Düren. .

Das Dorf Merken in der Nähe von Düren ist in Aufruhr: Ein Wirt beabsichtigt, seine Kneipe an die rechtsextreme NPD vermieten, die dort ihre Zentrale für das Rheinland einrichten will. Während die Lokalpolitiker nach Auswegen suchen, gehen die Einwohner auf die Straße.

Merken ist ein beschaulicher Ortsteil der Kreisstadt Düren zwischen Aachen und Köln. Mit zwei Kindergärten, einer Grundschule, einem Schützenverein - und demnächst möglicherweise mit einem Nazi-Zentrum. Die Aufregung in dem 3300-Seelen-Ort ist groß, seitdem bekannt ist, dass ein Wirt seine Kneipe an die rechtsextreme NPD für deren rheinische Parteizentrale vermieten will. Die Bevölkerung ist mächtig sauer auf den Kneipier und plant Proteste. Die Stadtoberen suchen derweil eilig alternative Kaufinteressenten.

Die Dorfkneipe „Zum Sportplatz“ ist bei den Rechten eine bekannte Adresse. Vor einem Jahr schwadronierten hier die Mitglieder der „Kameradschaft Aachen Land“ vor Vereinspokalen und Reichskriegsflagge über NS-Märtyrer der Weimarer Republik. Damals entschuldigte sich der Wirt noch öffentlich. Vor zwei Wochen trafen sich allerdings wieder Nazis in dem Backsteinbau, diesmal die Kreis-NPD. „Supernette Kerle“, findet der Wirt. Es gebe keinen Grund, ihnen die Gaststätte nicht zu verpachten. „Die Verhandlungen laufen“, sagt er.

„Nationaler Anlaufpunkt für das Rheinland“

Die NPD-Oberen richten sich bereits gedanklich in dem Gebäude ein. Ein „nationaler Anlaufpunkt für das ganze Rheinland“, für Tagungen, Treffen und Konzerte soll dort entstehen, hat Landesvorstandsmitglied Ingo Haller angekündigt. Bis März wolle er den Vertrag unter Dach und Fach bringen, um den Landtagswahlkampf von hier aus zu managen.

Der Verfassungsschutz beobachtet die Immobilienpläne der Nazis genau. Die Region zwischen Köln und Aachen hat laut einer Sprecherin der Behörde eine der aktivsten rechtsextremen Szenen im Land. Dem Verfassungsschutz fällt auf, dass die NPD immer wieder versuche, Immobilien zu pachten. „Früher oder später wird es wohl auch dazu kommen“, lautet die Einschätzung. Allerdings zweifeln die Verfassungsschützer an der Zahlungsfähigkeit der NPD. Oft kündige sie Immobilienprojekte bloß an, um sich ins Gespräch zu bringen.

„Das wäre eine Katastrophe“

In Merken ließ der Vorsitzende der CDU-Mittelstandsvereinigung, Rolf Delhougne, vorsorglich seine Kontakte spielen, um einen Alternativkäufer zu finden. Bürgermeister Paul Larue (CDU) wirkte bei Hausbesuchen auf den Wirt ein, nicht an die Rechtsextremen zu verpachten. „Das wäre eine ziemliche Katastrophe“, sagt Larue. Schon jetzt kochten die Emotionen in der Bevölkerung hoch.

Mehr als Appelle bleiben dem Bürgermeister jedoch nicht. Ein Mitarbeiter der Verwaltung seufzt: „Es geht um ein privates Rechtsgeschäft - da ist die Stadt machtlos.“ Allenfalls lasse sich der Verkauf mit Hilfe von Satzungstricks zwei Monate verzögern, mehr aber nicht.

Die Bürger von Merken und Düren wollen das geplante Nazi-Zentrum trotzdem verhindern. Kultur- und Sportvereine, der Bürgermeister, die Pfarrerin, Schulen, Parteien, Gewerkschaften und die Big-Band haben sich in einem „Bündnis gegen Rechts“ organisiert. Im Veranstaltungskalender des Ortes steht vor dem „Baracuda Disco-Event“ und der Altpapiersammlung: Demo gegen Rechts, Samstag, Beginn: 11.30 Uhr auf dem Sportplatz.

Ein Hakenkreuz auf dem Sportplatz

Nach fast acht Jahren wollten die Menschen die „Naziplage“ nicht länger ertragen, sagt Jo Ecker von „Fußballvereine gegen Rechts“. Neulich eine Attacke auf einen Lokaljournalisten, vor einem Jahr ein in den Fußballplatz gegrabenes Hakenkreuz, kurz vor einem Freundschaftsspiel gegen eine griechische Mannschaft: „Wir haben es satt“, schimpft Ecker. Wütend seien die Menschen nicht nur auf die Nazis, sondern mehr und mehr auf den Wirt. Pfarrerin Susanne Rössler sieht darum in der Demo ein wichtiges Ventil.

Die örtliche SPD-Landtagsabgeordnete Liesel Koschorreck thematisierte den geplanten Kneipenkauf der NPD unterdessen in einer Kleinen Anfrage an die Landesregierung. „Man muss wachsam sein, wenn die Nazis durchs Land ziehen und Häuser suchen.“ Die Kommunen seien rechtlich meist hilflos. Noch wartet Koschorreck auf eine Antwort. Am Samstag wird sie aber erst einmal mitdemonstrieren. (ddp)