Erst beliebt, dann verspottet. Vor 30 Jahren kam der erste Film über den Opel Manta in die deutschen Kinos.

Der 19. September 1991. ein Donnerstag. Am Similaun-Gletscher im Ötztal wird die mumifizierte Leiche eines Mannes aus der Jungsteinzeit gefunden. Für viele Menschen zwischen 18 und 30 Jahren damals interessanter: Im Kino feiert ein Streifen über ein Auto seine Deutschland-Premiere. „Manta – der Film“, gedreht im Ruhrgebiet, belacht im ganzen Land und bedrängt von starker Konkurrenz. Denn nur vier Wochen später nimmt „Manta Manta“ an den Kinokassen die Verfolgung auf. Aber dazu später mehr.

Gespottet wird 1991 schon lange über die Flunder aus dem Hause Opel, die zu jener Zeit seit gut drei Jahren gar nicht mehr produziert wird. Manta-Fahrer haben die Ostfriesen als Witzopfer abgelöst. Bildungsprekariat mit Machoattitüde, Vokuhila-Frisur und Cowboystiefel, die – logisch – „Mantaletten“ genannt werden. Sie sprechen Ruhrpott-Slang, sagen bevorzugt „boah“ oder „ey“, am liebsten „Boah ey“. Sie tragen meist den Namen „Manni“ und immer ein Goldkettchen um den Hals. Und bei jeder Temperatur ragt ihr Arm durch das geöffnete Seitenfenster. Was, wie jeder weiß, im Sommer zur Korrosion der Tür durch Achselschweiß und im Winter zu Eiszapfen am Ellenbogen führt.

Plüschwürfel am Rückspiegel, Fuchsschwanz an der Antenne

Nur echt mit Fuchsschwanz: Der Manta B
Nur echt mit Fuchsschwanz: Der Manta B © WAZ-Fotopool | Klaus Pollkl sener

Ihre Autos sind getunt, verspoilert, tiefer gelegt. Am Rückspiegel hängt der Plüschwürfel, an der Antenne ein Fuchsschwanz und auf der Rückscheibe ist ein Kenwood-Aufkleber praktisch Pflicht. Wenn ein Manta-Fahrer tödlich verunglückt, ist die die Beerdigung immer montags. Weil seine blond(iert)e Freundin, die wahlweise Uschi oder Tina heißt, dann frei hat. Und natürlich wird der Sarg auf Wunsch des Verstorbenen auch gerne „tiefer gelegt“. Und der kürzeste Witz überhaupt über dieses Auto? Genau: Steht ein Manta vor der Uni.

Wie es zu diesem Manta-Bashing kommen konnte, ist nie wirklich geklärt worden. Opel hat mit dem Auto Anfang der 1970er Jahre junge Familienväter mit begrenztem Budget im Visier. Männer, die Platz brauchen für die größer werdende Familie, sich aber nicht gleich komplett von einer flotten Fahrweise verabschieden wollen. Der Plan geht auf. „Damals“, kann Schauspieler Ralf Richter, der in „Manta – der Film“ mitgespielt hat, das verstehen, „baute Opel noch Autos mit Charakter.“

„Manta Verschwörung“ mit Karl Dall

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Von Asgard Dierichs (Text)und Jakob Studnar (Fotos)

Der Erfolg ist jedenfalls groß. Allein der Manta A verkauft sich fast eine halbe Million Mal und auch der Manta B ist viele Jahre lang eines des beliebtesten Autos zwischen Nordsee und Alpen. Vielleicht zu beliebt, wie 2008 ein Video im Internet behauptet. Der Komiker Karl Dall ist darin zu sehen und erzählt, er sei in den 1980ern von Porsche angeheuert worden, sich die ersten 100 Manta-Witze auszudenken, um so die Konkurrenz zu diskreditieren. Aus Geldnot, so der Komiker weiter, habe er zugestimmt. Der Rest sei Geschichte. Allerdings eine, die nicht wahr ist. Denn die so genannte „Manta-Verschwörung“ ist nichts als das Experiment zweier Studenten der Film-Akademie Baden-Württemberg, in dem Dall ohne Gage mitspielt.

