Dorsten. .

Es ist die Horrorvorstellung für jeden: Ein Lkw, der ungebremst auf ein Stauende prallt. Seit Dienstag muss sich ein 48-Jähriger Kerpener vor dem Landgericht Essen verantworten, weil er auf der A31 in Dorsten den Tod dreier Menschen verursachte.

Der sportlich wirkende Angeklagte schweigt vor der II. Strafkammer, lässt lediglich seinen Verteidiger Gundo Golla eine Erklärung vorlesen. Den im Saal anwesenden Angehörigen seiner Opfer drückt er darin sein Bedauern aus, kündigt auch an, sich später den Fragen des Gerichtes zu stellen. Wenn sie es wünschten, lässt er den Angehörigen in der Erklärung ausrichten, werde er auch persönliche Worte der Entschuldigung finden.

Fahrlässige Tötung in drei Fällen und sechsfache fahrlässige Körperverletzung hat Staatsanwalt Joachim Lichtinghagen angeklagt. Ein Augenblicksversagen ist es, das die Anklage für die schrecklichen Folgen verantwortlich macht. Am 2. Juli vergangenen Jahres war Peter T. (48) mit seinem Lkw auf der A 31 in Richtung Bottrop gefahren. Es war ein sonniger Tag, 34 Grad warm. Peter T., der als Disponent vor allem im Büro seiner Firma arbeitete, war an diesem Tag mal wieder selbst auf dem Lkw unterwegs. Der DAF, den er fuhr, war neu.

Irrtümlich aufs Gaspedal getreten

Was er nicht sah: Ein Stück weiter vorne, auf den Kanalbrücken, staute sich der Verkehr wegen eines Unfalls. Wie er in seiner Verteidigererklärung einräumt, schaffte er es nicht, den von ihm eingestellten Tempomat auszuschalten, weil dieser anders zu bedienen sei als beim MAN, den er sonst fuhr. Von einem „Fahr-, beziehungsweise Bedienungsfehler“ spricht sein Verteidiger Golla. Der Mandant habe auch irrtümlich aufs Gaspedal getreten, statt auf die Bremse.

Die Folgen sind so schrecklich wie bekannt: Der Lkw prallte nahezu ungebremst auf der rechten Fahrspur auf einen in Viersen zugelassenen VW Golf, in dem drei Männer saßen. Ihr Pkw verkeilte sich unter dem Lkw, schleuderte mit ihm auf die linke Spur, kollidierte mit weiteren Fahrzeugen, bevor Lkw und Golf an der Mittelleitplanke zum Stehen kamen. Beide Fahrzeuge brannten sofort aus, der Golf war vollständig zusammengeschoben. Zwölf weitere Autos waren am Unfall beteiligt. Flüssiges Metall lief über den Asphalt. Ein Horrorszenario, auf das später die Rettungskräfte trafen.

„Der Angeschuldigte hätte die Tötung der drei Personen verhindern können“

Peter T. blieb fast unverletzt in seiner Lkw-Kabine. Die Anklage macht ihn verantwortlich: „Bei Beachtung der erforderlichen Sorgfalt hätte der Angeschuldigte die Tötung der drei Personen und die Körperverletzungen verhindern können.“ Peter T. wahrt die Fassung. Doch als die Anklage schildert, wie die drei Männer in dem Wrack verbrannten, schaut er zu Boden, schluckt. Auch die Ehefrauen von zwei Todesopfern zeigen deutliche Reaktionen. Richter Andreas Labentz warnt die Frauen, die als Nebenkläger am Prozess teilnehmen, vor den Details, die im Obduktionsbericht der Rechtsmediziner angesprochen werden. Vielleicht sei es besser, wenn sie dabei den Saal verließen. Doch die beiden stellen sich auch diesem Teil des Verfahrens. Als seien sie es ihren verstorbenen Männern schuldig.