Aachen. . Auch ein angehender Polizist darf großflächig tätowiert sein. Das hat das Verwaltungsgericht Aachen entschieden. Doch weder die Polizei noch die Gewerkschaft sind mit dem Urteil zufrieden. Nun will man einen Kompromiss mit dem Bewerber finden.
Wie viel Tattoo darf ein Polizist im täglichen Einsatz zeigen? Das Landesamt für Ausbildung, Fortbildung und Personalangelegenheiten der Polizei (LAFP) in Unna meint: keine. Daher wies es einen Bewerber ab, der sich großflächige Tattoos an beiden Armen – von der Schulter bis zum Unterarm – hatte stechen lassen.
Mit der Abfuhr wollte sich der Mann nicht abfinden. Am Donnerstag gaben die Richter am Verwaltungsgericht Aachen dem 31-Jährigen Recht. Die Ablehnung des LAFP verstoße gegen die Grundrechte. Er könne sich auf „sein Persönlichkeitsrecht und das Recht auf Zugang zum öffentlichen Dienst berufen“, erklären die Richter.
Das Landesamt hatte sich unter anderem darauf berufen, dass deutlich sichtbare Tätowierungen mit der Neutralität eines Polizeibeamten nicht in Einklang zu bringen seien.
Niemand hat etwas gegen das verborgene Arschgeweih
Bei der Gewerkschaft der Polizei ist man ähnlicher Meinung. Auffällige Tattoos seien problematisch, erläutert NRW-GdP-Sprecher Stephen Hegger. Natürlich habe niemand etwas gegen das verborgene Arschgeweih, aber Tattoos seien bis heute in breiten Schichten der Gesellschaft nicht anerkannt. „Ich muss den Kollegen äußerlich zum Beispiel von Mitgliedern der Rockerbanden unterscheiden können“, sagt Hegger.
Nach einem Erlass des NRW-Innenministeriums stellen Tätowierungen, die beim Tragen von Hemden mit kurzen Ärmeln zu sehen sind, einen Eignungsmangel dar. Der Mann könne, so argumentieren die Richter hingegen, „auch im Sommer verpflichtet werden, ein Hemd mit langen Ärmeln zu tragen“.
Nicht fitt, sondern fett
Richter müssen bei der Polizei immer wieder in Stilfragen vermitteln. Im März 2006 bescheinigt das Bundesverfassungsgericht einem Polizisten, dass er im Dienst einen Pferdeschwanz tragen darf. Die Anweisung seines Dienstherren, der uniformierten Polizeibeamten vorschreiben wollte, „die Haare in Hemdkragenlänge zu tragen“, verstoße gegen Artikel 2 des Grundgesetzes. Demnach gehört der Zopf zum „Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit“.
Tattoos im Wettbewerb
Den 25-jährigen Schwelmer Sebastian Weber lehnt die Polizei 2009 als Bewerber ab, weil er einen Body-Mass-Index (BMI) von über 27,5 aufwies. Bei einer Größe von 184 Zentimetern und einem Gewicht von 98 Kilogramm kommt der Bodybuilder auf einen BMI von 28,7. Was Weber für fit hält, empfindet das LAFP als fett. Vor dem Verwaltungsgericht Arnsberg lässt Weber seine Muskeln spielen und gewinnt.
Ob der tätowierte Polizei-Anwärter demnächst wirklich in seinem Traumberuf arbeiten darf, ist noch ungewiss: Das LAFP überlegt, Berufung gegen das Urteil einzulegen.