Westfalen. .

Zwei kleine sauerländische Kommunen haben in der Landeshauptstadt reichlich Wirbel aus­gelöst. Der Vorstoß, die „Perspektiv­schule“ in Finnentrop per Eilantrag zu stoppen, hat den Konflikt um die Gemeinschaftsschule neu entfacht.

Trotz der Entscheidung des Verwaltungsgerichts Arnsberg, die Pläne für eine Ge­meinschaftsschule in Finnentrop zunächst zu stoppen, ist Bürgermeister Dietmar Heß optimistisch, dass die neue Schulform nach den Sommerferien in seiner Gemeinde an den Start gehen wird. „Ich bin erleichtert, dass das Gericht seine Entscheidung nicht an konkreten Versäumnissen vor Ort festmacht, sondern sich lediglich auf fehlenden Rechtsgrundlagen stützt“, so Heß.

Er hofft nun auf eine schnelle Entscheidung in nächster Instanz. Bereits am Dienstag hatte die Landesregierung beim Oberverwaltungsgericht in Münster Beschwerde gegen die Arnsberger Entscheidung eingelegt. Denn: Das Verwaltungsgericht Aachen hatte zuvor bei einer ähnlichen Klage für die Ge­meinschafts­schule Blankenheim/ Nettersheim entschieden.

Wie auch in der Eifel, hatten sich im Sauerland die Nachbargemeinden gegen die Einführung der Gemeinschaftsschule gewehrt. Die Städte Attendorn und Lennestadt fürchten um den Bestand ihrer Gymnasien. Wollten Schülerinnen und Schüler aus Finnentrop bisher die Penne besuchen, mussten sie dies in Attendorn oder Lennestadt tun. Der demografische Wandel sorgt dafür, dass Schüler in der ländlichen Region zum gefragten Gut werden.

Gericht bemängelt die Düsseldorfer Schulpolitik

Finnentrops Bürgermeister Dietmar Heß.
Finnentrops Bürgermeister Dietmar Heß. © WP

Das Gericht in Arnsberg konnte zwar kein Bestandsrisiko für die Schulen der Nachbargemeinden erkennen, be­mängelte jedoch die Düsseldorfer Schulpolitik im Kern: Die Genehmigung der Finnentroper Schule sei rechtswidrig, weil sie sich auf einen Schulversuch stütze. Um eine neue Schulform einzuführen, sei vielmehr ein „verfassungskonformes formelles Gesetz“ nötig. Der politische Konflikt um die Gemeinschaftsschule ist somit neu entfacht. Die schwarz-gelbe Opposition, die seit langem den Umweg der rot-grünen Minderheitsregierung über Versuchsschulen kritisiert, fühlt sich nun bestätigt. „Die Gemeinschaftsschule steht auf tönernen Füßen“, befand CDU-Fraktionschef Karl-Josef Laumann, und sein FDP-Kollege Gerhard Papke forderte, den Schulversuch umgehend zu stoppen.

Schulministerin Sylvia Löhrmann, die das rot-grüne Vorzeigeprojekt in vorderster Reihe verficht, sieht sich dagegen auf der sicheren Seite. Sie beruft sich auf das Verwaltungsgericht Aachen, das die Regierungsposition gestützt ha­be. Nun muss die nächste Instanz entscheiden, ob der Gemeinschaftsschulversuch gesetzlich wasserdicht ist.

Dabei hatte Löhrmann den Weg zur Regelschule bereits angepeilt, als sie im Sommer ihr pädagogisches Konzept vorstellte. Wenn landesweit rund 50 Schulen die neue Schulform erproben wollen, kündigte sie damals an, müsse sie auch im Schulgesetz verankert werden. Mit Beginn des nächsten Schuljahres sind derzeit 14 Gemeinschaftsschulen genehmigt. 40 weitere haben laut Löhrmann ihr Interesse angemeldet. „Wir streben mit Hochdruck eine gesetzliche Regelung an.“

CDU argwöhnt über Regelung im Koalitionsvertrag

Nach dem Koalitionsvertrag sollen bis 2015 mindestens 30 Prozent aller Schulen der Sekundarstufe I in Gemeinschaftsschulen umgewandelt werden. Vor allem dieses Ziel schürt den Argwohn der CDU, die nach Laumanns erster Brachialreaktion – „gewaltige Klatsche für die Schulministerin“ – auf Konsenskurs ging und alle Fraktionen bis auf die Linke zu gemeinsamen Ge­sprächen über einen „Schulfrieden“ einlud.

Bürgermeister Dietmar Heß sieht indes, „dass die Verzögerung für alle Seiten mehr als ärgerlich ist.“ Rund 100 Schüler haben Zusagen für einen Platz an der neuen Schule. Eltern, Schüler aber auch die Lehrer des jetzt bestehenden Schulzentrums, das in der Gemeinschaftsschule aufgehen sollte, hingen nun in der Luft. „Die Eltern sollten Ruhe bewahren, es wird auf jeden Fall einen Weg geben, dass ihre Kinder adäquat beschult werden“, so Heß. Die Sommerferien liegen in diesem Jahr spät und damit für die Finnentroper strategisch gut. „Wir setzen auf eine schnelle Entscheidung in Münster, dann haben wir immer noch genug Zeit alles vorzubereiten.“