Düsseldorf. In NRW ist jeder siebte Bürger arm. 14,5 Prozent der Einwohner leben unterhalb der Armutsgrenze. Das heißt: Ihr Einkommen lag unter 721 Euro im Monat. Besonders viele Arme leben der Statistik nach in Dortmund. Noch dramatischer ist die Situation in weiten Teilen Ostdeutschlands.

Jeder siebte NRW-Bürger ist arm. 14,5 Prozent der Bevölkerung oder 2,6 Millionen Einwohner lebten 2007 mit einem Einkommen unterhalb der Armutsgrenze, wie das Statistische Landesamt am Montag in Düsseldorf mitteilte.

Als einkommensarm gelten gemäß EU-Definition Personen, die über weniger als 60 Prozent des mittleren Einkommens verfügen. In NRW liegt dieses Durchschnittseinkommen bei 1200 Euro netto pro Person im Monat. Die Armutsschwelle liegt demnach bei 721 Euro.

Die Armutsgefährdungsquote in Nordrhein-Westfalen lag im Jahr 2007 etwa auf dem Niveau des bundesdeutschen Durchschnitts von 14,3 Prozent. Vor allem Alleinerziehende (40 Prozent), Zuwanderer (29,1 Prozent) und Menschen mit geringer Qualifizierung (33,8 Prozent) haben ein hohes Armutsrisiko.

Die meisten armen Menschen im Vergleich zum Durchschnittseinkommen in NRW leben in Dortmund und dem östlichen Ruhrgebiet (17,9 Prozent) sowie in der Emscher-Lippe-Region (16,5 Prozent). Die niedrigsten Armutsquoten haben das Münsterland (11,7 Prozent) und der Raum Bonn (12,5 Prozent).

Die Zahlen beruhen auf Ergebnissen des Mikrozensus 2007 für die «Sozialberichterstattung der amtlichen Statistik» der Statistischen Ämter des Bundes und der Länder.

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Ostdeutsche viel stärker betroffen

Allerdings sind Ostdeutsche nach wie vor deutlich stärker von Armut betroffen als Westdeutsche. «Die regionale Betrachtung der Armut führt uns erstmals vor Augen, dass Deutschland nicht nur sozial, sondern auch regional ein tief zerrissenes Land ist», kritisierte Ulrich Schneider, Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Gesamtverbands.

Der Verband legte am Montag in Berlin den ersten regionalen Armutsatlas für die Bundesrepublik vor, der auf Berechnungen des Mikrozensus für das Jahr 2007 basiert, die die Statistischen Ämter des Bundes und der Länder im Rahmen des Projekts «Sozialberichterstattung der amtlichen Statistik» erstmals erstellt haben.

Verödung ganzer Landstriche

20 Jahre nach dem Mauerfall sei Deutschland nicht länger zwei- sondern mindestens dreigeteilt, unterstrich Schneider. «Wenn die ärmste Region eine viermal so hohe Armutsquote aufweist wie die reichste, hat das mit gleichwertigen Lebensverhältnissen nichts mehr zu tun." Er forderte zum schnellen Handeln auf: «Wenn wir nicht sofort und massiv gegensteuern, wird die Verödung ganzer Landstriche nicht mehr aufzuhalten sein.»

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Deutliche Kritik übte Schneider am Konjunkturpaket II der Bundesregierung. Die zehn Milliarden Bundesmittel für Investitionen in Bildung und kommunale Infrastruktur flössen zu einem Drittel in die drei Bundesländer, die mit Abstand die geringsten Armutsquoten aufwiesen. Eine solche Mittelverteilung sei ökonomisch unvernünftig und sozial ungerecht. Maßnahmen wie die Abwrackprämie würden die Spaltung zwischen Arm und Reich noch vergrößern, anstatt sie zu schließen.

In Mecklenburg-Vorpommern jeder Vierte betroffen

Während in Mecklenburg-Vorpommern knapp ein Viertel (24,3 Prozent) und in Sachsen-Anhalt gut ein Fünftel (21,5 Prozent) der Bevölkerung weniger als 60 Prozent des mittleren Einkommens in Deutschland zur Verfügung hat, trifft dies in den südlichen Bundesländern Baden-Württemberg (10 Prozent) und Bayern (11 Prozent) nur auf rund ein Zehntel zu, wie das Statistische Bundesamt am Montag in Wiesbaden mitteilte.

Doch auch in Westdeutschland sind deutliche Unterschiede festzustellen. Nordwestdeutschland liegt mit fast 15 Prozent deutlich über dem süddeutschen Bereich. So sind in Bremen ebenso viele Menschen von Armut betroffen wie in manchen ostdeutschen Regionen (19,1 Prozent), in Niedersachsen sind es immerhin 15,5 Prozent. Insgesamt betrug die Armutsgefährdungsquote in Deutschland im Jahr 2007 14,3 Prozent. Besonders von Armut bedroht sind erwerbslose Personen sowie Alleinerziehende und deren Kinder. (ddp)