Bochum. „Wenn Cirque du Soleil anfragt, sag’ ich nicht nein“, antwortet Leon Pufahl, gefragt nach Zukunftsplänen. In Bochum begann die Zirkus-Karriere.
Mit der Biologie hat Leon Pufahl geliebäugelt, einer wissenschaftlichen Karriere. Doch „so richtig gepackt“ habe ihn die Idee nie. Nach dem Abitur ging er darum erst einmal als Au-Pair in die USA. „Die beste Entscheidung meines Lebens“, sagt er heute. Denn dort packte ihn eine Leidenschaft, von der er nun definitiv weiß, dass er sie zu seinem Leben, seinem Beruf machen will: die Luftakrobatik. Vor wenigen Wochen hat der heute 21-Jährige aus Bergkamen sein Studium an der ESAC begonnen, einer der weltweit renommiertesten Zirkusschulen. In drei Jahren wird er dort seinen Bachelor machen. „Ohne das Bochumer Open Space“, sagt er, „wäre das nichts geworden.“
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Auf der Suche nach einem sportlichen Ausgleich während seines zweijährigen Amerika-Aufenthalts landete der frühere Schwimmer an der „Trapeze School New York“, lernte dort die Strapaten kennen: eine Requisite der Luftakrobatik, ein Band mit zwei Schlaufen an den Enden und einem dicken Karabinerhaken in der Mitte, an der es aufgehängt wird. Arme oder Beine hängt der Artist in die Schlaufen, wickelt seinen Körper, sozusagen am seidenen Faden hängend, in immer neue akrobatische Figuren. Als Pufahl die USA verließ, sagten ihm seine Trainer: „Du hast Potenzial, mach was draus.“ Ihm selbst war da lange klar, dass er nicht Biologie-Professor werden wollte. „Ich wusste, ich will Zirkus machen, Neuen Zirkus. Ich wusste nur nicht, wie ich es anfangen sollte. Nirgendwo in Deutschland fand ich eine geeignete Trainingsstätte.“
Zirkusschule in Brüssel: 130 Bewerbungen, 16 wurden angenommen
Eine ehemalige Urbanatix-Trainerin erzählte ihm vom Open-Space, er fragte an, ob er mal vorbeischauen dürfte – und „blieb hängen“: Fast täglich hat er seither in Bochum trainiert, „sechsmal die Woche vier bis fünf Stunden“. 90 Minuten saß er dafür auf der Hin- und ebenso lange auf der Rückfahrt im Zug. „Ich war so froh, dass ich endlich einen Ort gefunden hatte, wo ich üben, mich weiter entwickeln konnte“, erzählt der junge Artist. Andere Strapatenkünstler gab es im Open Space nicht. „Aber das war nicht schlimm. Auch von einem Breakdancer, der sagt, probier doch mal dies oder das, konnte ich lernen.“
Pufahl schwärmt von der Stimmung im Open Space („nie Stress, immer friedlich“), von einem „einzigartigen Konzept. „Es liegt am Raum“, meint er. „Man kommt hier hin und ist sofort eingebunden.“ In Bochum, sagt er, habe er schließlich den Mut gefunden, sich für das Studium an der ESAC zu bewerben. Er war einer der 16 von insgesamt 130 Bewerbern und Bewerberinnen, die angenommen wurden, eine Woche lang dauerte die Aufnahmeprüfung in Brüssel. Im Oktober hat das erstes Semester begonnen, von „Anatomie“ bis „Bühnenauftritt“ ist der Stundenplan proppenvoll. Den ersten Auftritt, „nachts im Museum“ hat der junge Artist auch schon hinter sich. „Ich könnte nicht glücklicher sein“, sagt er. Was er mit einem Bachelor der „Circus Arts“ einmal anfangen will? „Hauptsache Auftreten“, entgegnet Leon Pufahl. „Und wenn der Cirque du Soleil anfragt, sag ich nicht nein.“