Düsseldorf. Für ihre Bombenanschläge hatten sich die mutmaßlichen Sauerland-Terroristen laut Polizei ein denkwürdiges Datum ausgesucht. Ausgerechnet am 11. September wollten sie zuschlagen.

Die Mitglieder der Sauerland-Zelle haben laut Polizei als Zeitpunkt für ihre geplanten Anschläge den sechsten Jahrestag der Anschläge von New York und Washington erwogen. Den 11. September 2007 nannten die Terrorverdächtigen als möglichen Termin bei einem abgehörten Gespräch während einer Autofahrt, wie der Chefermittler des Bundeskriminalamts (BKA) im Sauerland-Fall am Mittwoch vor dem Oberlandesgericht Düsseldorf aussagte. Unklar sei allerdings, ob dieser Zeitpunkt «tatsächlich umsetzbar» gewesen wäre, sagte der 34-jährige Kriminalhauptkommissar im Prozess gegen die vier Terrorverdächtigen der Sauerland-Zelle.

Dem BKA-Ermittler zufolge soll zudem die Führung der Terrorgruppe «Islamische Dschihad-Union» (IJU) ihren in Düsseldorf angeklagten mutmaßlichen Gefolgsleuten «zeitliche Vorgaben» für die geplanten Anschläge in Deutschland gemacht haben. So habe die IJU-Führungsebene in Pakistan kurz vor der Festnahme von drei der vier Angeklagten am 4. September 2007 in E-Mails darauf gedrängt, «die Arbeiten abzuschließen». Noch einen Tag vor dem Zugriff von Elitepolizisten in einem Ferienhaus im sauerländischen Medebach habe die IJU-Führung gefordert, die Anschläge müssten innerhalb von drei Wochen ausgeführt werden.

Mindestens drei Autbombenschläge

Die vier Beschuldigten sollen laut Anklage als IJU-Mitglieder mindestens drei verheerende Autobombenanschläge auf US-Bürger und amerikanische Einrichtungen in Deutschland vorbereitet haben. Die Anklage wirft dem Quartett unter anderem Mitgliedschaft in einer Terrorvereinigung und Verabredung zum Mord vor. Bei den drei im Sauerland Festgenommenen handelt es sich um die beiden deutschen Konvertiten Fritz G. und Daniel Sch. sowie den türkischen Staatsbürger Adem Y. Der vierte Beschuldigte Atilla S. wurde im November 2007 in der Türkei gefasst; er soll die Zünder für die Bomben beschafft haben.

Beim Zugriff der Eliteeinheit GSG 9 in Medebach wurden dem Zeugen zufolge die Angeklagten G. und Y. in dem Ferienhaus festgenommen. Sch. konnte demnach mit einem Sprung aus dem Badezimmerfenster auf die Straße fliehen. Bei einem anschließenden Handgemenge mit einem Polizisten sei Sch. an dessen Dienstwaffe gelangt und habe einen Schuss abgefeuert. Der 23-Jährige muss sich wegen der Schussabgabe in dem Prozess zusätzlich wegen Mordversuchs verantworten.

Explosiver Mix aus Wasserstoffperoxid und Mehl

Nach Angaben des BKA-Chefermittlers im Zeugenstand stießen die Beamten in dem Ferienhaus unter anderem auf zahlreiche Elekronikbauteile wie Platinen und Dioden, die zum Bau von Zündauslösern geeignet seien. Das Trio war den Ermittlern zufolge bei der Herstellung eines explosionsfähigen Gemischs aus Wasserstoffperoxid und Mehl festgenommen worden. In einer Kommode im Esszimmer des Ferienhauses entdeckten die Ermittler zudem insgesamt 26 Sprengzünder. Einen Großteil dieser Zünder hatte die Zelle demnach zuvor in den Sohlen eines Paars Schuhe versteckt.

Im Streit zwischen Gericht und dem Angeklagten Y. um dessen Verhalten vor dem Staatsschutzsenat fanden die Prozessbeteiligten derweil einen Kompromiss. Nachdem sich Y. bislang geweigert hatte, beim Betreten des Verhandlungssaals durch die Richter aufzustehen, wurde der 30-Jährige am vierten Prozesstag erst nach dem Einzug des Senats in den Saal geführt. «Das heißt nicht, dass wir hier in irgendeiner Weise einknicken», unterstrich der Vorsitzende Richter Ottmar Breidling. Wegen seines bisherigen Verhaltens hatten die Richter gegen Y. insgesamt drei Wochen Ordnungshaft verhängt. (afp)

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