Mülheim. Der Mülheimer Double-Agent Jochen Florstedt braucht eine gute Doppelgängerin. Warum er damit eigentlich „nichts Besonderes“ verlangt.

Es ist jetzt wirklich „ganz dringend“, in Mülheim suchen sie Prinzessin Meghan! Oder wenigstens: jemanden, der so aussieht. Nun ist die echte nicht wirklich eine Prinzessin, bloß Herzogin, aber die Bewerberinnen sind eben auch nicht wirklich Meghan, sondern bislang bloß Sarah oder Olivia. Und, sagt Jochen Florstedt einigermaßen verzweifelt: „Die kannste nicht gebrauchen.“

„Angela Merkel“ zu Gast auf der Oligarchenparty

Meghan wird aber gebraucht auf dem Markt, seit sie im vergangenen Jahr Prinz Harry geheiratet hat und eigentlich auch schon vorher. So wie manchmal die Queen gebraucht wird, um irgendwo einen Teeladen zu eröffnen. Oder Chuck Norris für eine handfeste Prügelei (s. Text unten). Oder Angela Merkel für politische Termine (oder einmal auch für eine russische Oligarchenparty). Obama wird auch gebucht, gern für Werbung, Trump indes fällt als Werbefaktor aus. Jochen Florstedt aus Mülheim hat sie alle in seiner Doppelgänger-Agentur. Na ja, fast alle.

Seine Camilla „ist ganz gut“, ihr Charles „grauenvoll, den kannst du nicht vermitteln“, und seine Kate heißt Heidi. Er hat auch ein paar Harrys in der Kartei, rothaarige junge Engländer mit Bart sowieso sonst ein paar Ähnlichkeiten, auch ein deutsches Exemplar. Dem würde Florstedt gern eine gute Meghan „besorgen“. Es gibt Bewerbungen, junge Damen, die eine entfernte Ähnlichkeit haben (jedenfalls, wenn man weiß, dass sie an Meghan erinnern sollen). Eine ist darunter, die schrieb: „Jeden Tag kriege ich gesagt, dass ich aussehe wie Meghan.“ Aber Florstedt könnte daran verzweifeln, da kamen Fotos in Bunt und in Schwarz-Weiß, „guck doch mal, ich weiß nicht, wer ihr das gesagt hat“.

Anforderungen an „Meghan“: „Die darf nicht dick sein.“ Und Grübchen muss sie haben

Denn sie hat die Grübchen nicht! „Wenn die keine Grübchen hat, fehlen schon 50 Prozent.“ Die Kulleraugen müsste sie haben, schmaler Kopf, schöner Mund, schlanke Figur natürlich, „die darf nicht dick sein“. Wenn man eine Merkel hat zum Beispiel, „und die ist dünn, da kannste nix mit anfangen“. Und im Gesicht, da ist das Biometrische ganz wichtig, „allerwichtigst“ sogar, Augen, Mund, Nase, das muss schon mal stimmen. Das unterscheidet ein Double vom anderen: „Es gibt mittelgute, gute und ganze peinliche, da muss man aussuchen.“

Nicht erst seit der Hochzeit von Prinz Harry und Meghan Markle sucht die Mülheimer Doppelgänger-Agentur ein brauchbares Double.
Nicht erst seit der Hochzeit von Prinz Harry und Meghan Markle sucht die Mülheimer Doppelgänger-Agentur ein brauchbares Double. © dpa | BEN STANSALL

Nur ist es ja so, sagt Jochen Florstedt: Eigentlich sei diese Meghan beliebig. Hat nichts Ungewöhnliches. „Seien wir realistisch. Eine schöne Frau, aber, pfff, nichts Besonderes. Eigentlich gibt’s Tausende davon.“ Eine Maria Furtwängler, ja, „da weißt du sofort, wer das ist“, aber Meghan. „Geh mal in eine Disco, selbst in Düsseldorf, die fällt gar nicht auf, die ist eine von 20 schönen Frauen.“ In einem nächsten Satz sind es gar 50. Florstedt, 69, meint das nicht so chauvinistisch, wie es klingt. Zumal: „Es gibt wenig Originale, die man sofort erkennt.“

Daniel Craig alias James Bond sollte keine Lusche sein

Unzufrieden blättert der ehemalige Werbemann in der Kartei. „Sieht hübsch aus, aber die isset nich’.“ Hier, „die Augen, völlig andere Augen“. Eine andere „könnte die Schwester sein, aber das ist es auch noch nicht“. Wenn man wollte, für die Eröffnung eines Einkaufszentrums vielleicht, „man könnte sie inszenieren mit so ‘nem Harry“, aber davon müsste er auch mal einen Deutschen haben. Licht, Schminke, Seitenansicht, allerdings: „Man kann sie ja nicht immer nur von der Seite angucken.“ Aber „na ja, dann isset eben Meghan, aber nur, wenn beide zusammen rumrennen“.

