Duisburg. Im Duisburger Container-Hafen hat die alljährliche Hoch-Zeit begonnen: Das Weihnachtsgeschäft lässt den Betrieb brummen. Was oberflächlich chaotisch wirkt, ist tatsächlich nahezu perfekt choreografiert.

Kräne, Laster, Züge, Schiffe, fahren, tragen, laden, rattern: Im Duisburger Container-Hafen hat also alles seine schönste Ordnung – denn in Wahrheit ist das Chaos ja choreographiert. Kräne greifen in Binnenschiffe, heben Container ans Tageslicht; auf Lkw werden sie verladen, andere auf Waggons, oder zunächst gestapelt, fünf Container aufeinander, das ist dann ein Hochhaus in den Himmel. „Wir machen die Feinverteilung”, sagt Johannes Stelten, Manager der „Container Terminal Gesellschaft (DeCeTe)” hier in „Europas größtem Hinterland-Terminal” – was ein ziemlich typischer Ruhrgebietssuperlativ ist, so von Einschränkungen umstellt (siehe auch: „Europas größtes regionales Sportfest”).

Die Massenwaren aus China

Der Herbst ist da, in der Logistik beginnt die Hoch-Zeit. Denn „aus Asien kommen nun die Massenwaren für das Weihnachtsgeschäft”, sagt Birgitt Smelty, Sprecherin der DHL-Tochterfirma für Luft- und Seefracht. Wobei man Logistik in diesem Fall einfach übersetzen kann mit: Reisebüro für Sachen. Wenn zum Beispiel Sie demnächst das Buch „Kochen. Das Standardwerk” für 29.95 Euro kaufen, dann ist das unter DHL-Regie um die halbe Welt gereist, bis es in Ihre Hände fiel. Und das, tja, kam so . . .

Ein Beispiel. Vieles wird ja längst in China gedruckt, im Binnenland, nicht mehr in Hongkong – „Hongkong ist zu teuer”, sagt Gary Sacks vom Parragon-Verlag. Der lässt soviel in Ostasien drucken, dass jährlich rund 500 Container Parragon-Bücher nach Europa eingeschifft werden: deutsche, französische, spanische, Kinder- und Kochbücher, Disney in Lizenz . . . Laster haben die Bücher in den Hafen von Hongkong gebracht, dort liegt bereits die „Ebba Maersk”, derzeit eines der größten Frachtschiffe der Welt. Lieber Himmel, die „Ebba Maersk” fasst über 11 000 Container! Südlich von Asien fährt sie her, durch den Golf von Aden, durch den Suez-Kanal, Mittelmeer, Nordsee, Rotterdam, über 20 000 Kilometer: Das ist schon weit und dauert mindestens 18 Tage – aber die Besatzung hat ja was zu lesen mit.

Container gleicht Ü-Ei: Du weißt nie, was drin ist

In Rotterdam werden Kranführer, die gigantische Kranbrücken steuern, die „Ebba Maersk” entladen, den Container Bücher inklusive „Kochen. Das Standardwerk” heben sie in ein Binnenschiff. Das braucht dann noch 24 Stunden bis Duisburg, bis zur Entladung bei DeCeTe. „Wir wissen nie, was in den Containern ist, das würde dem Diebstahl Tür und Tor öffnen”, sagt Manager Stelten.

Von hier aus geht es noch ein paar Kilometer mit dem Lkw durch Duisburg bis zum Lager im Logport. Auf dem vor 20 Jahren heiß umkämpften Krupp-Gelände haben sich zahlreiche Logistik-Firmen niedergelassen, ja, die 256 Hektar Logport 1 sind voll, es entsteht schon Logport 2. Duisburg sieht in der Logistik einen Schlüssel zum Fortschritt, denn die erfolgreichen einschlägigen Bemühungen haben der Stadt den Spruch eingetragen, sie sei „das Silicon Valley der Verkehrsdienstleistungen”. Möglicherweise kann man aber auch einfach von einem ausgeprägten Sendungsbewusstsein sprechen.

Aber um das abzuschließen: Tage oder Wochen später kommen dann die letzten Laster und bringen „Kochen. Das Standardwerk” in den Buchgroßhandel.

Verglichen mit 20 000 Kilometern, ist es von da aus nur noch ein ganz kleiner Schlenker bis zu Ihnen, ach was, nur ein Schlenk . . .