Gelsenkirchen. Die mutmaßlichen Übergriffe eines Professors der Westfälischen Hochschule in Gelsenkirchen ziehen Kreise. Offenbar weitere Studenten betroffen.
Die Berichterstattung über einen Gelsenkirchener Professor, der Studenten bedrängt und teils sexuell belästigt haben soll, schlägt hohe Wellen: Infolge des am Dienstag in der WAZ veröffentlichten Artikels haben sich weitere ehemalige Studenten mit ähnlichen Vorwürfen gegen den Professor bei der Redaktion gemeldet.
„Ich habe mich in vielen Schilderungen wiedererkannt“, sagt ein ehemaliger Student. Allerdings hat er nie über seine Erlebnisse gesprochen, „das Schamgefühl war zu groß“. Auch ihn habe der Professor in seiner Wohnung aufgefordert, vor seinen Augen Liegestütze zu machen. Dabei habe er sein T-Shirt ausziehen müssen, so der ehemalige Student.
Als er hörte, dass noch weitere Studenten betroffen seien sollen, sei er schockiert gewesen. Der junge Mann studiert schon seit ein paar Jahren nicht mehr an der Uni. Doch noch immer hat der Student seine Bachelorarbeit, die er bei dem Professor schrieb, nicht fertiggestellt: „Ich wollte ihm nicht mehr begegnen.“
Ein anderer ehemaliger Student spricht von Gerüchten, die schon seit einigen Jahren unter den Studierenden an der Hochschule kursierten. Unter ihnen sei es ein „offenes Geheimnis“ gewesen, dass der Professor einige männliche Studierende bevorzugt habe, sagt ein Dritter.
Ein weiterer erzählt, dass man sich nach Veröffentlichung des Artikels unter ehemaligen Kommilitonen in kleiner Gruppe zusammengesetzt und lange über das Thema gesprochen habe. „Wir haben gemerkt, dass etwas komisch ist, aber waren uns nicht bewusst, in welchem Ausmaß das passiert sein soll“, so der ehemalige Student. „Man hinterfragt sich selbst, ob man mehr hätte merken müssen“, sagt ein anderer ergänzend.
Vorfall ist Gesprächsstoff auf dem Campus
Und auch, wenn an der Hochschule im Norden der Stadt in dieser Woche wegen der bevorstehenden Osterfeiertage nicht viel Betrieb herrscht: Der Vorfall ist natürlich Gesprächsstoff auf dem Campus. Wir haben uns unter den Studentinnen und Studenten umgehört.
„Ja, davon wussten wir“, sagen zwei Studenten, die gerade auf dem Weg zur Bushaltestelle sind. Einer von ihnen gibt an, schon Ende vergangenen Jahres von den Vorfällen gehört zu haben, ohne jedoch konkret zu wissen, um welche Personen genau es dabei ginge. Selbst involviert seien sie aber nicht gewesen.
„Ich habe auch schon vor dem WAZ-Bericht gehört, dass es da etwas Unschönes gegeben haben soll“, sagt ein anderer Student. Über den „Flurfunk“ habe er es mitbekommen. „Ich habe es sogar über Leute gehört, die schon gar nicht mehr an der Hochschule sind“, gibt er an. Das Thema werde unter der Studentinnen und Studenten durchaus diskutiert.
Er betont allerdings, dass es seiner Kenntnis nach das erste Mal sei, dass so etwas vorgefallen sei. Er fühle sich ansonsten an der Hochschule sicher – und wüsste auch, an wen er sich wenden könnte, wenn er in eine vergleichbare Situation geraten würde. „Auf der Internetseite der WH gibt es Informationen darüber, was man tun kann und wer einem dann hilft“, sagt er.