Essen. . Werden Vermieter künftig mit der Courtage belastet? Bei zwei Monatsmieten Provision plus Kaution ist mancher Mieter gezwungen, einen Kleinkredit aufzunehmen. Die Vermieter wehren sich dagegen, etwas an der derzeitigen Rechtslage zu ändern. Ein Ortstermin in Essen-Werden.
Natürlich hat auch Heiko Kirschstein diesen Spruch schon das ein oder andere Mal zu hören bekommen. „Ihren Stundenlohn möchte ich mal haben!“, lautet der, und begleitet wird er gern von einem tiefen Seufzer und der Unterschrift unter einen Mietvertrag. Heiko Kirschstein war Bankkaufmann und für Baufinanzierungen zuständig, bevor er sich entschied, in die Maklerbranche einzusteigen. Nur allzu gut kennt er deren Image, dass er gleich die Verteidigungsposition einnimmt und auf den „vielen Arbeitsaufwand“ zu sprechen kommt, den man nicht sehe.
Aufwand wie dieser eben. Es ist elf Uhr am Donnerstagvormittag, herbstlicher Nebel liegt auf der Altstadt von Essen-Werden, als Kirschstein und sein Kollege Jochen Müller sich auf den Weg zu einem Ortstermin machen. Eine Rarität in den Gassen des mittelalterlichen Ortskerns, ein charmantes Haus mit 160 Quadratmetern, wollen sie an den Mann, an die Frau bringen. Fünf solcher Termine gab es bereits. Dieses Mal interessiert sich ein Ehepaar. Die Miete liegt bei 1450 Euro plus Nebenkosten. Kommt das Geschäft zustande, brächte es Kirschstein also knapp 3500 Euro Courtage. „Ich kann aus Mietersicht durchaus verstehen, wenn die sich ärgern für einen Termin, für eine halbe Stunde, so viel zahlen zu müssen.“
Wo Wohnraum knapp und begehrt ist, kommen Mieter nur selten an Maklern vorbei. Der Stadtstaat Hamburg kündigt jetzt eine Bundesratsinitiative an, nach der künftig nicht mehr die Mieter, sondern die Vermieter die Makler-Courtage bezahlen sollen. Viele SPD-regierte Länder, auch NRW, wollen sich anschließen. Zur Freude der Mieter und ihrer Verbände, und – nicht überraschend – zur Empörung der Immobilien-Eigentümer.
„Wir lehnen das ab“
„Wir halten gar nichts davon, wir lehnen das ab!“, heißt es bei Haus und Grund, der Eigentümer-Schutzgemeinschaft in NRW. Die Vermieter seien in der letzten Zeit mit Belastungen überhäuft worden, müssten energetisch sanieren, Rauchmelder installieren – und nun das noch. „Dass Mieter Courtage zahlen müssen, ist nur ein Phänomen in Ballungsräumen. Schon zehn Kilometer außerhalb von Köln und Düsseldorf oder im Norden des Ruhrgebiets sieht das anders aus. Da gibt es ein Überangebot von Wohnungen, und die Eigentümer sind froh, Mieter zu finden, zahlen also selbst die Maklergebühr“, sagt Erik Uwe Amaya, Geschäftsführer von Haus und Grund in NRW.
Nicht weniger eindeutig positioniert sich der Deutsche Mieterbund. „Endlich soll das Prinzip zählen: Wer den Auftrag erteilt, trägt die Kosten“, sagt dessen Geschäftsführerin Elisabeth Gendziorra. Der Vermieter wälze seine Arbeit auf den Makler ab, der Mieter habe nichts davon, müsse aber zahlen. „Zur Courtage kommen oft noch drei Monatsmieten Kaution. Da sind Normalverdiener schnell in der Situation, einen Kleinkredit aufnehmen zu müssen“, sagt Gendziorra.
Etage für Etage
In der Werdener Gasse lässt sich das Ehepaar vom Stein inzwischen Etage für Etage zeigen. Die Makler loben das Flair des Hauses, das elegante Treppenhaus, führen die Interessenten in den Stadtgarten und steigen mit ihnen unter das Dach. Vom Steins suchen kein neues Zuhause, sondern ein Büro für ihre PR-Agentur. Reichen die Räume für die vielen Schreibtische? Wie steht es um den Internet-Empfang? Wo könnten die Mitarbeiter parken, die Kunden? Makler-Alltag.
„Vermieter geben das lieber aus der Hand. Das Sich-kümmern, die vielen Besichtigungstermine, die ganze Arbeit“, sagt Makler Kirschstein. Zudem kennen er und seine Kollegen den Markt und die Preise besser, sie könnten Vermieter beraten, auch wenn es ratsam wäre, vielleicht doch noch mal den Maler zu bestellen. Andererseits würden sie sich auch um die Mieter kümmern. „Oft genug arbeiten wir auch in deren Auftrag, wissen, was sie suchen und bieten ihnen Passendes an“, sagt Heiko Kirschstein.
Auch interessant
Kirschstein geht davon aus, dass der sich andeutende politische Streit um die Courtage in einem Kompromiss endet. „Vermutlich wird die Maklergebühr am Ende zwischen Vermieter und Mieter aufgeteilt. So wie es in Nordrhein-Westfalen beim Immobilienkauf praktiziert wird“, sagt er. Und Ralph Pass, Chef des Immobilienverbands Deutschland, dem die Makler angeschlossen sind, zeigt sich der Hamburger Initiative gegenüber offen. Pass sieht einzig diese Gefahr: „Dass die Vermieter ihre höheren Kosten durch die Maklerprovision am Ende auf die Mieter abwälzen.“