Stuttgart. Von Bomben und Terroranschläge lassen sich die Deutschen ihren Urlaub nicht nehmen. Zumindest belegen die Daten der Branche ungebrochene Reiselust.
Wer im vergangenen Jahr einen Urlaub buchen wollte, musste sich auf eine neue Krisen-Landkarte einstellen. Reisen nach Osteuropa waren von der Ukraine-Krise überschattet, Israel fiel wegen des wieder aufgeflammten Gaza-Konflikts aus, in West-Afrika tobte das Ebola-Virus. Keine guten Vorzeichen für die Reisemesse Caravan, Motor und Touristik (CMT), die am kommenden Wochenende (17. Januar) in Stuttgart startet, könnte man meinen. Doch obwohl die Welt unsicherer geworden zu sein scheint, ist die Lust am Reisen ungebremst.
Im vergangenen Jahr haben die Deutschen für Urlaub insgesamt gut zwei Prozent mehr Geld ausgegeben. Der Branchenumsatz ist nach Schätzungen des Deutsche Reise-Verbands (DRV) auf gut 25,8 Milliarden Euro gestiegen. Die Zahl der Urlauber ist auf hohem Niveau stabil geblieben. Die CMT, die in diesem Jahr von den Partnerländern Seychellen und Rumänien flankiert wird, steuert nach Angaben eines Messe-Sprechers auf einen Aussteller-Rekord zu. Das Messegelände sei komplett ausgebucht. Rund 220.000 Besucher werden erwartet.
Paris wird trotz Anschlag nicht gemieden
"Touristen sind flexibel", erklärt Prof. Martin Lohmann vom Institut für Tourismus und Bäderforschung in Kiel die Entwicklung. Wird eine Region zu unsicher, suchen sich die Menschen andere Reiseziele. Kommt ein Anschlag plötzlich, wie jüngst gegen das Satiremagazin "Charlie Hebdo" in Paris, werde kurzfristig umgebucht. Langfristig werde Paris deshalb aber nicht gemieden, prognostiziert Lohmann. Die Anschläge in Madrid 2004 und London im Jahr 2005 hätten den Tourismus dort nicht zum Erliegen gebracht.
"Urlauber wollen trotzdem reisen", sagt eine Tui-Sprecherin. Reiseziele wie Ägypten, die nach dem arabischen Frühling gemieden wurden, erholten sich beispielsweise wieder. Laut DRV ziehen auch die Buchungen für Ägypten an.
Reisebranche kennzeichnet harter Wettbewerb
Die Euro-Schwäche und einen möglichen Ausstieg der Griechen aus dem Euro kann die Branche nach Einschätzung des DRV-Sprechers abwettern. "Die Preise für ein Jahr sind in der Regel ausgehandelt und damit abgesichert", erklärt ein DRV-Sprecher. Die Veranstalter haben der TUI-Sprecherin zufolge die Preise für ihre Kataloge teilweise schon bis in den Winter 2015/16 ausgehandelt. Damit sei der für die Urlauber positive starke Euro in den Komplettangeboten festgehalten. Sollte der Euro allerdings weiter schwächeln, würden allerdings Reisen außerhalb der Eurozone attraktiver, so Lohmann.
Seiner Einschätzung nach sind die Probleme der Branche eher hausgemacht. Dazu gehörten zum Beispiel hohe Überkapazitäten. "Es gibt zu viele Angebote, die übersteigen ein potenzielles Nachfragewachstum", sagt Lohmann. Wie hart sich der Wettbewerb im Reisebereich teilweise gestalte, zeige das Beispiel Fernbusse.
Das liebste Reiseziel der Deutschen bleibt die Heimat
Ein hoher Preisdruck herrsche vor allem bei den Pauschalreisen. "Das bedeutet aber nicht, dass die Reisenden weniger ausgeben", sagt Lohmann. Vielmehr gönnten sich die Urlauber stattdessen gern einen teureren Urlaub. Die oberen Preisklassen mit Reisen von mehr als 3000 Euro pro Person legten zuletzt besonders stark zu.
Wie die Buchungen in diesem Jahr ausfallen, wird sich in den kommenden Wochen zeigen. Die meisten Urlaubsreisen werden der TUI-Sprecherin zufolge erfahrungsgemäß im Januar und Februar gebucht. Eines wird sich aber nach Einschätzung von Lohmann auch 2015 nicht ändern. Das allerliebste Reiseziel der Deutschen wird wohl auch weiterhin das eigene Land bleiben. (dpa)