Essen. Bio-Produkte haben manchmal lange Wege, regionale sind nicht immer bio. Gerade deswegen lohnt ein Vergleich des Hofladens mit dem Biosupermarkt.

Übungseier von der Junghenne – wo gibt’s denn sowas? Im Supermarkt oder im Biomarkt, müsste man schon lange, lange suchen. Aber Nikolas Weber führt sie gerade in seinem Hofladen, diese Mini-Eier, die schon alle Nährstoffe des großen Eis enthalten und darum besonders aromatisch sind. Auch das Filet, die Leberwurst, das Kochmett vom Iberico-Schwein aus eigener Zucht – ein Alleinstellungsmerkmal des Oberschuirshofes in Essen. Andererseits ist kaum ein Hofladen „Vollsortimenter“ wie ein Biosupermarkt – dort gibt es wiederum ganz andere Produkte, alle natürlich mit Biosiegel. Beide Verkaufskonzepte haben ihre Stärken. Um zu einer bewussten Kaufentscheidung zu kommen, sollte man die Unterschiede kennen.

„Jeder Kunde muss für sich selbst entscheiden, wo sein Schwerpunkt liegt“, sagt Frank Waskow, bei der Verbraucherzentrale NRW zuständig für Ernährung: „Ich fahre zum Hofladen, um Produkte zu kaufen, die vom Landwirt sind und aus der Region.“ In den Biosupermarkt dagegen geht man, wenn die Ernährung mit Bio-Lebensmitteln im Mittelpunkt steht und wenn man die Bio-Landwirtschaft stärken möchte. „Aber bio ist womöglich nicht vom Bauern um die Ecke“, sagt Waskow. „Der Biosupermarkt ist nicht per se der beste Ort, um die heimische Landwirtschaft zu unterstützen.“ Natürlich gibt es eine größere Schnittmenge. Hofläden haben auch Bioprodukte und „gut sortierte Biomärkte führen regionale Produkte“, sagt Waskow. „Meist ist es ausgezeichnet. Man kann aber auch das in der Regel gut geschulte Personal danach fragen.“

Zehn Eier auf dem Weg zum Kunden

„Produkte vom Hof“ sind gekennzeichnet. Der Zukauf liegt bei 30 bis 40 Prozent des Umsatzes.
„Produkte vom Hof“ sind gekennzeichnet. Der Zukauf liegt bei 30 bis 40 Prozent des Umsatzes. © FUNKE Foto Services | Lars Heidrich

„Für eine gesunde Ernährung funktioniert das Bio-System“, sagt auch Nikolas Weber. „Für eine gesunde Umwelt eher nicht“, weil zum Beispiel Transportwege nicht berücksichtigt werden. Aber es wäre zu einfach, nur den Weg zum Verkauf zu berechnen, sagt Weber selbstkritisch. „Nehmen wir zehn Eier. Ich produziere zwar Null Emissionen, wenn ich sie vom Stall in den Laden trage. Aber wenn meine Kunden mit dem Auto vorfahren und nur wenig einkaufen, haben die Eier eine schlechte Ökobilanz vom Hof bis zum Herd. Im Supermarkt ist es eher umgekehrt. Das Ei hat schon den Weg zu mehreren Lagern hinter sich, der Kunde kann aber in der Stadt leichter zu Fuß oder mit dem Fahrrad kommen.“

Und weil jeder Hofladen seine eigenen Spezialitäten hat, ist der Besuch ergänzend zum Supermarkt. Oder man besucht mehrere Hofläden, was eine gewisse Planung erfordert – auch weil nicht immer alle Produkte vorrätig sind. Es gibt Schlachttage, Saisongemüse, Liefertermine. Manche Kunden machen es aber so, weiß Weber. Bei ihm gibt es das Geflügelfleisch, Äpfel und Kartoffeln, ein paar hundert Meter weiter oben am idyllischen Schuirweg, in Feldmann’s Grünem Markt, sind es die Fleischerei, Salat, Blumen und Beeren aller Art. Der Buchholzhof darüber führt unter anderem Spargel, Erdbeeren, Kürbisse und die Hühnerfleisch aus eigener Produktion.

Preislich in der Mitte

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Ungefähr 30 bis 40 Prozent des Umsatzes macht Weber mit zugekauften Waren, das allermeiste von Produzenten, die er persönlich kennt. Der Käse kommt aus dem Wodantal in Hattingen, die Forellen und Makrelen aus Wuppertal, das Wildfleisch vom Niederrhein. Clementinen aus dem Süden gibt es auch, und Wein aus dem Badischen. Weber beliefert zwar auch einige Supermärkte und Gastronomen in der Region, aber direkt. Höhere Stückkosten aber muss er ausgleichen, indem er auf Zwischenhändler verzichtet. Darum Direktverkauf.

Und die Preise? Biofleisch zum Beispiel ist natürlich deutlich teurer, wenn man es mit Freiland oder gar Stallhaltung vergleicht. Gerade bei Geflügel sei die Spanne enorm, sagt Verbraucherschützer Waskow. „Es gibt einfach zu wenig Angebot. Bei Schweinefleisch ist die Spanne zwischen Bio und Nicht-Bio nicht so groß wie bei Hühnern. Rind liegt dazwischen.“ Das Putenbrustfilet in einem Essener Biomarkt kostet zum Beispiel 27,90 das Kilo. Die Freilandputenbrust von Bauer Weber liegt bei 16,90 Euro. Ein Putenbrustfilet aus „Stallhaltung plus“ (mit mindestens 10 Prozent mehr Platz als vorgeschrieben) kostet bei Aldi 7,99 Euro das Kilo.

Der Bauer ist das Siegel

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Was fehlt Bauer Webers Puten, Hühnern, Enten und Gänsen zum Biosiegel? Sie haben einen großzügigen Auslauf auf den Feldern hoch über der Ruhr, die Tränke läuft über, so dass ein Bächlein entsteht, in dem sie ihr Gefieder putzen können. Die Schnäbel sind ungekürzt. Allein ihr Futter baut Weber nicht bio an, ganz auf Pflanzenschutz zu verzichten sei ein zu großes kaufmännisches Risiko. „Die Siegellandschaft hat zur Folge, dass ich mich oft nicht mehr mit den Haltungsbedingungen beschäftige“, sagt Weber. Seine Ställe stehen Besuchern offen. Der Bauer ist das Siegel.

„So gut wie bio, das hört man ganz oft“, sagt Waskow. „Aber so lange einer den letzten Schritt nicht macht, bin ich skeptisch. Trotzdem kann ein konventioneller Bauer eine sehr gute Tierhaltung haben. Man sollte neben dem Freilauf darauf achten, dass die Schnäbel nicht gekürzt werden, was in der konventionellen Haltung üblich ist. Dann kann es gerade bei Fleischprodukten in der Tat nah dran sein an bio. Wenn es dem Kunden um Tierschutz und Haltung geht, sind sie damit oft gut bedient.“

>> Info: Den richtigen Hofladen finden

Einen recht vollständigen Finder bietet mein-bauernhof.de. Hier kann man sowohl nach Direktverkaufsstellen, als auch nach Wochenmärkten suchen, nach Namen, im Umkreis oder mittels einer Karte. Auch die Art der Produkte, Siegel wie Demeter oder Bioland und Kriterien wie vegetarisch, vegan, bio sind filterbar, ebenso kann man nach Gastronomie, Ferienwohnungen, Führungen, Kindergeburtstagen, Weinproben und dergleichen suchen.