Ruhrgebiet. Voll, aber nicht stickig. Verspätet, aber verlässlich. Die Bahn startet in den Ferienbeginn „wie an einem normalen Freitag“. Mit Abstrichen.

Den schwierigsten Teil ihrer Reise haben die Rettichs vermutlich bereits hinter sich, aber leider auch den lustigsten. „Der Regionalzug war ganz witzig“, sagt sie: die Bahn von Coesfeld nach Dortmund, mit der sie hergekommen sind. Die war gut gefüllt, unter anderem von einem Damen-Kegelclub mit anschwellend guter Laune. Was schwärmten die Damen von einer früheren Neun-Stunden-für-neun-Euro-Zugfahrt nach Passau!

Muss man mögen, hat aber so gefallen, dass sie schon wieder unterwegs sind. Während Rettichs jetzt auf Bahnsteig 18 in Dortmund auf den ICE nach Berlin warten, der sie in den Urlaub fährt. „Wir haben ja ab hier reservierte Plätze.“ Ein kleines bisschen erleichtert klingt es aber schon.

„Wir ziehen um. Wir hätten so gerne Urlaub“

Seit knapp zwei Wochen, seit dem 12. Juni hat die Bahn nach eigener Darstellung so viele extra-lange ICEs auf der Strecke wie nie zuvor.
Seit knapp zwei Wochen, seit dem 12. Juni hat die Bahn nach eigener Darstellung so viele extra-lange ICEs auf der Strecke wie nie zuvor. © FUNKE Foto Services | STEFAN AREND

An diesem Freitag kommt einiges zusammen: Das Wochenende und die Sommerferien stehen an, Kunden und Kundinnen mit 9-Euro-Ticket nutzen es schon wieder für ausholende Ausflüge, Urlauber und Urlauberinnen treten denselben an. Und dann mischen sich noch Einzelfälle darunter.

Wie jenes junge Paar am Bochumer Hauptbahnhof, das angestrengt wirkt und einen Koffer, vier Reisetaschen und zwei beeindruckende Rucksäcke mit sich führt. Hawaii? Südafrika? Australien? „Duisburg.“ In den Taschen ist Hausrat. „Wir ziehen um. Wir hätten so gerne Urlaub.“ Ziemlich mutig, der Umzug mit dem Regionalexpress.

„Nutzen Sie die volle Länge des Zuges“

Das prophezeite Chaos auf Gleisen bleibt aber auch am Freitag wieder entschlossen aus. Ja, es ist voll, aber längst nicht so stickig wie am ersten 9-Euro-Tag, vor Pfingsten. Wer sich auskennt, steigt sowieso ganz vorne oder ganz hinten ein; von der mehrfachen Durchsage des Zugführers im fahrenden RRX („Nutzen Sie die volle Länge des Zuges“) lässt sich die geknubbelte Menge in der Mitte jedenfalls nicht spürbar beeinflussen.

Im Laufe des Tages tauchen zusehends auch Verspätungsanzeigen auf den elektronische Anzeigetafeln auf: Köln 25 Minuten, Binz 10 Minuten, Hamburg 30 Minuten. „Sowas plant man schon fast ein“, sagt Gerd Schneiderath und hält an seiner Urlaubsstimmung fest: „Dinge nehmen, wie sie kommen.“.

Bahn empfiehlt Platzreservierung und Auslastungsanzeige

Ein Sprecher der Bahn in NRW sagt am Nachmittag, alles sei „eigentlich wie an einem normalen Freitag. Die Züge sind sehr gut gefüllt.“ Seit Wochen gebe es eine starke Nachfrage, die Menschen wollten wieder reisen.

Die Bahn empfiehlt für die nächsten Tage des Urlaubsbeginns, Sitzplätze zu reservieren und die Auslastungsanzeige der Züge zu beachten. Die Auslastung sei je nach Tageszeit sehr unterschiedlich und normalerweise dienstags und mittwochs am niedrigsten. Wer so flexibel ist . . . Aber am besten fasst die Lage wohl ein Mann zusammen, der aus einem anfahrenden Zug heraus telefoniert: „Wir fahren gerade los“, sagt er: „Deine Mutter hat einen Sitzplatz.“