Wuppertal. Arne Ulbricht hat sich entamten lassen. Er verzichtet freiwillig auf seinen Beamtenstatus und Geld, weil er das System der Verbeamtung ablehnt.

Spinnt der Mann? Verzichtet freiwillig auf seinen Beamtenstatus und geschätzte 500 Euro netto im Monat, von seiner Pension ganz zu schweigen! Nein, um es kurz zu machen, Arne Ulbricht spinnt nicht. Der Wuppertaler Lehrer ist einfach nur konsequent. Weil er angesichts von Altersarmut und niedriger Renten das System der Verbeamtung ablehnt, ließ er sich nun entamten. Ab 1. Februar ist der Lehrer wieder schlicht angestellt – aber frei, wie er betont.

Jahrzehntelang hat sich der 40-Jährige über den Beamtenstatus keinerlei Gedanken gemacht. Wie auch, sein Vater, ein Richter, war natürlich verbeamtet. In dem Kieler Vorort, in dem er groß geworden ist, wimmelte es nur so von Beamtenkindern. Und auch seine Frau ist Lehrerkind. Die Zweifel an diesem Status schlichen sich über Jahre ein, nagten an ihm. Sein Begehren, künftig wieder einfach nur angestellt zu sein, entsetzte manchen Kollegen, irritierte den Apparat, also die zuständige Behörde, die Bezirksregierung Düsseldorf. Sowas, nein, das gab es noch nicht.

Lange Jahre als Vertretungslehrer

Ulbricht, man ahnt es schon, ist nicht der Typ klassischer Lehrer, mit 27 Referendar, mit 30 verbeamtet. Nach seinem Studium – Geschichte und Französisch – unterrichtete er zunächst als Vertretungslehrer, an sechs Schulen in vier Bundesländern. Ausgestattet mit Kurzzeitverträgen für ein paar Monate, manchmal für ein halbes Jahr. „Der erste Lehrer, den ich vertrat, sagte zu mir am Telefon, er habe schon lange keinen Bock mehr Lehrer zu sein, aber er müsse ja weiterarbeiten wegen seiner Pension“, erinnert sich Arne Ulbricht.

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Keine Lust mehr auf seinen Beruf zu haben, das sei doch etwas anderes, wenn man mit Kindern und Jugendlichen zu tun habe, argumentiert Ulbricht. An einer Hamburger Schule dann begegnete Ulbricht einer Kollegin, die ihre Verbeamtung einzuklagen versuchte. „Ich mit meinen Kurzzeitverträgen hab das nicht verstanden. Sie war angestellt, genoss viel Sicherheit. Wozu das also?“, sagt Ulbricht.

In Berlin schließlich, wo er wieder auf Zeit arbeitete, werden Lehrer seit Jahren nur noch angestellt, so wie in ostdeutschen Ländern zumeist. „Dort gibt gibt es eine Aktion „Verbeamtung jetzt!“, die mit einer derartigen Sehnsucht um den verlorenen Status kämpft. . .“, sagt der Wuppertaler. Als Politik-Lehrer sehe er einfach, welch große Probleme auf den Ländern durch die immensen Beamten-Pensionen lasteten. Genau das kritisiere er auch in seinem neuen Buch „Lehrer – Traumberuf oder Horrorjob“, das Sicherheitsdenken der Lehrer, ihre üppigen Pensionen, die sie später bezögen, ohne wie andere ein Berufsleben lang dafür eingezahlt zu haben.

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500 bis 600 Euro netto weniger verdiene ein angestellter Lehrer gegenüber dem verbeamteten. Mit leistungsgerechter Bezahlung der Pädagogen habe das nichts zu tun. Und genau dafür plädiert Arne Ulbricht auch. Dass eben Lehrer ihrer Leistung entsprechend entlohnt werden. „Ein Lehrer, der Leistungskurse und Prüfungsfächer unterrichtet, sollte ein höheres Gehalt als andere erhalten“, erklärt Ulbricht, der an einem Wuppertaler Berufskolleg arbeitet.

In einem Buch den Beamtenstatus von Lehrern tadeln, aber selbst davon profitieren, das wollte Arne Ulbricht sich nicht vorwerfen lassen. Die logische Konsequenz war, um seine Entlassung als Beamter zu bitten. Und genau das tat Ulbricht auch. Am Mittwoch erhielt er seine Entlassungsurkunde von der Bezirksregierung Düsseldorf. Auf seinen nächsten Kontoauszug freilich freue er sich nicht. „Vielleicht“, sagt Ulbricht, „ärgere ich mich irgendwann wirklich mal über mich selbst.“

Seine Frau fand’s erst gar nicht gut

Und was sagten Familie und Freunde dazu? Den Eltern verschwieg er sein Vorhaben lieber erst einmal. Und auch seine Frau „fand’s anfangs gar nicht gut!“. Einer sagte ihm tatsächlich, er spinne. Aber Arne Ulbricht steht zu seiner Entscheidung, nimmt den finanziellen Verlust in Kauf, lebt ohnehin lieber unkonventionell. So wie er bei seinen zwei Kindern komplett die Elternzeit übernahm, und seiner Frau, einer promovierten Biochemikerin, beruflich den Vortritt gönnt. Sein Beruf, der des Lehrers, macht ihm „extrem viel Spaß“. Und zwischendurch bleibt ihm noch Zeit ein Buch zu schreiben.