Bottrop/Essen. Die gesperrte A42 bei Bottrop ist das Nadelöhr der Region. Was das für die Staulage an den Festtagen und nach den Schulferien bedeutet.
In der Mitte des Ruhrgebiets klafft ein Loch, ein Verkehrsloch. Die A42 bei Bottrop wird wohl bis zum Frühjahr gesperrt bleiben, weil eine Brücke über den Rhein-Herne-Kanal marode ist. Bestenfalls. Der Verkehr und seine Teilnehmer quälen sich jetzt schon: Im Essener Norden und im Bottroper Süden, aber auch auf den Autobahnen, die um dieses Verkehrsloch herumführen. Was bedeutet das für die Festtage und für die Zeit nach den Schulferien?
„Wenn eine Autobahn gesperrt ist, ist es logisch, dass es zu erhöhten Verkehrsaufkommen auf den Ausweichstrecken kommt“, erklärt Till Westermann für den ADAC Westfalen. Betroffen sind großräumig die A40 im Süden, die A2 im Norden und die Nord-Süd-Achsen, von der A3 bei Oberhausen über die A43 in Herne (für Lkw gesperrt) bis zur A45 bei Dortmund. Kleinräumig ist besonders die Bundesstraße 224 in Essen und die Gegend um das RWE-Stadion im Fokus. Auf unserer untenstehenden Grafik können Sie die Umleitungsstrecken sehen, auf denen es vermehrt zu Staus kommen kann.
Den Selbsttest im Essener Norden hat gerade der Kollege Marcus Schymiczek unternommen. Fazit: Am Morgen war die Stausituation moderat, offenbar hatten sich schon viele Pendler auf die Lage eingestellt. 17 Minuten brauchte Marcus, um über die Hafenstraße am RWE-Stadion, die gesperrte Stelle zu umfahren. Am Nachmittag aber gab es kein Entkommen vor der Blechlawine: Fast eine Stunde brauchte er für die gleiche Strecke. Auch mehrere Buslinien verzeichnen nun laut Ruhrbahn Verspätungen von 15 bis 20 Minuten. Die Stadt Essen sucht derweil nach Lösungen, will Ampelschaltungen optimieren, ebenso wie die Umleitungsempfehlungen. Und man will lernen von Lüdenscheid, wo die A45 seit Monaten gesperrt ist. Muss ein Fahrverbot für Lkw her auf den innerstädtischen Umleitungen?
Drei Faktoren, die Weihnachten entlasten
Dies sind die Indizien. Aber was sagen sie über das Weihnachtsfest? Der ADAC gibt leicht Entwarnung: „Die Sperrung wird nicht zu Chaos führen“, erklärt Till Westermann. Je nach Strecke und Startzeit sei es gut möglich, dass Autofahrer, die sich quer durchs Ruhrgebiet bewegen, einige Minuten mehr einplanen müssen. Aber: „Die Berufspendler sind dann nicht mehr unterwegs. Und es ist etwas anderes als die Sperrung der A45 bei Lüdenscheid, weil es dort weniger Ausweichstraßen gibt als im Ruhrgebiet. Die A42 ist auch keine typische Urlaubsstrecke.“ Das sind schon mal drei entlastende Faktoren.
Für die Zeit nach den Schulferien allerdings sieht der ADAC dunkle Wolken aufziehen. „Es kann zu Verkehrschaos führen, wenn mehrere Faktoren zusammenkommen“, sagt Westermann. Die Pendler sind alle aus dem Urlaub zurückgekehrt, die Lokführer bestreiken womöglich wieder die Deutsche Bahn – und dann ist auch noch das Wetter mies. Egal was nun dazukommt, jeder einzelne Punkt kann die Staulage sehr schnell deutlich verschlechtern. Das System ist fragil.
Und die Wahrscheinlichkeit, dass es zu weiteren Baustellen oder gar Sperrungen kommt, steige ebenfalls, erklärt Westermann. Denn der ausweichende Verkehr konzentriert sich anderswo. Besonders wenn nun permanent mehr schwere Laster über andere Brücken donnern, kann das schnell die ohnehin sanierungsbedürftigen Bauwerke schädigen. Ein „Dominoeffekt“ wäre die Folge.
Wird die Deutsche Umwelthilfe wieder aktiv?
Interessant ist natürlich auch die Frage nach den Umweltbelastungen, die durch mehr Staus entstehen. Auch vor dem Hintergrund des Kompromisses mit der Deutschen Umwelthilfe, die Essen und weitere Ruhrgebietsstädte verklagt hatte, weil hier EU-Grenzwerte dauerhaft überschritten wurden. Im Fokus stand vor allem Stickstoffdioxid. „Ob das erhöhte Aufkommen zu einer lokalen Zunahme der NO2-Belastung führt, können wir aber nicht voraussagen“, erklärt ADAC-Sprecher Westermann. „Man müsste beobachten, wie der Verkehr sich verteilt.“ Auch die Deutsche Umwelthilfe ist derzeit nicht in der Lage, dies zu beurteilen.
Allerdings gilt es auch hier zu bedenken: Die Luftbelastung in den letzten Jahren ist generell stetig gesunken, vor allem weil alte Autos aus der „Flotte“ ausscheiden und die neuen viel sauberer sind. Dies ist, neben vielen lokalen Maßnahmen der Städte, der wichtigste Grund, warum zuletzt fast überall in Deutschland die Jahresmittel für Stickstoffdioxid eingehalten wurden – außer an zwei Punkten in München und in Essen, nahe der A40. Ob sich dort die Lage wieder verschlechtert oder ob zum Beispiel die B224 – immer eine neuralgische Stelle – wieder über die Schwelle springt, ist wie gesagt noch nicht abzuschätzen.