Schalke bettet Spieler um - 'Ala' Urban nach 70 Jahren zurück
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Gelsenkirchen. Adolf 'Ala' Urban gehörte zu der Schalker Meistermannschaft der 30er-Jahre. Ohne ihn funktionierte der Kreisel nicht. Jetzt hat Schalke 04 den Spieler heimgeholt, der als 29-Jähriger Unteroffizier im Mai 1943 in Russland fiel. Zu verdanken ist die Rückkehr Urbans größtem Fan.
Damals, als die Jungen noch auf Feldern kickten, da war Karl Brockmann immer Adolf Urban – in die Gegenwart übersetzt, mag man sich ein Kind vorstellen, das 'Schürrle' auf dem Trikot trägt. "Wir Jungs hatten jeder ein Idol", erinnert sich der 89-jährige Sauerländer; der eine war dann Szepan, der andere war Kuzorra, und er war Urban, nach dem Schalker Linksaußen, der in den 1930er-Jahren von einer Deutschen Meisterschaft zur nächsten kreiselte.
Jung, erfolgreich, gut aussehend – getötet im Mai 1943 an der Front bei Staraja Russa. Und diesmal, purer Zufall, war Brockmann in der Nähe; er erinnert sich noch an den Moment, als der Kommandant in den Bataillonsgefechtsstand trat und sagte: "Der Urban ist gefallen." Eine Stunde später haben sie ihn gebracht.
70 Jahre später haben sie ihn nun nach Gelsenkirchen gebracht.
Langes Drängen auf eine Ehrung
Und den Anstoß gab – Brockmann, der seit 2001 mehrere Briefe schrieb an Schalke 04, man möge Urban irgendwie ehren. Antwort bekam er nie, erst in diesem Mai den Aufsichtsratsvorsitzenden Clemens Tönnies ans Telefon. Und daraus wurde: die Aktion Umbettung.
Denn in einem sehr speziellen Akt erstmals ausgeübter Traditionspflege hat Schalke 04 die sterblichen Überreste Urbans aus Russland geholt, wo er lag in Korpowo, Endgrabanlage, Block 18, Reihe 45, Grab 2776 – einer von -Zig-, -Zig-, -Zigtausenden.
Am Mittwochnachmittag wurde er erneut beigesetzt, jetzt auf dem "Schalker Fan-Feld" des Friedhofs Beckhausen-Sutum, unweit der Arena, versteht sich. Das ist ein noch weitgehend ungenutztes Feld, von blau-weißen Zäunen umgeben und entsprechend beflaggt; und zahlreiche in die Erde gesteckte Plastikschildchen beweisen, dass viele Fans auch nach dem Tod lieber unter Gleichgesinnten bleiben: "Reserviert für einen Schalke-Fan."
Fahnenträger, Trommelgarde, Knappenkapelle
Nichten des Fußballers sind da, Karl Brockmann natürlich, viele Offizielle; Schalker und Ehemalige, Klaus Fischer, Jens Keller, Martin Max, Matip, Neustädter – vielleicht gut 200 geladene und sonstige Gäste alles in allem. Manche in Schalker Kutten, in Trikots und unter Käppis: "Ohne ihn hätte der Kreisel nicht funktioniert", sagen sie, oder "Schön, dass so’n Ereignis uns alle ohne Palaver zusammenbringt."
Einer von ihnen ist Alexander Nenz: "Es ist unsere Verpflichtung gegenüber alten Schalkern, ihnen Ehrung zu erweisen." Urban, dem gebürtigen Gelsenkirchener; 17 Jahre war er im Verein, einmal Pokalsieger und fünfmal Deutscher Meister – das letzte Mal neun Monate, bevor er fiel. Lungenschuss.
Gedenken an Schalke-Stürmer Ala Urban
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Nenz und die anderen, sie bekommen großes Schalke-Kino geboten an diesem Nachmittag: das Spalier aus Fahnenträgern, Trommelgarde und Knappenkapelle, das "Steigerlied", "You’ll never walk alone", "Blau und Weiß, wie lieb ich dich" – und versteinerte Vorstandsmienen am offenen Grab eines vor 70 Jahren verstorbenen Mannes.
Oberbürgermeister Frank Baranowski (SPD) ist es dann, der in der ökumenischen Gedenkfeier die ganze Veranstaltung überhaupt erst in der Gegenwart erdet: "Wir haben hier einen Menschen mit einer wunderbaren Begabung, der mit nicht einmal 30 Jahren sterben musste", sagt er: "Es ist sehr klar, was wir daraus zu lernen haben. Unser Leben und auch der Fußball können nur in einer Gesellschaft gedeihen, in der Gewalt und Rassismus keinen Platz haben."
Das Herzstück des Fan-Feldes ist wie ein kleiner Fußballplatz, zwei Tore stehen an den Seiten, und nimmt man die zur Orientierung, dann liegt Adolf Urban nun ganz in der Nähe der Mittellinie. Und was sagt Karl Brockmann dazu, der Urban war als Kind? Der sagt: "Getrauert habe ich vor 70 Jahren. Jetzt freue ich mich, dass er zurück ist."
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