Essen/Dortmund. Wer sein E-Auto nicht bis Jahresende anmeldet, verliert Teile der Förderung. Viele Zulassungsstellen aber schließen jetzt. Was nun?
Anfang März hat Wolfgang Weber (Name geändert) sein neues E-Auto bestellt. „Im September sollte es kommen.“ Tat es aber nicht. Bis heute wartet der 54-Jährige auf die Mittelklassen-Limousine. „Lieferschwierigkeiten beim Hersteller“, hat man Weber immer wieder vertröstet. Und dann gab es „keine „Kapazitäten bei den Spediteuren“. Nun aber wird es eng. Ist das Auto nicht bis Ende des Jahres angemeldet, sinkt die staatliche Förderung um mindestens 1500 Euro. Käufer von Plug-in-Hybriden werden ab 2023 gar nicht mehr bezuschusst.
Tausende warten seit Monaten auf ihr Auto
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Weber ist kein Einzelfall. Landesweit warten derzeit Tausende Käufer von E-Autos quer über alle Marken auf ihre Bestellungen. Und viele warten schon viel länger als Weber. Immerhin: unaufhörlich karren Hersteller derzeit die Fahrzeuge zu den Händlern ins Revier. „Alle versuchen, so viele Fahrzeuge wie möglich auszuliefern“, sagt Thomas Peckruhn, Vizepräsident des Zentralverbandes Deutsches Kraftfahrzeuggewerbe (ZDK). Dementsprechend groß ist der Andrang bei den Zulassungsstellen in der Region. In vielen Städten machen sie trotzdem zwischen Weihnachten und Neujahr zu. „Betriebsferien“, heiß es bei den Stadtverwaltungen. „Das macht mich fassungslos“, sagt Weber. Auch mit dieser Gemütslage ist er kein Einzelfall.
Es für die Händler und die Kunden „extrem wichtig, dass die Kfz-Zulassungsstellen insbesondere zwischen Weihnachten und Neujahr geöffnet sind“, warnt auch ZDK-Vize Peckruhn. Schon im November, weiß zudem ZDK-Sprecher Ulrich Köster, seien 30 Prozent mehr Autos angemeldet worden als zur gleichen Zeit im Vorjahr. „Und im Dezember wird auch noch mal ordentlich was gehen.“
„So noch nicht erlebt“
Das ist noch untertrieben. „So einen Endspurt bei den Anmeldungen habe ich in den 34 Jahren, in denen ich in der Branche bin noch nicht erlebt“, sagt Thomas Mracek, Essener Center-Leiter Automobilhandelsgruppe Gottfried Schultz, einem der größten Händler des Landes. In vielen Städten des Ruhrgebietes zeigt sich die Verwaltung davon unbeeindruckt und schickt ihre Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen in den Urlaub. Weder in Duisburg noch in Mülheim etwa kann man nach Auskunft der Städte in dieser Zeit sein Auto zulassen. Auf die Zulassungsstelle einer anderen Kommune auszuweichen, ist nicht möglich.
Aber (Zeit)not macht erfinderisch: Immer mehr Händler gehen dazu über, das Auto bereits zuzulassen, sobald ihnen der Hersteller die Fahrzeug-Identifizierungsnummer (FIN), die früher Fahrgestellnummer genannt wurde, übermittelt hat. „Dann wissen wir, das Auto ist gebaut“, sagt der Verkäufer eines großen Peugeot-Händlers. Mit Kundenvollmacht und allen nötigen Dokumenten ausgestattet, wird es dann angemeldet.
Ein Aufwand, der sich lohnt
Das alles ist manchmal mit viel Aufwand verbunden, lohnt sich aber für die Verkäufer. Denn oft gibt es eine Vereinbarung im Kaufvertrag, nach der der Händler dem Kunden die durch eine verspätete Anmeldung entgangene Förderung erstattet – sofern das Auto schon für die vergangenen Monate avisiert war. „Geschieht das ein oder zwei Mal, ist das ärgerlich“, sagt ein Händler. „Passiert es zehn oder zwanzig Mal, wird es richtig teuer.“
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Auch deshalb hat es in manchen Städten Verhandlungen mit der Verwaltung gegeben. Lang und zäh sollen sie nach Erzählungen von Anwesenden teilweise verlaufen sein. Natürlich verstehe man die Sorgen der Autokäufer, sagt ein Stadtsprecher hinter vorgehaltener Hand. „Aber andererseits können wir unsere Mitarbeiter jetzt nicht kurzfristig in die Pflicht nehmen, damit sie die oft viel zu optimistischen Lieferversprechen der Autoindustrie ausbügeln.“
Nicht öffentlich bekannt gegeben
In einigen Fällen waren die Verhandlungen erfolgreich. So gibt es zwischen Weihnachten und Silvester unter anderem in Essen für Autohäuser und Zulassungsdienste – und nur für sie – eine Art Notdienst. So können sie E-Autos und Plug In-Hybride auch in der letzten Woche des Jahres anmelden. Mehrere andere Kommunen haben ähnliche Vereinbarungen getroffen, die aber nicht öffentlich bekannt gegeben worden sind. „Man habe Sorge“, sagt ein Stadtsprecher aus dem Revier, der ungenannt bleiben möchte, „dass die Mitarbeiter zu viele Anfragen auch von Privatleuten bekommen würden.“
Bochum dagegen macht kein Geheimnis aus der verlängerten Öffnungszeit der Zulassungsstelle. Dort haben Betroffene die Möglichkeit, „ihren Antrag auf Zulassung, ausschließlich für diese Fahrzeuge, bis zum 31. Dezember 2022 bekannt zu geben“.
Schnäppchen auch noch Anfang 2023 möglich
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Auch Anfang 2023 kann noch E-Autos zum Sonderpreis geben. Er gehe davon aus, sagt Thomas Peckruhn, dass Händler möglichst alle noch nicht zugelassenen Elektroautos in ihrem Bestand 2022 selbst zulassen werden und die Prämie später an Kunden weitergeben. Grundsätzlich aber, glaubt Branchenexperten Ferdinand Dudenhöffer, würden die neuen Förderbedingungen den Boom der E-Autos in Deutschland deutlich bremsen. Das Ziel der Bundesregierung, das bei 15 Millionen vollelektrischer Pkw für das Jahr 2030 liegt, werde „krachend“ verfehlt.