Düsseldorf. Paschmann war einer der ersten Tagesväter in Düsseldorf. Er kämpfte gegen Vorurteile. Warum das Misstrauen nachlässt – und der Job ihn jung hält.

Seine Töchter hat er nie gewickelt. Das war damals „Frauensache“, sagt Franz Paschmann. Heute ist das anders. Paschmann ist inzwischen 75 – und wickelt täglich kleine Kinder. „Anfangs war das ungewohnt, mittlerweile gehört es für mich zur Routine.“ Der Düsseldorfer sitzt auf dem grünen Teppichboden inmitten von Spielautos und Bauklötzen. Ein kleines Mädchen hält ihm eine bunte Plastik-Rassel unter die Nase. Paschmann reißt die Augen auf und zieht eine Grimasse. Das Mädchen lacht laut auf.

Franz Paschmann ist Tagesvater „mit großer Freude“. Er betreut neun Kinder im „Flohnest“, mit seinem Team und seiner Frau, die die Großtagespflege einst gründete. Das neue Kita-Jahr hat begonnen, Paschmann gewöhnt gerade zum zwölften Mal die neuen Kinder ein. Über 80 Jungen und Mädchen hat er in seinem Leben betreut. Als seine Frau ihn vor rund elf Jahren fragte, ob er nicht bei ihr mit einsteigen wolle, dachte er sich: „Um Himmels Willen, wie soll ich als Mann denn auf kleine Kinder aufpassen?“

Mit 64 Jahren machte er noch die Ausbildung zum Tagesvater

Die Frage stellten sich zu dieser Zeit wohl viele Männer. Franz Paschmann war einer der ersten männlichen Kindertagespflegepersonen in Düsseldorf. Die Männer habe man „an einer Hand abzählen“ können, sagt er. In seinem Ausbildungsjahrgang war er von 22 Azubis einer von dreien. Und der Einzige von ihnen, der geblieben ist.

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Dabei hatte der gelernte Gastronom gar nicht vor, je mit Kindern zu arbeiten. Doch das Restaurant, das er jahrelang geführt hatte, musste er aufgeben. „Ich fühlte mich zu alt, und auch das Gebäude war in die Jahre gekommen, wurde später sogar abgerissen.“

Die Vorstellung, in Rente zu gehen und nichts mehr zu tun, gefiel ihm aber nicht. Durch seine Frau kam er erstmals in Kontakt der Arbeit mit kleinen Kindern – und merkte, dass ihm der Job liegt. Mit 64 Jahren machte er schließlich noch die Ausbildung zum Tagesvater.

Doppelt so viele Tagesväter in NRW als noch vor zehn Jahren

Mittlerweile ist Franz Paschmann längst nicht mehr allein. Immer mehr Männer werden in NRW zum Tagesvater ausgebildet. Laut Zahlen des Statistischen Landesamtes arbeiteten 2022 rund 670 Tagesväter an Rhein und Ruhr. Zum Vergleich: Zehn Jahre zuvor waren es noch die Hälfte (350). Selbstverständlich sind Männer in der Kindertagespflege nach wie vor Exoten: So wurden Jungen und Mädchen in NRW im letzten Jahr meist von Tagesmüttern (14.680) betreut.

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Franz Paschmann wünscht sich mehr Vernetzung der Tagesväter untereinander, damit sie auch in der Gesellschaft sichtbarer werden. Seitdem er Tagesvater ist, geht er jeden Tag gerne zu Arbeit. Er liebt die Kinder, die Kinder lieben ihn. Bis heute begegnen ihm jedoch einige Menschen mit Misstrauen.

Vorurteile gegenüber Tagesvätern: „Männer vergreifen sich an kleinen Kindern“

Vor allem die Anfänge waren für ihn in der Branche schwierig. „Viele konnten nicht verstehen, wie ein Mann es wagen kann, unbeaufsichtigt kleine Kinder zu wickeln.“ Selbst seine alten Kumpels hielten ihn damals für „bescheuert“.

Einmal, so erinnert sich der Tagesvater, war er mit ein paar Kindern auf dem Spielplatz. „Plötzlich stand eine ältere Dame vor mir und fragte empört, was ich denn da mit den Kindern mache. Als ich ihr meinen Beruf erklärte, schüttelte sie nur den Kopf und rief: ‘Das darf nicht sein. Männer vergreifen sich doch immer an kleinen Kindern’.“

Ein Tageskind sei einmal im Windel-Bereich verletzt gewesen, weil seine Mutter die Windel mit einer falschen Technik gewechselt hatte. Paschmann glaubt, dass die Mutter ihn unterschwellig verdächtigte, bevor eine Ärztin den Befund bestätigte.

Alleinerziehende Mütter entscheiden sich bewusst für Tagesväter

Vorurteile winkt er ab. „Da stehe ich drüber“, sagt Paschmann. Dennoch könne er verstehen, dass einige Eltern Bedenken haben, ihr Kind bei einem Mann abzugeben. „Man liest ja auch oft, dass die meisten Übergriffe auf Kinder größtenteils durch Männer verübt werden.“ Deshalb gehöre ein gewisses Vertrauen der Eltern dazu.

Das erfährt Franz Paschmann heute immer häufiger. „Gerade junge Eltern sind uns Tagesvätern gegenüber offener als die ältere Generation.“ Viele entschieden sich sogar bewusst für eine Großtagespflege, in der ein Mann mitarbeitet. Paschmann: „Vor allem alleinerziehende Mütter haben oft den Wunsch, dass ihre Kinder von einem Mann miterzogen werden.“ Hin und wieder werde er auf der Straße immer noch schief angeschaut. Einige glaubten, er unterstütze nur seine Frau bei der Arbeit. Auch darauf antwortet der Tagesvater nur mit einem milden Lächeln.

Tagesvater: „Die Ehrlichkeit der Kinder fasziniert mich“

Heute arbeitet er – zwar immer noch jeden Tag – aber nur noch ein paar Stunden in der Einrichtung. Wegen seines fortgeschrittenen Alters lässt er sich als Tagesvater jedes Jahr ärztlich untersuchen und macht Fortbildungen. Wie lange er den Job noch ausüben wird? „Die Kinder halten mich jung,“, sagt Paschmann. Durch sie habe sich sein Leben „radikal“ verändert.

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Am meisten fasziniert ihn ihre Ehrlichkeit, die er im Gastro-Job so nicht erfahren habe. „Die Arbeit mit den Kindern war wie Urlaub für mich, auch wenn es oft stressig ist.“ Zudem sei er von ihnen niemals verurteilt worden, im Gegenteil: Viele laufen oft sofort zu ihm, wenn sie morgens kommen. Paschmann: „Ich habe wohl den Opa-Bonus.“

Wie wird man Tagesvater?

Seit dem 1. August 2022 brauchen Kindertagespflegepersonen für ihre Qualifizierung 300 Unterrichtseinheiten aus dem Qualifizierungshandbuch Kindertagespflege (QHB). Bereits ausgebildete pädagogische Fachkräfte, etwa Erzieher, benötigen nur 80 Einheiten.

Die Qualifizierung zum Tagesvater können nur Menschen beginnen, die volljährig sind und mindestens einen Hauptschulabschluss haben. Zudem müssen sie Bescheinigungen vorweisen, etwa ein erweitertes Führungszeugnis und eine ärztliche Bescheinigung. Das kommunale Jugendamt prüft außerdem die Räumlichkeiten der angehenden Tageseltern. Früher dauerte die Ausbildung für Tagesväter wie Franz Paschmann 160 Stunden.