Apropos rennen, was müsste eine Meghan denn können? „Die muss so süß aussehen“, sagt Florstedt, mehr eigentlich nicht. „Die echte Meghan braucht auch nix richtig zu können, nur rumstehen, Kinder streicheln und so.“ Etwas Englisch könnte nicht schaden, elegante Bewegung vielleicht, „es wäre Quatsch, wenn sie wie eine Ente durch die Gegend liefe“. Singen muss sie nicht („ein Sänger muss wenigstens Playback können“). Ein Double, findet Florstedt, „ist immer angehalten, sich so zu verhalten wie das Original. Wenn Daniel Craig ‘ne Lusche ist, kannste nichts damit anfangen.“

Eine Bewerberin aus der Meghan-Mappe von Jochen Florstedt.
Eine Bewerberin aus der Meghan-Mappe von Jochen Florstedt. © Handout | Handout

Kleider müsste „Meghan“ selbst mitbringen, aber das läuft ja heutzutage so: Eine Kate, früher eine Diana, neuerdings eine Meghan trägt ein schickes Designerkleid, und am nächsten Tag gibt’s das in Günstig beim Discounter. James Bond, also Daniel Craig, also sein Double aus Essen, hat sich seinen schicken Smoking schließlich auch für 30 Euro gebraucht gekauft. Viel mehr war vielleicht auch nicht drin, reich kann ein Promi im Nebenjob mit seiner Gage nicht werden.

Liza Minelli ist gut gebucht, die „Blues Brothers“ gehen immer

Schon weil es nicht Hunderte Aufträge gibt im Jahr: Davon leben könnte auch Florstedt nicht. Es braucht eine Idee, eine kreative Agentur, eine Firma mit dem nötigen Geld. Und eben einen guten Doppelgänger. „Die Monroe oder die Blues Brothers kannst du immer irgendwie einsetzen“, Florstedt hat selbst einst als ein „Blues-Bruder“ angefangen. Auf seiner Internetseite sucht er auch Politiker, „die hätte ich schon gern, die ganzen, die jetzt so wichtig sind“: Die Grünen Habeck und Baerbock hat er noch nicht, auch keinen Spahn, Merz oder Macron. Wobei: „Wer will denn Olaf Scholz schon doubeln?“ Und ein Lindner, „was soll der denn machen, rumstehen und Mist erzählen“? Aber erstmal haben, „es kommt nicht darauf an, ob man den dann braucht“.

Sein Heiner Lauterbach, „ein astreiner Typ“, hatte noch keinen einzigen Job, dagegen Liza Minelli, „die wird immer wieder gebucht“. Cher und „Roland Kaiser laufen auch noch irgendwie rum“. Jack Nicholson und Sean Connery sind allerdings in Rente. „Heino Ferch hätte ich so gerne, das ist ein Knallertyp.“ Es gibt einen in Florstedts Datenbank, wie es ja auch Meghans gibt und Harrys, aber wirklich ähnlich ist anders.

Selbstläufer in Florstedts Kartei: Ursula Wanecki alias Angela Merkel wird bis heute gut gebucht.
Selbstläufer in Florstedts Kartei: Ursula Wanecki alias Angela Merkel wird bis heute gut gebucht. © picture alliance/dpa/Dieter Menne | -

Heiner Lauterbach ist arbeitslos, Paris Hilton täuschend echt

Ein Jochen Florstedt ist anspruchsvoll. Weltweit, sagt er, gebe es etwa 1000 gute Doubles, 400 davon in Europa, von 100 deutschen habe er 85 exklusiv in seiner Kartei. Und er nimmt nicht jeden. „Bei 100 Angeboten kannste 90 vergessen. Ich will nur die Besten haben. Punkt, aus.“

