaufen ist, hatte vor allem diesen Grund: Weil die internationale Kreuzfahrtbranche boomt, suchen die Reedereien für ihre kleinen Schiffe nach neuen, preisgünstigen Häfen.
Es muss also nicht immer Kiel, Hamburg und Bremerhaven sein. Längst regt der deutsche Kreuzfahrtverband CLIA an, dass vor allem auch die kleineren Häfen wie Flensburg und Eckernförde zu neuen Destinationen werden könnten. Denn die Branche befindet sich auf Erfolgskurs: Allein im vergangenen Jahr haben 1,81 Millionen Deutsche eine Kreuzfahrt unternommen. Das entspricht einem Anstieg von 2,3 Prozent im Vergleich zum Vorjahr.
Stadt punktet mit Altstadt und Sandstrand
Der Ostseehafen Eckernförde liegt in der Eckernförder Bucht, etwa 25 Kilometer nördlich von Kiel. Die wirtschaftliche Bedeutung des Hafens habe in den vergangenen Jahren zwar stark nachgelassen, heißt es im schleswig-holsteinischen Hafenentwicklungskonzept. „Aber unser Hafen hat durchaus das Potenzial, von Mai bis September eine Kreuzfahrtdestination zu sein“, sagte Stefan Borgmann, Chef der Touristik und Marketing GmbH, dem zur Funke Mediengruppe gehörenden Hamburger Abendblatt. Für kleinere Kreuzfahrtschiffe sei der Standort ideal. „Wir haben unsere Kompetenz bei den ersten Anläufen gezeigt.“
Bereits im Jahr 2015 hat die 205 Meter lange „Albatros“ im Eckernförder Hafen festgemacht. Die Phoenix-Reederei sei mit dem Service und Empfang so zufrieden gewesen, dass sie in diesem Jahr Eckernförde in das Routing der MS „Deutschland“ und der „Albatros“ (26. September) aufgenommen habe, hieß es. Für 2017 sind weitere Anläufe geplant. Die Stadt punktet nicht zuletzt mit einer schönen Altstadt und einem langen Sandstrand.
Flensburg mit maritimem Wachstumspotenzial
Derweil hat der Hafen von Flensburg im Jahr 2011 mit dem Anlaufen der MS „Europa“ – sie ist das weltweit beste Kreuzfahrtschiff (Berlitz Cruise Guide) – erste positive Erfahrungen gesammelt. Das Hafenkonzept des Gesamtverbands der schleswig-holsteinischen Häfen und des Wirtschaftsministeriums attestiert Flensburg maritimes Wachstumspotenzial: „Mit einer Spezialisierung auf das Nischengeschäft ,Kreuzfahrtschiffe bis 200 Meter Länge‘ sind mittelfristig zehn bis 15 jährliche Anläufe denkbar.“ Wie Clemens Teschendorf, Sprecher der Stadt Flensburg, dem Abendblatt sagte, gibt es in diesem Jahr insgesamt drei Anläufe von Kreuzfahrtschiffen. Erst kürzlich legte die MS „Braemar“ des norwegischen Kreuzfahrtunternehmens Fred. Olsen Cruise Lines in der Flensburger Förde an.
Die Nase vorn hat seit Längerem das Columbus Cruise Center Wismar. Allein für dieses Jahr liegen acht Schiffsanmeldungen vor. 2017 werden es mindestens zehn Schiffe sein. „Der Kreuzfahrtstandort Wismar wird weiterwachsen. Das zeigt allein die Tatsache, dass sich immer wieder neue Reedereikunden für den Standort entscheiden“, sagte der Geschäftsführer des Columbus Cruise Centers Wismar, Veit R. Hürdler. Jüngst ankerte das Luxusresidenzschiff „The World“ in Wismar. Und die Passagiere der Reederei Fred. Olsen Cruises gaben der Destination sehr gute Noten. Weil in Wismar Kreuzfahrtschiffe mit einer maximalen Länge von 240 Metern anlegen können, wird die Stadt nicht auf einen Schlag mit 3000 Passagieren überflutet. In den Passagierfragebogen wird daher immer wieder betont, dass sich die Gäste gerade in den persönlichen Kontakten zu den Bürgern sehr wohlfühlen.
Drei Millionen Euro werden investiert
Um die Qualität am Liegeplatz zu verbessen, entstehen in diesem Jahr ein kleines Abfertigungsgebäude für die Behörde und eine feste Einzäunung, wie sie international vorgeschrieben ist. Das Investitionsvolumen beträgt drei Millionen Euro. Der Hafen von Travemünde durfte 2016 schon ein echtes Highlight feiern, Tui Cruises ließ dort die Mein Schiff 5 im Sommer von Sängerin Lena Meyer-Landrut taufen.
Zu den Reedereien, die Anläufe in Schleswig-Holstein auch in der Zukunft planen, gehören unter anderem Costa Crociere, MSC Crociere, Aida Cruises, Hapag-Lloyd, TUI Cruises. Bei der Zahl der Anläufe hat Kiel in den vergangenen Jahren eine Spitzenposition in Norddeutschland eingenommen, heißt es in einem Bericht der Landesregierung über die „Bedeutung des Kreuzfahrt- und Fährtourismus für Schleswig-Holstein“.