Herten. Das Hobby Horsing ist bei Mädchen angesagt. Sie reiten die Tiere aus Holz und Stoff nicht nur, sie leben mit ihnen. Besuch einer Trainingsstunde.
„Das ist Sky“, sagt die kleine Paula und zeigt ihr Hobby Horse. Dann verweist sie auf das Pferdchen ihrer Schwester Mia. „Und das ist Speedy.“ Die beiden Mädchen lieben und leben ein Hobby, das aktuell die junge Damenwelt begeistert. Ganz neu ist es nicht. Nur haben die Steckenpferde von einst heute den hippen Namen „Hobby Horse“ und führen ein echtes Eigenleben. Sie haben nicht nur Namen, werden bei regelmäßigen Trainingsstunden geritten, sie sind sogar Familienmitglieder.
„Es macht uns Spaß. Auch wenn es manchmal anstrengend ist“, erzählt Paula. Aber sie ist ehrgeizig. „Ich will auf Turniere gehen.“ Die gibt es im Sommer häufiger. Jetzt aber steht erst einmal gleich das nächste Training an bei der Pferdesportgemeinschaft Herten. „Willst du mal was sehen?“, fragen die Schwestern und wollen die verbleibende Zeit zum Aufwärmen nutzen.
Und schon laufen sie los, gehen im Kreis unter der Remise und setzen die kleinen Füßchen dabei recht ungewöhnlich auf – immer mit der Spitze zuerst. Das nämlich müsse so sein beim Hobby Horsing. „Das ist wichtig. Das geht so, so und so“, sagt Mia und tippt mit ihren kleinen Füßchen durch den Matsch. „Wir zirkeln jetzt“, erklärt Paula. So heißt es, wenn man im Kreis „reitet“. Nun werden sie schneller. Ob das jetzt Trab ist? „Nein“, lautet die Antwort in etwas vorwurfsvollem Ton. „Das ist doch schon Galopp!“
Hobby-Horsing: Abgeleitet vom „echten“ Reiten
Laura Grande bereitet derweil die Trainingsstunde im Freien vor. Die 16-Jährige ist eine der Trainerinnen, unterrichtet die Jüngeren im Hobby Horsing. Wobei jünger relativ ist. Der Sport spreche nämlich nicht nur die ganz kleinen Mädchen an. „Es sind auch 14-jährige Mädchen in der Gruppe.“ Während das Hobby Horsing hierzulande noch nicht allen Menschen geläufig ist, sei das im skandinavischen Ausland anders, erklärt Laura Grande. „Das kommt aus Finnland und ist dort eine anerkannte Sportart.“ Abgeleitet sei es vom „echten“ Reiten. „Es erfordert Koordination, Kondition und Ausdauer“, erläutert die junge Frau, die einen Parcours vorbereitet – Springen inklusive.
Reiten mit Steckenpferd: Dabei müssen die Mädchen über Hindernisse springen
Für Paula und Mia ist das kein Problem, sagen die beiden, die noch auf den Beginn der Stunde warten. „In der Stunde gestern sind wir über Hindernisse gesprungen, die waren so hoch“, sagt Mia und hält ihre Hand an ihre Hüfte. Und auch wenn die Mama mahnt, nicht zu übertreiben, rückt sie nicht davon ab, dass sie und Speedy das schaffen.
Jetzt ist auch Laura Grande soweit. Das Training kann beginnen. Erst, erklärt sie, machen sich Mädchen und Pferdchen warm, dann gehe es ans Springen und später stehe auch noch Dressurreiten auf dem Programm. „Man denkt, ich hab einen Stock zwischen den Beinen und laufe los. Aber so einfach ist es nicht. Man muss anders laufen, das ist sehr anstrengend. Man muss sich den Parcours merken und die Figuren. Das ist auf jeder Ebene anspruchsvoll.“
Hobby Horsing: So lernt man es – hoch zu Steckenpferd
Die Mädels nehmen Aufstellung. Eine junge Dame hüpft dabei auf einem Bein und tritt mit dem freien immer nach hinten aus. „Das sind die Pferde, die treten schon mal aus“, erklärt Anke Lichtenfeld, die Mutter von Yvi, die auf Steckenpferd „Casey“ teilnimmt. Die Mama ist mittlerweile Fachfrau in Sachen Hobby Horsing. „Die Pferdchen haben schon Charakter“, erklärt sie. Das Besondere und für Außenstehende mitunter Sonderliche: „Die Kinder leben ihr Hobby. Die Pferde werden gefüttert, haben oft eigene Boxen, in denen sie stehen, wenn sie zu Hause sind. Und sie gehen ausreiten. Wenn wir mit dem Hund gehen, geht meine Tochter mit dem Pferd mit. Unterwegs wird sie öfter angesprochen von anderen Mädchen. Die fragen sie dann, wie ihr Pferd heißt – aber ganz ernst.“ Weil so viele Jungmädchen-Herzen für dieses Hobby schlagen.
Natürlich könne man die Steckenpferde kaufen. Schöner sehen sie jedoch aus, wenn sie selbstgenäht seien. Anke Lichtenfeld und Yvi haben „Casey“ bei einer Arbeitskollegin in Auftrag gegeben. So konnte das Mädchen seine Wunschvorstellungen einbringen. „Sie durfte zum Beispiel sagen, wie lang die Mähne sein soll. Dieses Pferd gibt es so nie wieder.“ Damit sei es aber nicht genug. Es gebe jede Menge Zubehör, von der Abschwitzdecke, weil die Tiere bei der intensiven Bewegung natürlich ins Schwitzen geraten, bis hin zur Trense.
„Die innere Hand hält den Zügel, die äußere den Stock“, erinnert die Trainerin. Dann, endlich, dürfen sie springen. Laura Grande legt die Stange auf die niedrigste Stufe. Alle Mädchen springen souverän darüber. „Ich glaube, das war zu einfach.“ Nun liegt die Stange höher. Und gleich reißt eines der Mädchen sie herunter. „Die Beine immer schön anziehen.“ Und so wachsen die Kinder an ihren Herausforderungen, „reiten“ sogar Choreografien, bevor es nach einer kleinen „Halbzeitpause“ an die Dressur geht.
Hobby Horsing: Die Pferde-Mädchen reiten aus
„Abteilung im Arbeitstempo Galopp!“ Die Mädchen laufen rasch los – und machen nach nur einer Runde schlapp. Mittlerweile spürt man deutlich, wie anstrengend das Hobby Horsing für die Mädchen ist. Ihnen schwindet auch ein bisschen die Lust. „Können wir nicht ausreiten?“ Dafür jedoch reicht die Zeit nicht mehr. Ab und an aber, erzählt Laura Grande, machen sie das. Dann ziehen die Mädchen los und „reiten“ auf ihren Steckenpferden in den Wald. „Denn eigentlich ist hier alles genauso, wie mit richtigen Pferden.“
Wo kann man Hobby Horsing lernen?
- Hobby Horsing kann man im Ruhrgebiet an einigen Orten erlernen. Eine erste Übersicht bietet diese Seite, darunter sind Vereine in Herne und Hattingen, Sprockhövel und Hemer: https://hobby-horsing-germany.de/vereine-und-clubs-2024/
- Die Pferdesportgemeinschaft Herten, Feldstraße 320, bietet samstags ab 13 Uhr offene Trainingsstunden an. Bedeutet: Wer da ist, kann mitmachen. Bezahlt wird vor Ort. Eine Stunde kostet 3 Euro. Eine Zehnerkarte kostet 25 Euro. Mehr Info: https://www.psgherten.de/reiten-und-mehr/hobbyhorsing/
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