Sah schneller aus, als er war. Der Opel Manra B
Sah schneller aus, als er war. Der Opel Manra B © Opel | Opel

Auto-Experten glauben dann auch, dass es die Diskrepanz zwischen Aussehen des Manta und seiner tatsächlichen Leistung ist, die den Wagen vom Vorzeigemodell zur „Prollkarre“ macht. Ab Werk mit maximal 110 Pferdestärken unter der Haube zeigt ihm der weitaus leichtere Golf GTI meist seine Rücklichter. Zudem ist der Manta in den späten 1980ern als Gebrauchter recht günstig zu haben. Was ihn bei jüngeren Menschen mit Hang zum Tuning sehr beliebt macht.

„Alles musste schnell, schnell gehen“

Da ist es nur eine Frage der Zeit, bis Filmemacher den Manta für sich entdecken. 1991 tauchen gleich zwei Teams im Ruhrgebiet auf. Drehen in Duisburg und Essen. Rasen durch Hagen und Dortmund. „Alles musste schnell, schnell gehen“, erzählt Richter, der in „Manta – der Film“ ausnahmsweise keinen Ganoven, sondern einen Streifenpolizisten spielt. „Das war eine Überraschung.“

Das ist der Rest der Handlung eher nicht. Nach bestandener Fahrprüfung träumt Manfred „Manni“ Grabowski (Sebastian Rudolph) von einem Golf GTI – natürlich mit allen Schikanen; Nicht nur aber auch um bei seiner großen Liebe, der blonden Friseuse Tina (Nadeshda Brennicke in ihrer ersten großen Rolle), zu landen. Aber wie das Schicksal so spielt: bei einer Tombola gewinnt Grabowski jr. ausgerechnet einen Manta.

Helge Schneider und Dieter-Thomas Heck spielen mit

Tina, entsetzt über den „Maurer-Porsche“, wendet sich GTI-Fahrer Phil (Jophi Ries) zu. Es gibt ein paar Verwirrungen, kein Klischee wird ausgelassen und immer wieder fahren getunte Autos minutenlang kreuz und quer durch das Ruhrgebiet. Bis Manni – unterstützt vom örtlichen Manta-Club – zum alles entscheidenden Rennen GTI vs. Manta antritt und um die Liebe von Tina kämpft. Immerhin: Helge Schneider gibt hier ein kleines Konzert, und Dieter Thomas Heck ist noch einmal in dem Job zu sehen, der er ursprünglich gelernt hat. Autoverkäufer.

Natürlich wissen beide Produktionen voneinander. Richter erzählt von einer Wette zwischen den Produzenten Bernd Eichinger (Manta, Manta) und Peter Timm (Manta – der Film). Nicht um eine Kiste Bier wohl gemerkt. „Wer mit seinem Film zuerst in die Kinos kommen würde, der sollte vom anderen eine echte Corvette bekommen.“ Am Ende siegt Timm. Nur zwei Wochen nach Drehende steigt die Premiere. „Und Eichinger hat die Corvette geschickt.“

Erfolgreichster deutscher Film des Jahres

Spielte im Manta-Film einen Streifenpolizisten: Ralf Richter. Foto
Spielte im Manta-Film einen Streifenpolizisten: Ralf Richter. Foto © Jakub Studnar | Jakob Studnar

Die Kritik reagiert verhalten auf den Manta-Erstling. Richter nennt ihn 30 Jahre später sogar „echt schlecht“ und „hingerotzt“. „Aber“, sagt er auch, „wir waren ja erfolgreich.“ Das ist sogar noch untertrieben. Ende des Jahres ist der Film mit gut einer Million Zuschauern die erfolgreichste in Deutschland gedrehte Produktion des Jahres 1991. Erst ein halbes Jahr später kann der Eichinger-Film die Konkurrenz überholen, ist bis heute bei vielen Menschen aber besser in Erinnerung geblieben. „Stimmt“, gibt Richter zu, glaubt aber nicht, dass es großartige Qualitätsunterschiede zwischen beiden Streifen gibt. „Das liegt“, ist er überzeugt, „einfach daran, dass bei den anderen der Schweiger mitspielt.“

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Mittlerweile ist der Manta-Spott längst verflogen. Es gibt ihn ja kaum noch. Ende 2020 waren angeblich noch 1092 Mantas offiziell zugelassen. Dafür soll es vielleicht einen Nachfolger geben. Als E-Auto, im Jahr 2025.

Boah ey!