Düsseldorf. Wochenlang haben die mutmaßlichen Sauerland-Terroristen bei Vernehmungen durch das Bundeskriminalamt (BKA) umfangreiche Geständnisse abgelegt. Am Montag wird der Prozess gegen sie nach einmonatiger Sommerpause fortgesetzt - dann werden sie auch im Gerichtssaal zu ihren Aussagen befragt.
Viele Beobachter erwarten gespannt, welche Details die Männer in den Gesprächen verrieten. Es dürfte einiges zu hören geben. So versprach die Verteidigung bei der Ankündigung der Geständnisse bereits «Überraschungen», der Vorsitzende Richter Ottmar Breidling nannte die Aussagen zwischenzeitlich «beeindruckend» und «umfassender, als man zu Beginn dieser Vernehmungsprozedur erwarten konnte».
Die bei der Verhandlung im Hochsicherheitstrakt normalerweise hinter Sicherheitsglas sitzenden Angeklagten sollen bei ihren Befragungen am Zeugentisch mitten im Saal sitzen, «so dass wir auch optisch eine andere Nähe zueinander haben», wie Breidling ankündigte.
Angeklagte sollen kaum Reue zeigen
Eine große Rolle in den Geständnissen spielt nach Medienberichten unter anderen der Türke Mevlüt K., der bei der Zünderbeschaffung für die geplanten Anschläge geholfen haben soll. Die Verteidigung hatte schon zu Prozessauftakt darauf hingewiesen, dass K. auch Verbindungen zu Geheimdiensten gehabt haben soll. Aus den Aussagen des Angeklagten Atilla Selek geht laut «Spiegel» hervor, dass K. während eines Treffens verschwunden sei und danach offenkundige Insider-Informationen präsentiert habe. Zur Erklärung habe er gesagt, er habe «Bekannte» im türkischen Sicherheitsapparat, die ihn unterstützten.
Reue sollen die Männer in ihren Geständnissen einem Bericht zufolge kaum gezeigt haben. «Dschihad ist Pflicht», zitierte der «Focus» den Angeklagten Adem Yilmaz: Allerdings dürften keine Unschuldigen getötet werden. Auch Selek sympathisiere laut Aussageprotokoll offenbar weiter mit dem gewaltsamen Kampf, hieß es. Dschihad sei jedoch nur in entsprechenden Ländern erlaubt. Der mutmaßliche Rädelsführer Fritz Gelowicz soll sich laut Bericht ebenfalls nicht vom Terror distanziert und sich geweigert haben, die entsprechende Frage der BKA-Beamten zu beantworten.
Sie wollten US-Bürger in Deutschland töten
Die zum Islam konvertierten Deutschen Gelowicz und Daniel Schneider, der Deutsch-Türke Selek und der Türke Yilmaz sollen eine deutsche Zelle der Islamischen Dschihad-Union (IJU) gegründet haben. Sie wollten laut Anklage mit Autobomben möglichst viele US-Bürger in Deutschland töten. Die Anklage lautet unter anderem auf Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung und Vorbereitung eines Sprengstoffanschlags. Schneider wird zudem versuchter Mord vorgeworfen, weil er bei seiner Festnahme im September 2007 auf einen Polizisten geschossen haben soll.
Angeklagte in ihren Haftanstalten vernommen
Die Angeklagten kündigten im Juni überraschend Geständnisse an und wurden seitdem in ihren Haftanstalten ausführlich von BKA-Beamten vernommen. Jeder Angeklagte kann auf diese Weise selbstständig gestehen und bezieht sich nicht auf Angaben, die bereits ein Mitangeklagter vor ihm machte. Dies verhindert, dass der Wert der späteren Aussagen gemindert wird. Der Vorsitzende Richter hatte auch darauf hingewiesen, dass das Gesetz bei einem Geständnis einen «spürbaren Nachlass» beim Strafmaß erlaube.
Nach Beginn der Geständnisse war an den letzten Verhandlungstagen vor der Sommerpause eine deutliche Entspannung der Stimmung zwischen allen Prozessbeteiligten zu spüren. So lobte Breidling in geradezu blumigen Worten die «sehr gute Arbeit» der Verteidiger, «von der insbesondere die Wahrheitsfindung hier profitiert». Die Anwälte nahmen eine Reihe früherer Widersprüche und Anträge zurück. Und der an den ersten Prozesstagen mehrfach mit Ordnungshaft belegte Angeklagte Yilmaz wurde entgegen der Regelung der vergangenen Wochen wieder vor dem Eintreten des Senats in den Saal geführt. Ob es ebenso harmonisch weitergeht, wird sich zeigen.