Essen. Geschlagen hat er die 16-jährige Freundin und sexuell bedrängt. Zwei Jahre danach sind sie verlobt. Vor Gericht schämt er sich.
Gedemütigt, mehrfach geschlagen und sexuell bedrängt hatte der damals 19-Jährige seine 16 Jahre alte Freundin. Heute, eineinviertel Jahr später, sind sie verlobt. Vor dem Landgericht Essen gesteht der junge Mann seine Schuld und wirkt dabei, als schäme er sich dafür wirklich.
Es war eine Nichtigkeit, aus der heraus sich der Streit zwischen den beiden entwickelt hatte. In der Nacht zum 3. Oktober 2021 hatte der Angeklagte ohne seine Freundin eine Disco in der Essener Innenstadt aufgesucht. Das hatte eine andere Jugendliche, die beide kannte, mitbekommen und seine Freundin angerufen.
Streit vor der Diskothek
Die 16-Jährige machte sich auf den Weg zur Diskothek. "Sie stellte mich zur Rede, weil sie mich dort nicht alleine sehen wollte", erzählt er später der XXIV. Strafkammer. Daraus entwickelte sich ein Streit. Sie ging wieder, er folgte.
In einer Nebenstraße der City zerriss er ihr laut Anklage das T-Shirt. "Schau mal, wie Du aussiehst", habe er gerufen und ihr auf das Gesäß geschlagen. Auf dem Weg zu ihrer Wohnung im Ostviertel schlug er ihr ins Gesicht, trat gegen ihre Beine und zog an ihren Haaren.
Im Treppenhaus sexuell bedrängt
Als sie zu Hause angekommen war, warf er sie im Treppenhaus auf den Boden. Dann zog er sie aus, berührte und bedrängte sie sexuell. Zehn Minuten lang. Zu einer Vergewaltigung kam es aber nicht.
Anschließend kehrte er zurück zur Disco und rächte sich an ihrer Freundin für den Anruf. Er versetzte ihr eine heftige Ohrfeige, durch die sie ein Knalltrauma erlitt.
Bewährungsstrafe möglich
Nach Verlesung der Anklage bittet Verteidiger John Sayed um ein Rechtsgespräch. Relativ schnell einigen sich Gericht, Staatsanwältin und Rechtsanwalt darauf, dass es bei einem vollen Geständnis eine Jugendstrafe zwischen 14 und 20 Monaten Dauer geben soll. Und dass diese zur Bewährung ausgesetzt werden könnte.
Nach einem solchen "Deal" gibt es meist nur eine kurze Erklärung des Verteidigers, die Vorwürfe seien richtig. In diesem Fall hat der Angeklagte offenbar das Bedürfnis, selbst zu reden. Er sagt, dass ihm das wirklich leid tue. Und er bedauere, die Beherrschung verloren zu haben.
Vor der Tat Alkohol getrunken
"Ich liebe sie, und sie liebt mich", fügt er hinzu, bevor er verstummt und weint. Er habe damals Alkohol getrunken, sagt er anschließend, Tequila. Aber das will er nicht als Entschuldigung gelten lassen: "Niemand hat das Recht, einen anderen anzupacken."
Er erzählt dann noch, dass sie nach seiner Tat drei Monate getrennt waren und er wegen dieser Sache seinen Ausbildungsplatz verloren habe. Vor zwei Monaten hätten sie sich aber verlobt.
Unterschiedliche Erinnerungen an die Verlobung
Auch die Frau wird gehört. Zur Sache muss die 18 Jahre alte Studentin wegen des Geständnisses nichts sagen, erläutert ihr Richter Marco Papa. Das will sie auch nicht, weil sie ja verlobt seien. Allerdings siedelt sie das Verlöbnis einen Monat nach der Tat an. Da müssen der Angeklagte und sie wohl unterschiedliche Erinnerungen an die Übergabe des Ringes haben.
Aber für den Prozess ist es egal, ob es eine echte Verlobung war und sie schweigen darf. Denn durch sein Geständnis kommt es darauf nicht an. Der Prozess wird fortgesetzt.