Düsseldorf. Mutmaßlicher Machtmissbrauch und sexuelle Übergriffe: FDP-Opposition fordert “Frühwarnsystem“. Land verweist auf Hochschulautonomie.

Die Vorwürfe gegen einen Professor der Westfälischen Hochschule Gelsenkirchen wegen mutmaßlichen Machtmissbrauchs und sexueller Übergriffe haben ein politisches Nachspiel. Die FDP-Opposition im Landtag setzte den Vorgang am Dienstag für die nächste Sitzung am 20. April auf die Tagesordnung des Gleichstellungsausschusses.

Die Liberalen fordern mehr Entschlossenheit der schwarz-grünen Landesregierung im Kampf gegen sexualisierte Gewalt und Diskriminierung „in der strengen Machtsymmetrie des Wissenschaftsbetriebs“, wie es in der Berichtsanforderung heißt. „Besonders irritierend ist es, dass der verdächtigte Professor der Westfälischen Hochschule offenbar über lange Zeit ein Verhaltensmuster des Machtmissbrauchs entwickeln und aufrechterhalten konnte“, sagte Franziska Müller-Rech, Sprecherin für Gleichstellung in der FDP-Landtagsfraktion, unserer Redaktion. Sie forderte ein besseres „Frühwarnsystem“ in NRW, damit Betroffene schneller Hilfe finden.

Ähnlich gelagerter Fall in Köln beschäftigte Landtag bereits

Wie unsere Redaktion berichtet hatte, wird einem Gelsenkirchener Professor vorgeworfen, über Jahre männliche Studierende mit ungewöhnlichen Praktiken unter Druck gesetzt und zum Teil unsittlich berührt zu haben. Sogar von Begegnungen in seiner Privatwohnung und Einladungen in sein Bett ist die Rede.

Die Hochschule bekräftigte am Dienstag, dass es sich um ein laufendes Verfahren handele und man aus rechtlichen Gründen keine konkreten Angaben machen dürfe. Der Umgang mit solchen Fällen verlaufe entlang klar geregelter dienstrechtlicher Verfahren: „Dazu gehört auch - wie in diesem Fall - die vorläufige Dienstenthebung und die Einleitung eines Disziplinarverfahrens.“ Der Beschuldigte ist offenbar schon seit Februar vorübergehend beurlaubt.

FDP sieht "akuten Handlungsbedarf" und fordert die Regierung

FDP-Politikerin Müller-Rech erkennt bei den Missbrauchsvorwürfen inzwischen „ein Muster und akuten Handlungsbedarf“. Die Landesregierung dürfe sich nicht länger wegducken: Sie stehe vielmehr „in der Pflicht, ihren Teil zur Prävention und zur fachlichen Begleitung beizutragen“. In den vergangenen Monaten musste sich der Landtag bereits mit ähnlich gelagerten Vorfällen an der Universität Köln beschäftigen. Eine Doktorandin hatte sich dort an die Hochschulleitung gewendet, weil sich ein Professor bis auf die Unterhose vor ihr entblößt und eine andere Wissenschaftlerin angefasst habe. Die hochschulinternen Untersuchungen liefen offenbar bereits seit Jahren gegen die lehrende Person.

Wissenschaftsministerin Ina Brandes (CDU) wollte sich im Gelsenkirchener Fall am Dienstag „zu einem laufenden Verfahren nicht äußern“. Ein Sprecher verwies darauf, „dass Hochschulen im Rahmen der Hochschulautonomie selbst für die Aufarbeitung von Vorgängen an der jeweiligen Hochschule zuständig sind“.