Essen/Düsseldorf. Um Bauprojekte aus dem Konjunkturpaket II voranzutreiben, greifen Kommunen in NRW zu kreativen Mitteln: Knapp 30 Städte und Gemeinden haben inzwischen Gelder untereinander getauscht. Die vom Innenministerium eingerichtete Börse soll helfen, Steuergeld sinnvoll zu verwenden.
Sage mal jemand, Behörden sind nicht kreativ: Die NRW-Kommunen tauschen untereinander zweckgebundene Gelder aus dem Konjunkturpaket II. "Wir geben den Kommunen die Freiheit, innerhalb der Vorgaben des Bundes selbst über das Geld zu entscheiden", sagte NRW-Innenminister Ingo Wolf (FDP) am Donnerstag bei einer ersten Bilanz. Nach Auskunft vom Städte- und Gemeindebund NRW, auf dessen Plattform Tauschkommunen zueinander finden, ist die Börse bundesweit einmalig.
Luxussanierungen vermeiden
"Wir wollen Luxussanierungen vermeiden, die nur gemacht werden, damit das Geld ausgegeben wird", erklärte eine Sprecherin im NRW-Innenministerium. So könnten beispielweise Kommunen, die den Neubau eines Hallenbades oder die umfassende Modernisierung einer Vereinssporthalle realisieren wollen, nicht benötigte Mittel für „Bildung“ zum Tausch anbieten. Eine andere Kommune könne dieses Geld für die noch dringend erforderliche Mensa für den Ganztagsbetrieb verwenden. Als Gegenleistung dafür bietet sie zugewiesene Mittel in gleicher Höhe aus dem Bereich der „Infrastruktur“ an. „Damit können die Kommunen individuell entscheiden. Sie wissen selbst am besten, wo der Schuh drückt“, erläuterte Innenminister Ingo Wolf.
Auch der Fachverband der Kämmerer in NRW wertet die Tauschbörse als Erfolg. "Das ist eine unbürokratische Sache und ein Vorteil für uns", erklärt Manfred Abrahams, Vorsitzender des Fachverbands und hauptamtlich verantwortlich für die Finanzen der Stadt Krefeld. So schreibt der Bund vor, dass landesweit 65 Prozent der Gelder für den Bereich Bildung ausgegeben werden müssen (etwa für Schulsanierungen) und 35 Prozent für "sonstige Infrastruktur", zum Beispiel für örtliche Sportanlagen.
Insgesamt stellte das Land NRW in diesem Frühjahr den 396 NRW-Kommunen 2,38 Milliarden Euro aus dem Konjunkturpaket II zur Verfügung. Die größten Einzelsummen flossen nach Köln (100,3 Millionen Euro), Dortmund (77,9 Millionen Euro), Essen (70,8 Millionen Euro) und Duisburg (66,8 Millionen Euro).
Kommunen tauschten bis dato 29 Millionen Euro
Insgesamt sind bisher in NRW 4212 Projekte umgesetzt worden, teilte das Innenministerium am Donnerstag auf Nachfrage mit. Mit 1,6 Milliarden Euro sei ein Großteil der Gelder bereits für Projekte vor Ort verplant oder schon ausgegeben worden.
Das Tauschverfahren spricht nach Auskunft im Ministerium bisher zumeist kleinere Kommunen an. So seien laut Innenministerium bis dato 46-mal Mittel für "Bildung" und "Infrastruktur" getauscht worden. Viermal haben sie ihre Gelder weitergegeben, um damit in ein gemeindeübergreifendes Projekt zu investieren. Insgesamt wurden bei diesen 50 Verfahren 29 Millionen Euro 'bewegt' unter 29 verschiedenen Gemeinden, darunter Siegen, Arnsberg, Schmallenberg, Paderborn, der Märkische Kreis und die Kreise Heinsberg, Steinfurt und Euskirchen. "Großstädte sind nicht dabei", hieß es im Ministerium.
Beim Bund der Steuerzahler NRW ist die Nachricht von der Tauschbörse am Donnerstag auf Verwunderung gestoßen. Eine "Verbandsmeinung" gebe es noch nicht zu dem Thema, hieß es in Düsseldorf. Es gebe allerdings Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Verfahrens.