Düsseldorf. Der Flughafen Düsseldorf beantragt beim Minister bis zu 60 Flüge pro Stunde – auch früh morgens. Fluglärmgegner wollen das verhindern.

Der Düsseldorfer Flughafen will künftig bis zu 60 statt 47 Flüge pro Stunde abwickeln dürfen. Airportchef Lars Redeligx stellte im Gespräch mit dieser Redaktion klar, dass man zwar an der Obergrenze von 131.000 Flugbewegungen in den sechs Sommermonaten nicht rütteln wolle. Aber: „Wir wollen die Kapazität bestmöglich ausnutzen.“ Lärmschutzinitiativen wollen das verhindern. Georg Regniet von „Bürger gegen Fluglärm aus Essen: „60 Flüge in der Stunde, das werden wir niemals akzeptieren.“

Flughafen zieht bisherigen Antrag zurück

Am Freitagabend hatte der Flughafen überraschend mitgeteilt, dass er seinen 2015 gestellten Antrag ans NRW-Verkehrsministerium, mehr als 131.000 Starts und Landungen von April bis Oktober koordinieren zu dürfen, in dieser Form zurückziehe und einen veränderten stellen werde. Regniet ist überzeugt, dass eine Drohung von Verkehrsminister Oliver Krischer (Grüne) der Auslöser gewesen sei:bei einer neuen Genehmigung schärfer in die Rechte für die Ausnahme-Landungen nach 23 Uhr einzugreifen.

„Weitere Einschränkung hätte Schaden für den Standort bedeutet“

Redeligx betont, er wolle nicht spekulieren, bestätigt Regniet aber im Kern: „In ihrer Verpflichtung zur Abwägung hätte die Behörde vermutlich die Betriebsregeln weiter erheblich begrenzt.“ Die Betriebsgenehmigung sei aber schon jetzt eine der restriktivsten in Europa. „Eine weitere Einschränkung hätte Schaden für den Standort bedeutet.“

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Allerdings habe auch der Blick auf die aktuelle Lage zu der Entscheidung geführt, die Zeiten hätten sich geändert. „Deutschland ist eines der Schlusslichter bei der Erholung im Flugverkehr“, so Redeligx. „Es hat Standortnachteile im europäischen Vergleich, weil es hier recht hohe staatliche Abgaben gibt.“ In anderen Ländern sei man schon wieder bei den Flugzahlen aus der Zeit vor Corona, in Deutschland erreiche man in diesem Jahr 80 Prozent.

Viele Elemente des ursprünglichen Antrags bleiben unverändert

Drei Ziele, so Redeligx, müsse man übereinander bringen: „Wir brauchen eine Wachstumsperspektive, wir müssen für die Fluggesellschaften vernünftige Rahmenbedingungen schaffen, und wir wollen den berechtigten Interessen der Anwohner gerecht werden.“ Viele Elemente des ursprünglichen Antrags blieben unverändert. Man wolle smart innerhalb der Kapazität wachsen. Wenn das nicht möglich sei, würde Düsseldorf sich vom Luftverkehr abkoppeln.

Und was heißt das? Der Flughafen will zum Beispiel bis zu 60 statt der bisher erlaubten 47 Flüge pro Stunde. Denn: Was nützen dir 47, wenn von eins bis zwei nur 20 nachgefragt werden, aber früh um sechs 60? Redeligx: „Wir müssen die Nachfrage da befriedigen, wo sie entsteht.“ Und das sei eben nun mal auch in den Tagesrandzeiten. So will man in der Summe möglichst nahe an die erlaubten 131.000 heranzukommen. 124.300 waren es von April bis Oktober im Rekordjahr 2019.

Flughafen will helfen, Verspätungen zu vermeiden

„Wir wollen die bestehende Infrastruktur besser nutzen und damit auch Verspätungen vermeiden“, so Redeligx. Dazu zähle die flexiblere Nutzung der zweiten Start- und Landebahn. Die soll weiterhin, wie rechtlich im sogenannten „Angerlandvergleich“ festgelegt, nur in der Hälfte der Betriebszeit genutzt werden. Bisher muss der Flughafen aber jede Nutzung eine Woche vorher anmelden. „Ich sage intern: Das ist, als ob Sie einen Regenschirm kaufen und eine Woche vorher sagen müssen, wann sie ihn aufspannen“, moniert der Flughafenchef. „Wir wollen Stunden für die Nutzung ansammeln dürfen. So können wir auch Verspätungen viel besser auffangen.“

Flughafenchef erhofft sich Gegengeschäft

Redeligx erhofft sich ein Gegengeschäft, ohne dass er das Wort benutzt: Wenn man die heutige Obergrenze für Flugbewegungen akzeptiert, brauche man ein Stück mehr Flexibilität dafür. „122.000 der maximal 131.000 Flüge dürfen wir heute in unserem Kerngeschäft Linien -und Charterverkehr koordinieren. Wir möchten bis zu 128.000 Flüge dafür nutzen dürfen.“

Zudem brauche man weiter die Möglichkeit, zwischen 23 und 0 Uhr verspätete Landungen abwickeln zu dürfen, damit Gäste an ihr Ziel kämen. „Meine deutliche Botschaft“, so Redeligx: „Die Flexibilität dieser einen Stunde, die brauchen wir in der Tat, sonst gefährden wir die Aktivitäten der Airlines hier am Platz. Das sind die Airlines, die die Erholung des Flughafens nach Corona für uns vorantreiben.“ Man könne jetzt nicht deren Rahmenbedingungen am Standort noch weiter verschlechtern.

Nachtflugverbot: Weiter 33 Flüge zwischen 22 und 23 Uhr

Sorgen versucht der Airport-Geschäftsführer zu zerstreuen. „Für die Anwohner gibt es viele gute Botschaften.“ Man verzichte auf den Wegfall der Obergrenze bei Flügen. „Und entgegen bereits geäußerter Befürchtungen bleibt es bei 33 Flügen zwischen 22 und 23 Uhr, es kommen keine hinzu.“ Auch führe es nicht zu mehr Verspätungen, wenn man 60 statt 47 Flüge pro Stunde koordinieren würde. Die Kritik an zu knappen Zeitplanungen der Fluggesellschaften hält er für nicht berechtigt. „Die Airlines planen ihre Umläufe entsprechend.“

Verspätungen gebe es, und man tue alles, worauf man Einfluss habe, um das zu reduzieren. „Aber in diesem Jahr gibt es zum Beispiel erhebliche Verspätungen durch Fluglotsenstreiks in Frankreich. Die Antwort darauf kann doch nicht sein, dass wir die Standortbedingungen in Düsseldorf verschlechtern.“

Flughafen Düsseldorf möchte neue Interkontinental-Verbindungen

Für neue Fluggesellschaften am Airport wird es derweil eng. „Airlines, die bei uns ihre Flugzeuge stationieren wollen und für funktionierende Umläufe morgens Slots zu den Stoßzeiten benötigen, können wir heute schon kaum mehr etwas anbieten.“ Dennoch bemühe man sich sehr stark um neue Interkontinental-Verbindungen unter anderem in die USA. Redeligx: Die Maschinen starten üblicherweise nicht morgens um sechs, sondern in einer Zeit, wo wir noch Wachstumsmöglichkeiten haben.“

Die Ankündigungen stoßen erwartungsgemäß auf Widerstand bei Lärmschutzinitiativen. Es darf weiter gestritten werden. Das letzte Wort hat der Minister. Falls sich nicht auch noch Gerichte damit beschäftigen müssen.