Gelsenkirchen/Bottrop. Früher belacht, heute beklatscht. Wie die Menschen im Revier auf ein Treffen von Mantafahrern reagieren.

Sneaker? Im Ernst, jetzt? Christian Rohlinger lächelt. „Habe meine Cowboystiefel gestern nicht gefunden.“ Ein Manta-Fahrer ohne „Mantaletten“? Jetzt lacht Rohlinger. „Hat sich viel geändert in den letzten 30 Jahren.“

Christian Rohlinger (l.) organisierte die Drehorttour.
Christian Rohlinger (l.) organisierte die Drehorttour. © FUNKE Foto Service | Jakob Studnar

Das hat es offenbar. Auf dem Hof in Gelsenkirchen stehen knapp ein Dutzend Exemplare des bis 1988 produzierten Opel Manta. Standardmodelle sind eher die Ausnahme. Breiter und tiefer sind die meisten, viele deshalb schneller als vom Werk geplant und zwei auch umgebaut zum Cabrio. Man kann dort laut „Manni“ rufen und niemand dreht sich um. Fuchsschwänze am Rückspiegel gibt es nur zwei und es trägt auch keiner Goldkettchen um den Hals oder sagt „boah“ und „ey“, erst recht nicht „Boah ey“. Und für die einst so beliebte klassische Vokuhila-Frisur reicht die Haarpracht der meisten Männer ohnehin nicht mehr. Immerhin: Rohlingers Freundin ist „Friseuse“, heißt aber nicht Uschi wie im Film.

Die Zeit bleibt halt nicht stehen, aber an diesem Sonntag wird sie zurückgedreht. Rohlinger hat da – zusammen mit Marianus Machtemes, seinem Vereinskameraden vom „Manta Sport Club Düsseldorf“ – mal was vorbereitet. Gemeinsames Frühstück in Gelsenkirchen, dann los nach Bottrop und weiter nach Essen. „Drehorttour“, sagt der 36-Jährige. Denn es geht nur an Plätze, an denen 1990 „Manta – der Film“ gedreht worden ist. Ob sie den Film gesehen haben? Ein müdes Lächeln. „Die meisten von uns können ihn mitsprechen.“

„Über das Auto und seine Fahrer lacht längst niemand mehr“

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Kaffee und belegte Brötchen werden verteilt, die Autos auf dem Hof unter die Lupe genommen. Kennerblicke fixieren Wageninneres, Lackierung oder Spoiler. Was sie schätzen an dem einst als „Maurer-Porsche“ geschmähten Sportwagen?“ „Kult“, sei das Auto, ist oft zu hören. Wolfgang Fiebig (57) aus Witten schwärmt vom „einmaligen Fahrgefühl“. Vielleicht hat er deshalb auch gleich drei Mantas in der Garage stehen. Zwei für offizielle Rennen und ein Cabrio – ab Werk so nie gebaut.

 Wolfgang Fiebig war schon mit Mitte 20 Manta-Fahrer.
 Wolfgang Fiebig war schon mit Mitte 20 Manta-Fahrer. © FUNKE Foto Services | Jakob Studnar

Fiebig ist einer der wenigen, der so alt ist, dass er schon in einem Manta gesessen hat, als das Land Hohn und Spott über das Auto ausschüttete, wenn es fragte: „Warum hat der Mantafahrer immer einen Strohballen im Kofferraum? Er kann ja nicht alles im Kopf haben.“

Stiefel, Frisur, linken Ellbogen aus dem Fenster, „ich habe damals aber auch alle Klischees erfüllt.“ Trotzdem hat es „irgendwann genervt“. Genau wie die Golf-GTI-Fahrer, die geglaubt haben, ihr Auto sei schneller als der Konkurrent aus Rüsselsheim. „Auf den ersten Metern vielleicht“, sagt Hartmut Oepen (55) aus Düren mitleidig. „Dann aber zog der Manta davon.“ Deshalb hat er sich vor drei Jahren wieder einen geholt. Und ein Tattoo auf den linken Unterarm stechen lassen: Opel-Logo, Rochen und den Satz „Legenden sterben nie“.

Alle hier fahren Manta, aber alle fahren auch nicht nur Manta. Der Opel-Sportwagen ist für einen entspannten Wochenendausflug da, nicht für den Alltag. Vor allem nicht, wenn der Alltag verregnet ist. Dann müssen der „kleine Japaner“ oder der „alte Franzose“ ran. Zum Glück scheint am Sonntag die Sonne. „Passt alles“, freut sich Rohlinger.

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Kurz vor Mittag geht es im Konvoi los Richtung Bottrop. Zechensiedlung Welheim lautet das Ziel, einst auch Drehort des Films. Auf dem Weg gibt es aus entgegenkommenden Autos hochgereckte Daumen und manchmal sogar Applaus. Für Jörg Fricke (60), mit Frau und Hund unterwegs im Manta-Cabrio, keine neue Erfahrung. „Über das Auto und seine Fahrer lacht längst niemand mehr.“

Mancher hat sich die Liebe zum Manta in die Haut tätowieren lassen.
Mancher hat sich die Liebe zum Manta in die Haut tätowieren lassen. © FUNKE Foto Services | Jakob Studnar

Im Gegenteil. Als sie langsam über die Straßen in Welheim rollen, da kommen die Menschen dort aus den Häusern oder liegen in den Fenstern ihrer Wohnungen. Viele haben schon hier gelebt, als die Film-Crew 1990 die ganze Straße sperrte. „Da durften wir uns nicht einmal am Fenster sehen lassen“, erinnert sich Murat Tuna. Heute dürfen sie ganz nah ran, dürfen mit ihren Handys selber filmen oder fotografieren. „Tolle Autos“ rufen viele. Beim Gruppenfoto herrscht dann auch Zufriedenheit im Konvoi. Ein schöner Tag oder wie man in der Szene sagt: „Mantastisch“.

Drei Drehorte in Essen stehen am Nachmittag noch auf dem Plan, dann geht der Tag mit einem gemeinsamen Abendessen der Tour-Teilnehmer zu Ende. Und nein, es gibt weder Mantarinen oder Tunefisch, ja nicht einmal eine klassische Manta-Platte, also Currywurst, Pommes rot/weiß. „Wir gehen“, zerstört Manta-Fan Christian Rohlinger auch das letzte Klischee, „ganz einfach zum Griechen.“