In der Eifel. . Einst haben die Nazis versucht, in der Eifel ihren Führungsnachwuchs zu drillen. Nun zeigt sich die Burg nach langem Umbau mit zwei Dauerausstellungen.
Ein beklemmender Bau ist es, der im Nationalpark Eifel oberhalb der Urfttalsperre thront. In der Abgeschiedenheit dort haben die Nazis auf der „Ordensburg Vogelsang“ einst versucht, ihren Führungsnachwuchs zu drillen. Am Wochenende eröffnet nun nach langen Jahren der Improvisation das „Forum Vogelsang“ – ein Bildungszentrum, das mit einer wissenschaftlichen Schau an die dunkle Geschichte des Ortes erinnert. Eine zweite große Dauerausstellung bringt Gästen die unvergleichliche biologische Vielfalt des Nationalparks nahe. Auf dem 48 Meter hohen historischen Turm wurde zudem eine Aussichtsplattform eingerichtet.
Viereinhalb zähe Jahre Umbau- und Renovierungszeit sind zu Ende, gut 45 Millionen Euro wurden ausgegeben. Die Erwartungen sind groß. Mit rund 50 000 qm Gebäudefläche zählt das Areal zu den größten erhaltenen Bauensembles der NS-Zeit. Mit der neuen Dokumentation will Vogelsang als bedeutender Erinnerungsort wahrgenommen werden, so wie das Hitler-Refugium auf dem Obersalzberg bei Berchtesgarden oder die ausstellung Wewelsburg bei Paderborn. Zur morgigen Eröffnung haben sich die Minister Kampmann (Familie, SPD) und Remmel (Umwelt, Grüne) angesagt.
Kritik vomSteuerzahlerbund
Nicht so recht mitfreuen mag sich der Bund der Steuerzahler (BdSt). Sprecherin Bärbel Hildebrand erinnert gegenüber der NRZ daran, dass das Forum gut 8,8 Millionen Euro teurer geworden ist als geplant. Weil das Land seinen Zuschuss gedeckelt hat, fürchtet der BdSt, dass diese Mehrkosten zulasten der künftigen Bildungsarbeit gehen: „Irgendwo muss das Geld ja herkommen.“
Dass die Pleite des Gebäudeausrüsters Imtech die Planungen auf Vogelsang durcheinanderwirbelte (und nicht nur dort, auch am Berliner Flughafen und an der Kölner Oper) – das erklärt die Mehrkosten aus BdSt-Sicht nicht hinreichend. Das Projekt an sich stellt der Steuerzahlerbund nicht infrage: „Wenn man sich für den Erhalt eines solchen Gebäudes entschieden hat, ist es sicher sinnvoll, dass ein Bildungszentrum jungen Menschen zeigt, wohin Nationalismus und Größenwahn führen.“
Bestimmung: Herrenmensch
Die Ausstellung „Bestimmung: Herrenmensch“ erklärt die Architektur und rückt die 2200 Männer in den Blick, die in den Nazi-Jahren auf Vogelsang und den beiden Ordensburgen zur neuen Elite der NSDAP geformt werden sollten. „Es sind normale Männer, wenn man sich die Uniform wegdenkt“, kommentiert Historiker Klaus Ring die Installation mit Pass-Fotos von „Ordensjunkern“. Viele hatten im I. Weltkrieg den Vater verloren und hofften auf Karriere und Einkommen bei den Nazis.
„Es waren keine Monster“, sagt Forscher Ring über die jungen Männer. Jedenfalls nicht am Anfang. „Bestimmung: Herrenmensch“ zeigt den bizarren Drill auf Vogelsang; auf historischen Aufnehmen ist zu sehen, wie die „Junker“ mit nacktem Oberkörper zum Scheinfechten in Massenformation antraten. Viele von ihnen wurden später zu Tätern im Holocaust, beteiligt an Vertreibungen und Massenerschießungen – auch das dokumentiert die Schau anhand einzelner Lebensläufe.
Wildkatze und Schwarzstorch
Ein schwer erträglicher, scharfer Kontrast dazu: die zweite Dauerausstellung „Wildnis(t)räume“. Sie befasst sich mit dem Hier und Jetzt in der Region, mit dem Nationalpark Eifel, dem immer noch einzigen in NRW. 8700 Tier- und Pflanzenarten wurden dort bislang nachgewiesen. Sympathieträger wie Wildkatze oder Schwarzstorch sind dabei – aber auch viele kleine und Kleinsttiere. In der Schau kann man z. B. einem XXXL-Grünrüssler aus Kunststoff über den Panzer streicheln, Insekten unter der Lupe betrachten, ein Vogelkonzert hören und Panoramabilder auf sich wirken lassen.
Nutzung durch die Nazis:
Der Bau der Ordensburg Vogelsang begann mit dem Spatenstich am 16. März 1934. Damals noch als Reichsschulungslager Vogelsang. Der Begriff Ordensburg wurde erst ab 1935 üblich. Sie sollte als Schulungsörtlichkeit für den Führernachwuchs dienen.
Insgesamt gab Adolf Hitler den Auftrag für drei solcher Schulungslager. Die anderen lagen in Crössingsee (Pommern) und in Sonthofen (Allgäu).
Am 24. April 1936 wurde der Bau an Hitler übergeben und mit dem Kriegsausbruch ‘39 von der Wehrmacht als Truppenquartier genutzt. 1944 wurde es zu einem Wehrertüchtigungslager, in dem die Hitlerjugend ausgebildet wurde. Luftangriffe zerstörten Teile der Anlage.