Mülheim. Laura aus Mülheim ist trans und CDU-Politikerin. Warum das neue Selbstbestimmungsgesetz für sie ein Schritt in die richtige Richtung ist.

Männlich, weiblich, divers. In Zukunft kann jeder selbst entscheiden, welches Geschlecht und welcher Vorname im Pass stehen: Der Bundestag hat das neue Selbstbestimmungsgesetz beschlossen. Es soll die Änderung des Geschlechtseintrags und des Vornamens für trans und nicht-binäre Menschen erleichtern.

Eine einfache Erklärung beim Standesamt reicht nun aus, um Geschlechtseintrag oder Vornamen zu ändern. Bisher mussten sie sich Betroffene dafür zwei psychiatrischen Begutachten unterziehen. Entscheiden musste dann ein Gericht. Festgeschrieben waren diese Regelungen im Transsexuellengesetz, das 1981 in Kraft trat – und vom Bundesverfassungsgericht für verfassungswidrig befunden wurde. Doch auch das neue Selbstbestimmungsgesetz ist nicht unumstritten.

Wir haben vier Betroffene aus dem Ruhrgebiet gefragt, wie sie das Gesetz finden. Laura Patricia Kasprowski (23) aus Mülheim ist bei der CDU. Warum das Selbstbestimmungsgesetz für sie ein Schritt in die richtige Richtung ist, lesen Sie hier:

„Die Hölle, durch die man als trans Person geht, ist kaum zu beschreiben. Auf dem Christopher Street Day in Mülheim wurde ich zum Beispiel mal angespuckt. Man muss lernen, mit solchen Abfälligkeiten zurechtzukommen. Auch in meiner Rolle als Politikerin kommt mir sehr viel Hass entgegen. Den einen bin ich als Mitglied der CDU zu konservativ. Den anderen zu fortschrittlich. ,Du entnebelst die Biologie‘: Solche Vorwürfe muss ich mir ständig anhören.

Das Selbstbestimmungsgesetz ist von daher ein Schritt in die richtige Richtung. Die Namensänderung wird kostengünstiger. Auch der Staat kann so Geld sparen. Und was man nicht vergessen darf: Das alte Transsexuellengesetz wurde mehrfach als verfassungswidrig eingestuft.

Mülheimerin: „Das geplante Selbstbestimmungsgesetz ist ein Fortschritt“

Das Selbstbestimmungsgesetz ist vor allem ein Fortschritt, weil die stigmatisierenden Gutachten wegfallen sollen. Für meine Hormonersatztherapie musste ich schon sehr viele, sehr intime Fragen beantworten. Das wollte ich nicht nochmal über mich ergehen lassen. Deshalb steht in meinem Pass bis heute der männliche Name, der mir bei der Geburt gegeben wurde. Ich habe auf das Selbstbestimmungsgesetz gewartet.

Laura Patricia Kasprowski aus Mülheim ist bei der CDU.
Laura Patricia Kasprowski aus Mülheim ist bei der CDU. © Unbekannt | Laura Patricia Kasprowski

Das Problem: Es soll erst im November 2024 in Kraft treten. So lange kann ich nicht mehr warten. Das ist aber nicht das Einzige, das mich am Gesetz stört. Ich hätte mir zum Beispiel gewünscht, dass man den Namen und den Geschlechtseintrag nicht jedes Jahr, sondern nur alle fünf Jahre ändern kann.

So hätte man den Menschen auch die Bedenken nehmen können, dass nun jeder immer wieder sein Geschlecht wechseln. Nachbesserungsbedarf sehe ich auch bei der Regelung für Minderjährige. Stand jetzt dürfen Jugendliche ab 14 nur ihren Namen und Geschlechtseintrag ändern, wenn die Eltern zugestimmt haben. Tun sie das nicht, kann ein Familiengericht eingesetzt werden.

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Damit es nicht so weit kommen muss, hätte ich mir eine verpflichtende Beratung, auch als eine Art der Mediation, gewünscht. Generell habe ich das Gefühl, dass in dieser extrem kontroversen Debatte gerade viel über uns und nicht mit uns gesprochen wird. Ich verstehe, dass man Bedenken hat. Aber es wird doch niemandem etwas genommen. Es wird lediglich der Weg für eine Gruppe, der sowieso schon schwer ist, minimal erleichtert.“

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