Berlin. Die Welt ist unsicherer geworden. Dieses Bild lässt der Blick in die Nachrichten entstehen. Auf den Tourismus hat das geringe Auswirkungen. Warum?
Das Jahr 2014 war von vielen Krisen geprägt: Die Revolution in der Ukraine hat sich zu einem Krieg innerhalb Europas entwickelt. Syrien und der Irak zerfielen, der Islamische Staat (IS) bedroht mit seinem Terror die arabische Welt und den Westen. In Gaza fielen wieder Bomben. Und die Ebola-Epidemie in Westafrika ist nicht unter Kontrolle. Die Welt, so scheint es, ist unsicherer geworden. Wer hat da noch große Lust zu reisen?
Diese Frage stellt sich auch die Tourismusindustrie. Auf der Jahrestagung des Deutschen Reiseverbands (DRV) hieß ein Schwerpunkt: "Schöne Reisewelt: Krisen, Katastrophen - und dennoch sorglos reisen?" Der Markt ist 2014 trotz der unsicheren Weltlage weiter gewachsen. DRV-Präsident Norbert Fiebig ist sicher: "Die Krisen führen nur zu einer Verlagerung der Urlaubsziele." Die Welt in Flammen und der Deutsche zieht trotzdem hinaus in die Ferne? Offenbar ja.
Touristische Auswirkungen regional und zeitlich begrenzt
"Die meisten Krisen haben mit dem Urlaubsverhalten nichts zu tun", sagt Prof. Martin Lohmann. "Es gibt keinen Indikator, dass die Menschen weniger reisen", stellt der Leiter des Instituts für Tourismus- und Bäderforschung in Nordeuropa fest. Das Muster sei stets gleich: Wenn es irgendwo brennt, sind die touristischen Auswirkungen regional und zeitlich begrenzt. New York sei nach den Anschlägen vom 11. September 2001 ein paar Wochen lang weniger besucht worden. "Aber so etwas wirkt sich nicht grundsätzlich auf die Reiselust aus." Das liegt auch am Angebot an Destinationen.
Viele Urlauber seien zunehmend "multioptional", sagt Lohmann. Das heißt, sie tauschen zum Beispiel den Badeurlaub am Roten Meer ohne groß zu zögern gegen eine Städtereise nach Barcelona. Große Einbrüche gibt es immer nur in einzelnen Ländern - die dann wie Ägypten ziemlich unter einer Krise leiden. Aber der "Koloss Welttourismus" gerate nicht ins Wanken.
Kunden reisen mit etwas mehr Sensibilität
Dass die Auswirkungen von Konflikten kurzfristig enorm sind, kann Michael Frese bestätigen. Beispiel Krim-Annexion: "Der Tourismus in die Ukraine ist vollkommen zum Erliegen gekommen, nach Russland fast um die Hälfte", berichtet der Geschäftsführer der DER Touristik Frankfurt. Beispiel Israel: "Als es da im Gaza-Streifen losging, war sofort Stillstand." Der Abschuss des Passagierflugzeugs über der Ukraine: "Da wurde in Richtung Osten weniger gebucht." Doch das habe sich inzwischen wieder völlig gelegt. "Diese Konflikte spürt man, aber sie haben nur eine Auswirkung, wenn es akut ist", sagt Frese.
Peter-Mario Kubsch ist Geschäftsführer von Studiosus, seine Kunden reisen naturgemäß mit etwas mehr Sensibilität um die Welt. Hat sich die Aufmerksamkeit für Krisen erhöht? "Ich würde das schon bejahen für bestimmte Regionen der Welt", sagt Kubsch. "Politische Ereignisse spielen immer eine Rolle. Aber vor allem, wenn es um die Sicherheit geht." Das heißt: Gewalttätige Unruhen sind ein ziemlich sicherer Weg, um Touristen von einer Reise abzuhalten. (dpa)