Velbert. Die Türkische Gemeinde in Deutschland hat unter anderem in Velbert zur "Langen Nacht der Deutschtürken" geladen. Ziel ist ein Kennenlernen und gegenseitiges Verstehen. Die Organisatoren wollen das Image der Deutschtürken verändern und helfen, Vorurteile abzubauen.

«Lange Nächte» sind ein Renner. Es gibt sie für Museen, Kirchen, Wissenschaft und anderes. Nachtschwärmer kommen zu Hunderten und drängen sich vor Gemälden oder in Labore. Das hat die Türkische Gemeinde in Deutschland auf die Idee gebracht, am Samstag erstmals eine «Lange Nacht der Deutschtürken» zu veranstalten: zum Kennenlernen und gegenseitigen Verstehen. Denn die Deutschen und ihre mit Abstand größte Migrantengruppe sind sich immer noch fremd. Das beginnt schon mit der undifferenzierten Rede von «den Türken».

In der sozialen Wirklichkeit gibt es sie so nicht: die Türken in Deutschland als homogene Gruppe. Weltanschauung, Lebensweise, Wertevorstellungen türkischer Migranten sind vielfältig. Viele von ihnen bekennen ihren Patriotismus mit dem Doppel-Begriff des Deutschtürken - sie sind also nicht nach einem nationalen Identitätsschema F zu erfassen. Gemeinsam ist viele Deutschtürken, dass sie sich unerwünscht fühlen, wie eine große Umfrage im vergangenen Jahr zeigte. Bestätigung fand das Stimmungsbild in einer weiteren Studie vom Januar, wonach die Türken die am schlechtesten integrierten Ausländer in Deutschland sind.

Ändern will dies Kenan Kolat - auch mit der «Langen Nacht der Deutschtürken». Die Idee sei ihm als Besucher der «Langen Nacht der Wissenschaft» in Berlin gekommen, sagt der Bundesvorsitzende der Türkischen Gemeinde Deutschland (TGD) und ihres Berliner Landesverbandes. Die Vielfalt deutschtürkischer Identität soll sich bei Lesungen, Konzerten, Kochkursen und Weinverkostungen zeigen.

Kolat hofft auf viele neugierige Deutsche bei den Veranstaltungen, auch wenn er einräumt, dass der Termin sehr kurzfristig festgelegt worden sei. Zehn Städte machen mit: neben Berlin sind Hamburg, Lübeck, München und Stuttgart sowie Kiel, Duisburg, Karlsruhe, Hannover und das nordrhein-westfälische Velbert dabei. Nur der Osten bleibt draußen. Dort gebe es noch «keinen funktionierenden Verband», sagt Kolat. Nächstes Jahr soll Rostock mitmachen. Die «Lange Nacht» werde jährlich am 6. Juni stattfinden. Ein «guter Anfang» sei gemacht.

Immerhin leben nach Angaben des Statistischen Bundesamts rund 1,7 Millionen Türken in Deutschland. Mehr als 950.000 weitere Türkischstämmige seien eingebürgert, rechnet Kolat vor. Von den etwa 200.000 Berlinern türkischer Abstammung seien 75.000 deutsche Staatsbürger. Viele von ihnen seien seit Jahrzehnten im Land, hätten das Gesicht der Republik mitgeprägt. Für Veranstaltungen wie eine «Lange Nacht» hätten die türkischen Gemeinden bislang einfach keine Zeit gehabt. Erst seien «Selbstverständlichkeiten» zu regeln gewesen, wie die Anerkennung als Organisation und Einbürgerungsfragen.

Image der Deutschtürken verändern

Jetzt gehe es darum, die «verschiedenen Kulturen einander näher zu bringen», sagt Aylin Selcuk. Die 20-Jährige ist eine Art Vorzeige-Deutschtürkin, die sich obendrein engagiert. Ihr Verein «Deukische Generation» hilft Kindern von Einwanderern bei der Integration - sei es durch Hausaufgabenhilfe oder mit Jobmessen. Schirmherrin des Vereins ist die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Maria Böhmer (CDU). Die Idee der «Langen Nacht» findet Selcuk gut, auch wenn sie selbst noch keine Einladung erhalten habe. Viel wichtiger sei aber, dass wirklich die Bürger erreicht würden, damit nicht nur das mit dem Thema Integration ohnehin befasste «übliche Personal» zusammenkomme.

Eine solche Veranstaltung könne das Image der Deutschtürken verändern und helfen, Vorurteile abbauen, sagt Selcuk. Weg vom Ausländer-Image, dass insbesondere der Selbstwahrnehmung der jungen Deutschtürken überhaupt nicht mehr entspreche, hin zu einer Normalität als binationaler Bürger. Deshalb will auch Kolat nicht den Integrationsgedanken in den Vordergrund stellen, wenn er über das Projekt «Lange Nacht der Deutschtürken redet. «Es geht nicht um Integration, sondern um den Beitrag, den die Deutschtürken in Deutschland leisten», sagt Kolat. «Wir wollen Normalität zeigen.»

Die «Lange Nacht der Deutschtürken» im Internet unter http://www. tbb-berlin.de/de/frame.html