Solingen. Eine 16-Jährige hat ein tagelanges Martyrium durchlitten. Sie wurde von einem 28-jährigen Mann auf dem Schulweg gekidnappt und drei Tage lang in seiner Wohnung festgehalten. Der mutmaßliche Täter vergewaltigte das schwangere Mädchen mehrfach. Nur durch Zufall entkam sie ihrem Peiniger.

Eine schwangere 16-Jährige Schülerin ist in Solingen drei Tage lang von einem Mann festgehalten und mehrfach vergewaltigt worden. Sie konnte am Sonntagmorgen fliehen, weil der 28-Jährige in Eile seine Wohnung verlassen und sie nicht richtig gefesselt hatte. Einige Stunden später wurde der Verdächtige bei einer Konfirmationsfeier in einem Restaurant in Hückeswagen festgenommen, wie Polizei und Staatsanwaltschaft am Montag in Wuppertal mitteilten. Der Mann schweigt bislang zu den Vorwürfen.

Der arbeitslose Solinger soll die Jugendliche auf ihrem Schulweg in einem Waldstück hinterrücks überfallen und sie in seine rund 400 Meter entfernte Wohnung verschleppt haben, wie Staatsanwalt Wolf-Tilman Baumert sagte. Nach Aussagen der 16-Jährigen bedrohte er sie mit einem Messer und fesselte sie - dabei habe er eine Jacke über die Fesseln gelegt und eine «liebevolle Umarmung» vorgetäuscht, um keine Aufmerksamkeit zu erregen.

In der Wohnung in seinem Elternhaus soll der als Einzelgänger geltende Mann die 16-Jährige mehrfach vergewaltigt und missbraucht haben, wie Baumert weiter sagte. Zwischenzeitlich habe er sie immer wieder gefesselt. Sie habe auch spezielle Wäsche für ihn anziehen müssen, die man später zusammen mit Fesselungswerkzeugen in seiner Wohnung fand. Auch die Schultasche des Mädchens wurde dort entdeckt. «Die Angaben des Mädchens sind für sich sehr schlüssig und werden durch die Funde in der Wohnung gestützt», sagte Baumert.

Die 16-Jährige hat angegeben, dem 28-Jährigen von ihrer Schwangerschaft erzählt zu haben. Dies habe ihn aber nicht von den Taten abgehalten. Das Opfer wirke derzeit den Umständen entsprechend «gefasst», fügte der Staatsanwalt hinzu. Der Fötus sei durch die Taten nicht geschädigt worden.

16-Jährige war offenbar zufälliges Opfer des Mannes

Der 28-Jährige soll nach Aussage der Schülerin vorgehabt haben haben, sie über längere Zeit als seine «Gespielin» gefangen zu halten. Sie war nach bisherigen Erkenntnissen ein Zufallsopfer des nur einige hundert Meter von ihr entfernt wohnenden Verdächtigen, wie Baumert weiter berichtete. So habe der Mann erzählt, er habe die Tat geplant und dabei eigentlich ein anderes Opfer ins Auge gefasst.

Zur Flucht verhalf der Schülerin dem Staatsanwalt zufolge schließlich ein Zufall: Der 28-Jährige war von einer Verwandten mit einem Taxi zu einer Konfirmationsfeier abgeholt worden und deshalb in Eile. «Er hatte offenbar keine Zeit mehr, das Mädchen zu fesseln.» Daher habe er sie verbal eingeschüchtert und ihr für den Fall eines Fluchtversuches damit gedroht, sie umzubringen. Davon habe sich die 16-Jährige jedoch nicht einschüchtern lassen und sei aus der Wohnung des Mannes geflohen; dieser wurde einige Stunden später festgenommen.

Der Freund und die Mutter der Schülerin hatten am Donnerstag Vermisstenanzeige erstattet, nachdem sie nicht zur Schule gekommen war und am Nachmittag einen Termin verpasst hatte. Die Polizei wehrte sich am Montag gegen den Vorwurf, die Sache zunächst nicht ernst genommen zu haben. Man sei von einer normalen Vermisstensache ausgegangen, habe diese aber durchaus ernst genommen, sagte der Leiter der zuständigen Kriminalpolizeiinspektion, Jörg Unkrig. Am Freitag sei dann eine intensive Fahndung mit Suchhunden und Hubschrauber eingeleitet worden, die aber keine Erkenntnisse gebracht habe.

Die Staatsanwaltschaft hat Haftbefehl wegen des Verdachts der Vergewaltigung in einem besonders schweren Fall sowie der Geiselnahme beantragt. (ap)