Dortmund. Wie viel sind die Münzen wert? Wie finde ich einen seriösen Händler? Experten erklären, wie man einen Überblick über den Wert bekommt.

Was tun mit der geerbten Münzsammlung? Vor allem, wenn man selbst keine Ahnung hat von ihrem Wert. Das richtige Vorgehen erklärt Heiner Deutmann, Vorsitzender der Münzfreunde Dortmund. Für das dortige Museum für Kunst und Kulturgeschichte hat er jahrzehntelang die Münzsammlung betreut.

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Wie bekommt man einen ersten Eindruck vom Wert der Münzen?

„Da ist kein Schrott bei“, sagt die Dame, die mit ihrer Tante und deren geerbter Sammlung zum Stammtisch der Münzfreunde Dortmund gekommen ist. Zwei Päckchen gehen herum. Heiner Deutmann bekommt ein Album in die Hand mit Pfennig- und Markstücken. „Und hier ist ein Schweizer Franken. Es ist ein Sammelsurium. Da ist alles Mögliche aus dem Urlaub mitgebracht worden.“ Dies ist das erste Kriterium, nach dem Experten eine Sammlung bewerten: Gibt es eine Struktur?

Nach einer Struktur sollten auch Erben zunächst suchen, empfiehlt Deutmann, denn sie ist ein Zeichen dafür, dass die verstorbene Sammlerin oder der Sammler wusste, was er tat: „Gibt es ein Thema, eine Währung, eine Region? Ist man in eine bestimmte Zeit gegangen, die Antike zum Beispiel? Welche Materialien gibt es? Es gibt ja Leute, die sammeln exotische Münzen aus Zink, Porzellan oder gepresstem Kohlestaub.“ All dies sind Hinweise, dass sich hier Werte verbergen könnten.

Im Falle der zwei Damen ist nicht auszuschließen, dass eines der Fünfzig-Pfennig-Stücke selten und damit teuer ist. Das müssten sie selbst per Abgleich mit Jahreszahl und Zusatzinfo aus der Prägung im Internet prüfen. Stichproben, das ist der zweite Tipp von Deutmann. Die Münzfreunde empfehlen dafür den Online-Marktplatz ma-shops.de oder die Auktionsplattform sixbid.com. Man muss bedenken: Die Preise, die hier aufgerufen werden, können bei Privatverkäufen in der Regel nicht erzielt werden. Von „Kleinanzeigen“, wo viele Amateure und einige Abzocker unterwegs seien, raten die Sammler am Tisch ab.

Am einfachsten funktioniert die Stichprobe wahrscheinlich per App. Anhand von zwei Fotos erkennen CoinSnap, CoinID, CoinIn oder Maktun zum Beispiel viele Münzen und liefern gleich eine Werteinschätzung dazu. Den zwei Damen will Deutmann nicht die Hoffnung nehmen, aber ... es fehlt eben die Struktur.

Wo findet man seriöse Beratung?

„Natürlich wollen Händler verdienen, das ist klar“, sagt Deutmann. Sein Rat ist, zu schauen, ob der Händler Mitglied ist im Verband der deutschen Münzenhändler oder im Berufsverband des Deutschen Münzenfachhandels. Das wäre ein Indiz für Seriosität. Die größeren Häuser sind zudem Mitglied eines internationalen Verbandes. Der Blick auf die Online-Bewertungen zeigt zudem, wie Kunden den Service wahrnehmen. In jedem Fall kann man sich ein Angebot des lokalen Münzhändlers einholen – es verpflichtet nicht zum Verkauf.

Ein sicherer, möglicherweise aber kostenpflichtiger Weg zur Wertermittlung ist ein „öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger“. Es gibt nur etwa ein Dutzend in ganz Deutschland, die IHK führt sie in einer Liste. Hans-Jürgen Kühnen ist der einzige in der Region Rhein-Ruhr und arbeitet auch für die Münzhandlung Ritter in Düsseldorf: „Der häufigste Weg ist der, dass ich mir anhöre, was die Kunden zur Sammlung sagen können. Dann lasse ich mir Fotos und gegebenenfalls Listen schicken.“ Der erste Blick ist in der Regel kostenlos. Wenn die Sammlung nur Nominal- oder Materialwert hat, würde Ritter das dem Kunden mündlich mitteilen. Erst wenn ein detaillierteres Gutachten gewünscht wird, zum Beispiel für ein Testament, würde Ritter mit dem Kunden einen Preis abstimmen.

Private Sammler kann man an den Ständen von Vereinen bei Messen oder Tauschtreffen ansprechen. Eine Terminübersicht findet man hier. Aber Messen können auch schnell unübersichtlich werden. Besser sei es, lokale Vereine oder Stammtische wie die Münzfreunde Dortmund zu kontaktieren. Die größeren sind in der Deutschen Numismatischen Gesellschaft organisiert, hier das Verzeichnis. Auch die beiden Damen hatten sich zuvor angemeldet.

Wann ist das Umtauschen bei der Bundesbank eine Option? Wann macht der Gang zur Scheideanstalt Sinn?

Heiner Deutmann hat nun einen Maria-Theresien-Taler in der Hand, den die Damen mitgebracht haben, eine österreichische Silbermünze. „Er sieht alt aus, ist aber wahrscheinlich eine Nachprägung. Die Patina ist zu gelackt, die Oberfläche müsste sich leicht körnig anfühlen.“ Fazit: „Die Illusion, dass man einen Knaller dabei hat, ist meist unberechtigt.“

Was bleibt den Damen? In der geerbten Sammlung stecken etliche 10-Mark-Gedenkmünzen und Medaillen ohne Nominalwert, aber mit Silbergehalt. Solche Silbermünzen von der Olympiade 1972 in München oder in Gedenken an Persönlichkeiten wie Johann Sebastian Bach dürften sich in den meisten Nachlässen finden. „Massenware“, nennt sie Deutmann. „Oft haben die großen Münzhandelshäuser wertloses Zeug ausgegeben.“

Man kann Mark bei der Bundesbank ohne Termin in Euro umtauschen zum festen Kurs. Standorte gibt es in Dortmund, Düsseldorf, Köln und Bielefeld. Für eine 10-Mark-Münze würde man 5,11 Euro bekommen. Da die üblichen Gedenkmünzen jedoch Silber enthalten, lohnt der Blick auf den aktuellen Kurs für Silber. Eine 5-DM-Münze hatte einen Silbergehalt von sieben Gramm. Die 10-Mark-Gedenkmünzen von 1970 bis 1997 hatten einen Silbergehalt von 62,5 Prozent, was 9,69 Gramm entspricht. Zwischen 1998 und 2001 wurde Sterlingsilber (92,5Prozent) eingesetzt, was 14,34 Gramm entspricht. Am Schalter einer Scheideanstalt bekommt man derzeit 6,57 Euro für eine Silber-Münze der Olympischen Spiele 1972 (Stand Ende April 2024). Fünf-DM-Münzen vor 1979 erzielen sogar 4,75 Euro. Derzeit lohnt also die Scheideanstalt.

Nehmen wir an, die Münzen sind dreckig, soll ich sie in Essig oder mit Nagellackentferner reinigen?

„Nein, am besten so lassen“, rät Deutmann. Die Patina ist zum Teil sogar gewünscht. Blitzeblank wären bestimmte Münzen weniger wert.