Potsdam/Wiesbaden. Tausende Urlauber sind von den Krankmeldungen und den Flugausfällen bei Tuifly betroffen. Wir haben die wichtigsten Fakten zusammengefasst.
Dutzende abgesagte Flüge allein am Freitag, Tausende betroffene Urlauber: Bei Tuifly sorgen massenhafte Krankmeldungen von Piloten und Mitarbeitern des Kabinenpersonals für Chaos. Der Deutsche Reiseverband (DRV) bezeichnete dies zum Start der Herbstferien als "extremes Ärgernis" gerade für Familien mit Kindern.
Hier die wichtigsten Fragen und Antworten im Überblick:
Wo findet man aktuelle Informationen?
Tuifly rät Kunden, die Flüge in den kommenden Tagen gebucht haben, sich kurzfristig auf www.tuifly.com über ihren Flugstatus zu informieren. Außerdem bietet Tuifly eine kostenlose Hotline unter 0800/900 60 90 an. Auch die ebenfalls betroffene Air Berlin bittet Fluggäste darum, sich auf der Website www.airberlin.com oder telefonisch unter 0800/57 37 80 00 kostenfrei zu informieren.
Ich bin am Flughafen, und mein Flug fällt aus: Was sollte ich tun?
Reisende sollten den Ausfall zunächst dokumentieren. Sie können dafür zum Beispiel die Abflugtafel fotografieren, rät Sabine Fischer-Volk von der Verbraucherzentrale Brandenburg. Auch holt man sich idealerweise Adressen von Mitreisenden, um sie im Falle eines Rechtsstreits als Zeugen benennen zu können. "Wenn der Abflugschalter der Airline besetzt ist, kann man sich dort eine Bestätigung des Ausfalls geben lassen", rät die Expertin. Am Flughafen muss die Fluggesellschaft wartende Passagiere mit Essen und Trinken, aber auch einem Internetzugang und Möglichkeiten zum Telefonieren versorgen.
Wie komme ich als Pauschalreisender trotzdem in den Urlaub?
Wenn der Flug zum Urlaubsort nicht stattfinden kann, sollten Gäste zunächst ihren Reiseveranstalter informieren. "Er muss Gelegenheit bekommen, den Mangel zu beheben", erklärt Fischer-Volk. Das kann bedeuten, auf eine andere Fluggesellschaft umgebucht zu werden. Verkürzt sich aufgrund eines verspäteten Fluges die Reise, kann man entsprechend den Preis mindern. Wird die Reise erheblich kürzer und schrumpft sie zum Beispiel von sieben auf fünf Tage, gilt sie als gescheitert: "Dann können Reisende zurücktreten und den Reisepreis zurückverlangen."
Mein Urlaub ist zu Ende und ich komme nicht zurück - was tun?
Zunächst wendet man sich an den Veranstalter mit der Bitte, einen Ersatzflug anzubieten. Klappt das vorerst nicht, muss der Veranstalter eine Übernachtung organisieren. Reagiert er nicht und ist auch bei der Airline nichts zu machen, können Reisende sich selbst ein Hotel buchen und angemessene Kosten als Schadenersatz geltend machen. Jedoch besteht die Gefahr, dass sie unter Umständen auf diesen Kosten sitzen bleiben, falls Richter entscheiden, dass Veranstalter und Airline keine Schuld trifft, erklärt Fischer-Volk.
Ähnlich ist es für den Fall, dass sich Heimreisende nach Ablauf einer dem Veranstalter gesetzten Frist selbst einen anderen Rückflug organisieren. Hier können sie den vollen Preis dafür zurückfordern, wenn ein Gericht zu dem Ergebnis kommt, dass kein Fall von höherer Gewalt vorlag, erläutert der Luftfahrtexperte Prof. Ronald Schmid, der an Hochschulen in Dresden und Darmstadt Reiserecht lehrt. Sollte das Gericht dagegen höhere Gewalt als Grund für die Flugausfälle annehmen, müssen sich Veranstalter und Gast die Kosten für den zusätzlich gebuchten Rückflug nach Hause jeweils zur Hälfte teilen.
Wie sieht die Rechtslage überhaupt aus?
Darüber wird gestritten. Tuifly beruft sich wegen der massiven Krankmeldungen auf höhere Gewalt und lehnt Entschädigungs- und Schadenersatzansprüche deshalb ab. Verbraucherschützerin Fischer-Volk und andere Reiserechtler sehen das anders. Das Risiko, dass viele Mitarbeiter gleichzeitig erkranken, habe jedes Unternehmen, sagt Prof. Schmid. Es handele sich um "ein Personalengpassproblem, das gesteuert werden muss". Man könne auch nicht von "wildem Streik" sprechen, solange nicht bewiesen werden kann, dass Tuifly-Mitarbeiter ohne Unterstützung der Gewerkschaften selbst eine Arbeitsniederlegung organisiert und die zahlreichen Erkrankungen als Gründe für ihr Fehlen nur vorgeschoben haben. Schmid sagte, er erwarte, dass die aktuellen Flugausfälle in den kommenden Monaten die Gerichte durch mehrere Instanzen noch intensiv beschäftigen werden: "Die Leute haben Ansprüche, und die sollten sie auch geltend machen." Er selbst werde als Anwalt entsprechende Fälle im Zweifel bis zum Bundesgerichtshof oder zum Europäischen Gerichtshof führen, kündigte Schmid an.
Was muss ich als Arbeitnehmer beachten?
Wer am Urlaubsort festsitzt, muss seinen Arbeitgeber benachrichtigen. "Sie können arbeitsrechtlich nicht belangt werden, weil Sie dafür nichts können", sagt Fischer-Volk. Allerdings könne der Arbeitgeber verlangen, dass man für die Fehlzeiten weitere Urlaubstage nimmt oder Überstunden damit abbaut: "Er muss dafür keine Freizeit gewähren."
Wie ist die Rechtslage bei selbst gebuchten Flügen?
Wer seinen ausgefallenen Flug nicht über einen Veranstalter gebucht hat, besitzt zwei Möglichkeiten: Er kann im Vertrag bleiben und sich von der Fluggesellschaft einen Ersatz organisieren lassen. Oder er kann, wenn Ersatz in einem angemessenen Zeitraum nicht möglich ist, auch in diesem Fall von der Buchung zurücktreten. Den Flugpreis bekommt er dann erstattet. Unangemessen wäre zum Beispiel, wenn man schnell zu einem wichtigen Termin muss, das mit den von der Airline angebotenen Alternativen aber nicht realisierbar ist, erläutert Verbraucherschützerin Fischer-Volk. Wer dann einen anderen Flug bucht, kann sich die womöglich entstehenden Mehrkosten eventuell als Schadenersatz von der Airline zurückholen. Dazu raten Fischer-Volk und Prof. Schmid aber nur Gästen, die eine Rechtsschutzversicherung haben oder die das Prozesskostenrisiko selbst tragen möchten. (dpa)