Ruhrgebiet. Radausflug – das Gebot des langen Wochenendes! Aber wie fahrradfreundlich ist das Revier eigentlich? In einem Test des Allgemeinen Deutschen Fahrradclubs (ADFC) schnitten die Ruhrgebietsstädte nicht gut ab. Aber manche gibt sich Mühe, und bald soll vieles besser werden.

Lang ist es her, dass zum Beispiel Essen die „Rostige Speiche“ bekam – als fahrradfeindlichste Stadt Deutschlands. 1991 war das und ein großer Ansporn. Schon seit fast 20 Jahren ist Essen offiziell „fahrradfreundliche Stadt“. Etwa so lange gibt es auch die Ermahnungen, nicht nachzulassen in den Bemühungen.

Ulrich Kalle, NRW-Geschäftsführer des Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Clubs, sagt: „Essen hat zwar einen engagierten Fahrradbeauftragten, ist aber chronisch pleite. Vor allem in der Innenstadt gibt es viel Luft nach oben.“

Dort in Essen ist auch das Revier von Martin Spletter. Seine Fahrraderlebnisse hält der WAZ-Redakteur in seinem „Radrevier“-Blog fest:

Dass Radwege einfach aufhören – kennt man. Dass Radwege ohne große Vorwarnung die Radler auf dicht befahrene Straßen leiten – kennt man. Aber dieses Stück hier ist besonders toll: Am Berliner Platz in Essen, Nähe Cinemaxx, hört der Radweg einfach auf – wer weiterfährt, prescht in eine Bushaltestelle. Das ist prima, denn normalerweise stehen da ja Menschen und warten auf den Bus.

Fahrradfreundlichkeit auf dem Prüfstand

Natürlich wäre es ungerecht, das dicht besiedelte Ruhrgebiet in Sachen Fahrradfreundlichkeit mit Münster zu vergleichen. Der Fahrradklimatest des ADFC liefert dennoch Hinweise, wer viel tut für Radfahrer. 80.000 wurden 2012 gefragt, wie willkommen sie sich auf den Straßen ihrer Städte fühlen.

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Oberhausen schnitt von allen Revierstädten als beste ab: Platz fünf im Vergleich der Städte über 200.000 Einwohner. Jedoch erhielt Oberhausen auch nur die Gesamtnote 3,48 – befriedigend minus. Im Revier folgte erst auf Platz 15 Dortmund, dann Gelsenkirchen (18), Essen (22), Duisburg (29) und Bochum (35).

Viele Städte im Ruhrgebiet bemühen sich, die Radfahrerquote zu erhöhen, hätten aber beim Ausbau des Wegenetzes mit infrastrukturellen Problemen zu kämpfen, sagt Kalle. „Tempo 30 etwa ist eine Maßnahme, die für den Radverkehr perfekt ist.“ Ein weiterer Vorschlag: Mehrere Einbahnstraßen könnten durch eine zusätzliche Beschilderung für Radfahrer in beide Richtungen geöffnet werden.

Brenzlige Situationen für Radfahrer in Essen

Ich fuhr auf der Heisinger Straße in Richtung Essen-Heisingen am rechten Rand, weil es dort keinen Radweg gibt – da überholte mich ein Pkw. Er zog rüber auf die linke Spur und hatte übersehen, dass in seinem toten Winkel ein Lieferwagen unterwegs war. Ich hörte hinter mir nur ein scharfes Reifenquietschen, dann Scheppern, dann ein hässliches, dauerhaftes Knarzen.

Ich sah mich um und sah zehn Meter hinter mir zwei Fahrzeuge ineinander verkeilt auf mich zu rutschen, es roch nach verbranntem Gummi. Den Autofahrern ist nichts passiert.. Aber die Wucht von Autos bei mittlerer Geschwindigkeit wird einem plötzlich sehr deutlich, so unangenehm nah.

Doch auch mit vereinten Kräften baut das Revier neue Radwege – solche, die die Städte und Routen miteinander verbinden. Der Radschnellweg entlang der A 40 ist zwar noch im Stadium einer Machbarkeitsstudie (die wird im Sommer vorgestellt), aber so viel steht fest: In den nächsten acht Jahren wächst das überstädtische Netz von 700 auf 850 Kilometer. Dafür investieren Land und Revier 110 Millionen Euro.

Regionalverband arbeitet derzeit an drei Routen

Vor allem an drei Routen arbeitet der Regionalverband Ruhr derzeit: Die Halde Hoheward in Recklinghausen wird bis Ende des Jahres mit dem Dorf Westerholt in Herten verbunden – beides beliebte Ausflugziele. Auf der Springorum-Trasse kann man bald von der Zoom Erlebniswelt in Gelsenkirchen bis zum Ruhrtal Radweg radeln. Bis Juli 2015 soll der zweite von vier Abschnitten fertig sein.

Ein Glanzpunkt wird sicher auch die Route „Von Ruhr zu Ruhr“ Der 50 Kilometer lange Rundweg beginnt in Hattingen und führt durchs Bergische Land über Sprockhövel und Wetter wieder zum Ruhrtalradweg. Besonderheit: Über den Scheetunnel gelangt man zur Wupper mit ihrem Radwegenetz.

Mein Kollege Tankred übrigens sagt, die neue Panoramatrasse von Kettwig nach Wülfrath ist schlecht ausgeschildert. Hat er Recht! Da waren wir neulich auch, meine Frau und ich, und ein Fußgänger, der erkennbar geübt war in Wegweisungen zur Radtrasse, sagte uns, wo wir langmüssen. Die Trasse selbst ist jedoch super, und von Kettwig aus, an der einen Ecke da, muss man nur einmal links und dann rechts, zu der anderen Ecke da, und dort, wo kein Schild steht, da geht’s rein. So ungefähr.