Essen. Erstmals sind Medizinische Fachangestellte für mehr Lohn auf die Straße gegangen. Auch in NRW waren viele Praxen vom Streik betroffen. Er hatte Erfolg.
Sie kümmern sich um Terminvergaben oder unterstützen bei Untersuchungen: Medizinische Fachangestellte - früher Arzthelferinnen - sind für Arztpraxen unerlässlich. Doch sie sind unzufrieden und haben am Donnerstag erstmals für mehr Lohn gestreikt. Praxen hatten früh vor drohenden Einschränkungen und längeren Wartezeiten gewarnt. Nun zeigt sich: Der Streik hatte Erfolg.
Am Donnerstag haben sich die Gewerkschaft, der Verband medizinischer Fachberufe, und die Arbeitgeberseite auf einen Tarifabschluss geeinigt. Inhalte sind bislang nicht bekannt. Das teilte der Berufsverband mit. Das Ergebnis solle erst am 16. Februar öffentlich gemacht werden.
Zentrale NRW-Kundgebung in Dortmund
Zu dem bundesweiten Protest hatte der Verband medizinischer Fachberufe erstmals in seiner Geschichte deutschlandweit rund 330.000 Fachangestellte aufgerufen. Laut Berufsverband haben allein rund 200 Beschäftigte in Berlin vor der Bundesärztekammer protestiert. Die zentrale NRW-Kundgebung fand in Dortmund statt.
Verbandschefin Hannelore König war zufrieden mit den Warnstreik: Medizinische Fachangestellte - früher Arzthelferinnen - seien keine Lokführer. „Die Problematik ist um einiges komplizierter und liegt zu einem wichtigen Teil im System der Finanzierung des Gesundheitswesens.“ Ein Zeil sei erreicht: Es werde öffentlich über die Gehalts- und Arbeitssituation der Beschäftigten gesprochen. „Dieser Druck scheint nicht ohne Auswirkung auf unsere Verhandlungen geblieben zu sein“, so König.
Weniger als 2800 Euro im Monat: „Kein eigenständiges Leben möglich“
Die Fachkräfte hatten gefordert, dass ihre Gehälter an die aktuellen Kostenentwicklungen angepasst werden. „Wir haben unsere Bedürfnisse immer in den Hintergrund gestellt und zuerst an andere gedacht“, hatte Cindy Schüren, Landesvorsitzende des Berufsverbandes medizinischer Fachberufe, im Vorfeld des Streiks gesagt. „Jetzt ist es an der Zeit, auch an uns zu denken, laut zu werden und gemeinsam für bessere Gehälter zu kämpfen. Wir kämpfen auch darum, dass unser Beruf nicht ausstirbt.“ Mit durchschnittlich 2.778 Euro Vollzeit-Bruttoentgelt sei ein eigenständiges Leben nicht möglich, so der Berufsverband.
Konkret forderten die Medizinischen Fachangestellten für Berufsanfängerinnen und Berufsanfänger einen Bruttostundenlohn von 16,50 Euro. Damit sollen sie mit einjährig ausgebildeten Pflegekräften gleichziehen. Für die erfahrenen und weitergebildeten MFA sind Gehälter gefordert, „die die übertragene Verantwortung und die erworbenen Qualifikationen widerspiegeln“, wie es aus dem Verband hieß. Die Arbeitgeberseite hat ein Gesamtpaket von 5,5 Prozent Lohnerhöhung angeboten.
Der Streik wurde auch von Hausärzten unterstützt. Monika Baaken, Sprecherin des Hausärzteverbands Nordrhein, sagte, dass die MFA, die man früher despektierlich „Sprechstundenhilfe“ nannte, ein wichtiger Bestandteil der Praxen und ihre Forderungen nachvollziehbar seien. „Sie organisieren, planen, sind in der Behandlung und sie sind die ersten Ansprechpartner für Patienten, die mit möglichen Viren in die Praxis kommen.“ Die Belastung sei hoch.
Mehr als ein Drittel der Arzthelferinnen überlegt, den Job zu verlassen
Bei einer Umfrage im Sommer vergangenen Jahres erklärte nur ein Drittel der über 3500 teilnehmenden MFA, mit dem Gehalt zufrieden zu sein. 39 Prozent gaben an, in den vergangenen zwölf Monaten mindestens mehrere Male im Monat daran gedacht zu haben, den Beruf zu verlassen.“