Bad Segeberg. Einmal aus der Schuldenhölle in den Millionärshimmel und wieder zurück. Familie Bubert hat es erlebt und ein Buch darüber geschrieben: „Mit dem Geld kamen die Tränen.” Denn außer bösen Erinnerungen ist den Gewinnern nicht viel geblieben von dem einstigen Geldsegen.
Hätte sie nur ihre Worte zurück. Diese verdammten fünf Worte: „Wir haben im Lotto gewonnen.” Petra Bubert spricht sie aus. Wie ein Lauffeuer verbreiten sie sich im Dorf. „Und plötzlich” erinnert sich Hans-Joachim Bubert, war nichts mehr so, wie es einmal war.
Lottogewinn vorausgesagt
Eigentlich war das gut. Denn vorher war vieles schlecht in Buberts Leben. 150 000 Mark Schulden hat er mit seiner kleinen Baufirma angehäuft, gilt in seiner Familie als „schwarzes Schaf”. Auch die Ehe mit Petra kriselt. „Weil es immer an Geld fehlte.” Letzte Hoffnung ist die Prophezeiung einer Wahrsagerin. „Die hat uns einen Lottogewinn vorausgesagt.”
Im Sommer 1994 ist es so weit. „Alle Zahlen im Spiel 77 richtig.” Weinend vor Freude sitzt Hans-Joachim Bubert in der Ecke, als zufällig sein Vater vorbeischaut. Der Senior wird eingeweiht. „War ein Fehler”, sagt Bubert heute. Der erste von vielen. Vielleicht der schlimmste von allen. Denn Vater Bubert informiert das halbe Dorf. Und die gesamte Verwandtschaft.
"Der Jackpot war voll"
Mit „ein paar Hundertausend Mark” haben die Buberts gerechnet. Knapp acht Millionen haben sie gewonnen. „Der Jackpot war voll.” Das Geld ist noch nicht auf dem Konto, da hat Bubert schon 2,5 Millionen verschenkt. An alte Verwandte und neue Bekannte. „Kam alles von Herzen.”
Endlich ist Bubert wer. In der Familie und auch sonst. Einmal geht er „Autos kaufen”. Den roten Teppich rollen sie aus, als er beim Händler erscheint. Trotzdem bleibt der Porsche für 225 000 Mark stehen. „War mir zu teuer.” Stattdessen ordert er per Fingerzeig zwei Audi und zwei Lieferwagen. „Den, den und die beiden nehme ich.” Jetzt sind 250 000 Mark weg.
Die Kunden zahlen nicht mehr
Buberts Baufirma nimmt die Arbeit wieder auf. Bis immer mehr Kunden sich weigern, zu zahlen. „Du hast doch genug Geld.” Hat Bubert. Aber es wird immer weniger. Obwohl er es nicht im klassischen Sinn verprasst. Es gibt weder weite Reisen noch wilde Partys. Keine edlen Klamotten, keinen Schmuck. Nur ein kleines Boot gönnt sich der Zimmermann. „Ich bin immer normal geblieben.” Vielleicht zu normal für so viel Geld.
Petra will das Geld sparen. Doch ihr Mann kauft lieber Häuser davon. Die meisten kauft er zu teuer. In seinem Heimatdorf und an der Ostsee. „Für die Kinder.” Die sind damals drei und fünf Jahre alt. Was er gekauft hat, baut Bubert gerne aus. Hier ein Reitstall, da eine Kartbahn.
Angriffe auf die Haustiere
Der Gewinn schmilzt, der Neid wächst. Eines von Buberts Ponys wird vergiftet, dem Familienhund sprühen Unbekannte Haarspray in die Augen, bis er erblindet. Die Kinder werden in der Schule beschimpft. „Lottoschweine.” Sie beginnen zu stottern. Ihr Vater bekommt es am Magen. Auch weil er bis zu 100 Zigaretten am Tag raucht. Wegziehen will er dennoch nicht. „Ist doch meine Heimat hier.”
Mittlerweile ist das Geld weg. Geblieben sind den Buberts ein paar unverkäufliche Immobilien und ein Angelladen, den sie für 900 000 Mark gekauft haben. „Ich bin nicht pleite”, sagt Hans-Joachim. „Ich bin nur gerade nicht flüssig.” Das wird sich so schnell nicht ändern. Denn die Geschäfte laufen schlecht. „Weltwirtschaftskrise. Keiner angelt.” Auch deshalb haben die Buberts wieder 300 000 Euro Schulden angehäuft.
In ihrem Buch haben Hans-Joachim und Petra ihre Geschichte aufgeschrieben. „Nicht für Geld. Weil wir einiges klar stellen wollten”, sagt Bubert. „Vor allem, dass bei uns nichts mehr zu holen ist.” Derzeit, denn: „Es ist noch nicht vorbei.” Schon bald, ist sich Bubert sicher, wird er wieder im Lotto gewinnen. „Hat die Wahrsagerin prophezeit.” Wenn es soweit ist, soll alles anders werden. „Beim nächsten Mal”, sagt Bubert, „halten wir unsere Klappe.”