Ruhrgebiet. . Das Taxifahren wird erheblich teurer: In Duisburg etwa wollen die Unternehmen 25 Prozent mehr verlangen. Die Firmen begründen das mit dem Mindestlohn, der die Kosten stark steigen lässt. Nur: Wer soll dann noch mitfahren? Experten befürchten ein Firmensterben.
Die Stimmung ist schlecht unter den Taxifahrern im Revier, und Marina Rachwalski bildet wahrlich keine Ausnahme. Es ist 15 Uhr, als sie im strömenden Herbstregen vor dem Essener Einkaufszentrum Limbecker Platz auf Kundschaft wartet. Sie ist frustriert: „Seit halb sieben sitze ich am Steuer. Bislang habe ich erst 52,10 Euro verdient“, klagt sie. Dann, endlich, steigt ein junges Paar in ihren Wagen. Rachwalski lässt den Motor an und startet ihre gerade mal siebte Fahrt an diesem Tag. Dauerbeschäftigung sieht anders aus.
Die gelben Wagen kommen seit Wochen nicht aus den Schlagzeilen. Erst drang der Fahrdienst-Vermittler Uber in den deutschen Markt, geht mit Privatfahrern unter anderem in Düsseldorf auf Kundenfang. Und nun das: Das Taxifahren wird richtig teuer, die Verbände wollen ihre Preise um bis zu 30 Prozent erhöhen. Damit möchten die Unternehmen die durch den gesetzlichen Mindestlohn entstehenden höheren Kosten auffangen – doch ob die Kunden das mitmachen, weiß niemand. An Rhein und Ruhr droht ein Firmensterben. Experten befürchten, dass es in der Peripherie zukünftig schwer wird, abends überhaupt noch ein Taxi zu bekommen – weil sich das lange Warten auf Kundschaft für die Fahrer nicht mehr lohnt.
Viele Fahrer zittern um ihre Jobs
In Duisburg etwa fordern die Unternehmen Preisaufschläge von im Schnitt 25 Prozent. „Trotz des Mindestlohns muss die Rentabilität für die Firmen sichergestellt sein“, sagt Thomas Knautz von der Duisburger Taxizentrale. Bislang verdienen Fahrer im Ruhrgebiet etwa 6,50 Euro pro Stunde, ab Januar stehen ihnen dann 8,50 Euro zu – so hat es die schwarz-rote Koalition beschlossen. Weil bei größeren Unternehmen mindestens 50 Prozent der Betriebskosten für das fahrende Personal draufgehen, sollen also höhere Preise die steigenden Ausgaben auffangen. In Hamburg etwa kosten Touren bereits seit Anfang Oktober durchschnittlich 7,8 Prozent mehr.
Viele Fahrer zittern um ihre Jobs. „Wenn das hier so kommt, leistet sich doch keiner mehr ein Taxi. Wir leben schließlich in einer Arbeiterregion“, sagt ein verunsicherter Fahrer vor dem Essener Hauptbahnhof. Doch die Firmen sehen sich in einer Zwangslage. „Wenn wir die Preise nicht erhöhen, können sich die Unternehmen nicht mehr so viele Fahrer leisten“, prophezeit Siegfried Manik für die Taxizentrale Oberhausen.
In Hannover hat ein Unternehmen bereits 65 Fahrern gekündigt. Auch im Revier sei derartiges „nicht unwahrscheinlich“, glaubt Thorsten Jessen, Referent für Verkehrswirtschaft bei der IHK Essen. Was die Branchenkrise für die Kunden bedeuten könnte, zeigt ein Blick in die Niederlande. „Dort gilt ebenfalls ein Mindestlohn. In manchen ländlichen Regionen bekommt man ab 20 Uhr kein Taxi mehr“, sagt Thomas Knautz.
Mindestlohn ist nicht der einzige Grund
Der Mindestlohn ist der aktuellste, aber nicht der einzige Grund für die allgemeine Depression. „Seit 15 Jahren befinden wir uns im Umbruch. Allein das Kneipensterben: Früher haben sich die Leute aus der Gaststätte nach Hause fahren lassen. Heute geht kaum noch einer in die Kneipe“, sagt Siegfried Manik.
2003 fuhren 617 Taxis durch Essens Straßen, 2013 waren es nur noch 550. Gleichzeitig gibt es immer mehr Mietwagen. Ein Ende der Spirale ist nicht in Sicht. Ein von der Stadt Essen in Auftrag gegebenes Gutachten empfiehlt einen weiteren Schrumpfungsprozess, um den verbliebenen Taxiunternehmen ein gutes Auskommen zu sichern: Eine Flotte von ca. 400 bis 450 Fahrzeugen wäre „sicherlich ausreichend“, heißt es.