Es gibt einen Jürgen Klopp, „der ist der Klopper“ (auch wenn er sich die Zähne noch nicht hat machen lassen). Und eine Paris Hilton, der die echte einst staunend gegenüberstand: „Du bist meine Schwester!“ Gerade solche Sternchen aber können auch verblassen. „Bei Doubles gibt es eine gewisse Zeitphase“, sagt Florstedt aus Erfahrung. Manchmal gibt es Doppelgänger, die mit den Originalen mitwachsen, also alt werden. Meist aber muss der Agent irgendwann sagen: „War ‘ne schöne Zeit, aber jetzt siehst du einfach nicht mehr so aus.“

Jochen Florstedt sucht mal wieder. Diesmal nach einer Doppelgängerin für Prinzessin Meghan.
Jochen Florstedt sucht mal wieder. Diesmal nach einer Doppelgängerin für Prinzessin Meghan. © FUNKE Foto Services | André Hirtz

Andere Originale sterben und bleiben trotzdem im Geschäft. Sinatra, die Monroe, Audrey Hepburn, Andy Warhol… Es kann aber auch sein, dass sich ein Promi überlebt. Prinzengattin Sarah Ferguson etwa hat die königliche Familie irgendwann wieder abgelegt. Wer weiß, das könnte Meghan auch passieren. Dann braucht die Welt auch keine Zweitausgabe mehr.

>>CHUCK NORRIS ODER NICHT? EIN GESPRÄCH MIT SEINEM DOPPELGÄNGER

Aus Essen: Jürgen Klaar ist das Double des US-amerikanischen Kampfkünstlers und Action-Schauspielers Chuck Norris.
Aus Essen: Jürgen Klaar ist das Double des US-amerikanischen Kampfkünstlers und Action-Schauspielers Chuck Norris. © FUNKE Foto Services | André Hirtz

Chuck Norris ist Gabelstapler-Fahrer aus Essen, zweifacher Vater und 59 Jahre alt. Eigentlich heißt er Jürgen Klaar. Ein Gespräch, zu dem auch James Bond eigentlich kommen sollte. Aber Daniel Craig aus Voerde hat einen Krankenschein.

Huch, Sie sehen ja wirklich so aus wie Chuck Norris. War das immer so?

Klaar: Das war so mit 25, da sagte mir zum ersten Mal jemand: Du siehst aus wie… Ich kannte den gar nicht. Ich habe mir dann einen Bart wachsen lassen, da habe ich selbst gedacht: Jau! 2003 hat ein TV-Sender Deutschlands beste Doppelgänger gesucht. Seitdem bin ich dabei.

Werden Sie ernsthaft verwechselt?

Am Zoll lachen die immer. In Spanien hat man mich sogar als Original verkauft. Im Türkeiurlaub wollte ein Strandwächter mal unbedingt ein Foto mit mir machen. Dafür hat er mir jeden Tag drei Liegestühle reserviert.

Müssen Sie sich verkleiden, um Chuck Norris zu sein?

Ich habe immer schon gern Jeans und Jeanshemden getragen. Die schwarzen Stiefel müssen sein, am besten abgelatscht. Und der Hut.

Nehmen Sie den mal ab? Oh, sieht immer noch so aus wie Chuck Norris. Und die Muskeln haben Sie auch.

Klar, ich mache sowieso Fitnesstraining.

Bald 85: Der echte  Chuck Norris 2018 in Australien.
Bald 85: Der echte Chuck Norris 2018 in Australien. © dpa | Christopher Khoury

Aber Sie sind beide älter geworden.

Der Bart ist grauer. Passt auch.

Wo sind Sie zuletzt aufgetreten?

Auf der Fitnessmesse Fibo in Köln. Mit dem Double von Vin Diesel musste ich Energieriegel in die Menge werfen. Und kämpfen gegen Bruce Lee.

Wer hat gewonnen?

Bruce Lee natürlich, wie im Original. Der hat mir in den 70ern ja das Bein gebrochen.

Haben Sie den echten Chuck mal getroffen?

Leider nein. Ich fand den ja früher schon cool. Ich wäre auf seine Reaktion gespannt.

Stört es, dass die Leute über Chuck Norris Witze machen? Eben erst wieder einen gehört: Wie viele Liegestütze schafft Chuck Norris? Alle!

Nein, gar nicht. Es bezieht sich ja bei Chuck Norris inzwischen alles auf Humor, es geht ja gar nicht mehr um die Kampfszenen. (lacht heiser) Wie trinkt Chuck Norris aus dem Wasserhahn? Natürlich auf ex!