Victoria. Auf den Seychellen geben sich 1200 Paare jährlich vor der Tropenkulisse das Ja-Wort. Nicht nur in den Flitterwochen sind die Inseln eine Reise wert.
Der Lidschatten auf den dunklen Augenlidern ist fast so blau wie das Meer. Er zerfließt in der drückenden Hitze, während die dralle Passkontrolleurin in Mahé das dicht bedruckte und beschriebene Blatt studiert. Nein, wir kommen nicht aus einem Land, in dem Ebola grassiert. Und nein, wir haben auch kein Fieber. Auf den Seychellen ist die Krankheit weit weg – Tausende von Kilometern trennen sie von den betroffenen Länder im Westen Afrikas. Ein Blick auf die Landkarte, und schnell ist klar: Wer wegen Ebola auf diese Reise verzichtet, ist selbst schuld.
Der Stempel im Pass verewigt die berühmte Coco de Mer im Dokument und gibt den Weg frei zu 115 Trauminseln. Aber leicht fällt die Entscheidung nicht: Koralleninsel oder Felseneiland? Am besten beides. Warm ist es überall: Luft 30 Grad, Wasser 27 – Enttäuschung immer ausgeschlossen. Hier lebt und hier liebt es sich ganz ausgezeichnet: Rund 1200 Paare aus aller Welt trauen sich hier Jahr für Jahr und geben sich vor der Tropenkulisse das Ja-Wort. Aber nicht nur sie erleben auf den Seychellen den Honeymoon für eine kleine Ewigkeit.
Mit dem Heli zum Ressort
Solvente Touristen fliegen mit dem Heli zu ihrem Ressort – das geht schnell und verspricht einen traumhaften Blick aus der Vogelperspektive. Aber eines verpassen sie garantiert: ein erstes Kennenlernen der stolzen Seychellois. Sie nutzen die Fährverbindungen, unterhalten sich lautstark, trinken Bier und lachen auf bei jeder hohen Welle. Wer hier Urlaub macht, sollte das Insel-Hopping gemächlich angehen. Denn schon die Hauptinsel Mahé ist die lange Anreise wert, dann noch einmal 45 Minuten über kurvenreiche, von dichtem Palmenwald gesäumte Straßen – und schon ist auch der anspruchsvollste Tourist am Ziel seiner Träume.
Im Kolonialstiel fügt sich das Hauptgebäude des Banyan Tree Resorts in die Natur ein, und die luxuriösen Chalets – das größte mit mehr als 800 Quadratmetern – lassen sich direkt am Stand allenfalls erahnen. „You are welcome.“ Ashrak verbeugt sich leicht, lächelt strahlend und gibt jedem Gast das Gefühl, der einzige zu sein. Ein Gefühl, dass sich im exklusiven Chalet hartnäckig festsetzt. Ein Willkommens-Geschenk auf dem mit Blütenblättern verzierten Bett, eine Dusche, die mit bodentiefem Fenster den Blick in den Garten freigibt, und im Außenbereich für jedes Chalet ein großer Swimmingpool, eine Außendusche und – ideal für laue Tropennächte und eisgekühlten Champagner – ein eigener Jacuzzi.
Die Taschen voller Curry, Vanille und Safran
Nach dem Frühstück geht es auf eine Entdeckungsreise: Nach einem Gang über den kunterbunten Markt von Victoria mit den Taschen voller Vanille, Curry und Safran lassen sich beim Insel-Hopping die Seychellen erst richtig erkunden. Erste Station ist Praslin: Es ist die zweitgrößte Seychellen-Insel, auf der die berühmte Coco de Mer wächst. Haarnadelkurven führen hinauf zum Nationalpark Vallée de Mai, der zum Unesco-Weltkulturerbe gehört. Im tiefgrünen Dschungel wächst die Seychellennuss, die nur als Stempel im Pass die Insel ohne Ausfuhrgenehmigung verlässt. Ganze sieben Jahre dauert es, bis an der Palme die erste herzförmige Nuss wächst, und selbst dann bringt sie nur jedes Jahr eine einzige, um die bis zu 20 Kilo schwere Coco de Mer hervor. Je nach Form und Größe kostet sie bis zu 300 Euro. Straffrei in die Heimat gelangt sie nur mit Zertifikat.
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Wer bis jetzt noch nicht daran glaubt, dass auf den Seychellen der Traum vom Inselglück entstanden ist, streicht spätestens auf La Digue die Segel. Die rund zehn Quadratkilometer große Insel ist eine bizarre Mischung aus weißen Stränden und steil aufragenden Granitformationen. Fortbewegungsmittel Nummer eins ist das Fahrrad. Für sie gibt es nicht mal Schlösser, was zwar zu Verwechslungen, aber nie zu Diebstählen führt. Denn von Rost überzogen sind sie alle.
Schnabulieren in Zeitlupe
Zu den fast menschenleeren Traumstränden der Anse Caiman und Anse Cocos führt der Weg bei Ebbe durch seichtes Wasser. Hinter der Riffkante wartet der größte Schatz der Seychellen, und der sieht vor allen Inseln ähnlich aus: Ein Fischreichtum, der an ein Meereskundemuseum erinnert. Mit günstigen Familienpensionen im Inselinneren und den abgelegenen Stränden bietet La Digue viel Raum zum ungestörten Ausspannen. Und abends verführen einfache Restaurants mit kreolischer Küche. Schildkröten kommen übrigens schon lange nicht mehr in die Kochtöpfe. Sie stehen unter Naturschutz, und ihre Eiablage an Land wird streng überwacht. Gleich Dutzende von riesigen Landschildkröten fressen auf La Digue Blätter und Pflanzen im Zeitlupentempo.
Überhaupt ist die Zeit des Prassens passé – die Zeichen stehen auf Nachhaltigkeit. Anders als anderswo sind die Jahre der Monokulturen vorbei, und was auf den Inseln wächst, kommt auf den Teller oder wird in den Spas als Massage-Öl genutzt. Und unter den einfühlsamen Händen einer Seychellois schmilzt der letzte Zweifel: Hier entstand tatsächlich der Traum vom Inselglück.