Essen. Der Überfall auf die Volksbank in Haltern war fingiert, ist das Landgericht Essen überzeugt. Es verurteilte den Chef der Filiale.
Mit Bewährungs- beziehungsweise Geldstrafen endete am Dienstag vor dem Landgericht Essen der Prozess um eine Räuberpistole. Fünf Angeklagte, darunter der Bankchef und ein JVA-Beamter, hatten laut Urteil einen Raubüberfall auf die Filiale der Volksbank in Haltern vorgetäuscht und 245.000 Euro erbeutet.
Zum Großteil bürgerliche Typen saßen seit dem 31. August vor der XVI. Strafkammer auf der Anklagebank. Richter Thomas Kliegel sprach im Urteil von einem Gaunerstück, das sie sich geleistet hätten.
Bankchef und JVA-Beamter als treibende Kraft
Die Tat liegt schon lange Zeit zurück, fast fünf Jahre. Treibende Kraft waren nach Überzeugung der Kammer der Filialleiter der Volksbank, ein heute 58 Jahre alter Mann aus Marl, und ein Beamter des Bochumer Gefängnisses, ein 55-Jähriger aus Haltern am See. Beide hatten sich zunächst im Geschäftsbetrieb der Bank kennengelernt, sich dann aber angefreundet und privat viel Zeit mit ihren Familien verbracht.
Was man dann so redet im privaten Kreis, etwa im Jahre 2016: Wie leicht es doch sei, einen Überfall zu fingieren. Niemandem werde ein Haar gekrümmt, danach sei man alle finanziellen Sorgen los. "Aus Spaß wurde Ernst", zeigte Kliegel auf, warum die beiden sich auf die schiefe Bahn begeben hätten.
"Räuber" aus Leipzig angeheuert
Der Bankdirektor gab den Tipp, dass alle 14 Tage ein größerer Geldbetrag in der Bank liege. Der JVA-Beamte wiederum nutzte seine Kontakte im kriminellen Milieu, man kennt sich halt aus dem Knast, und suchte einen "Räuber". So kamen zwei weitere Angeklagte ins Spiel, die schließlich einen heute 59-Jährigen aus Leipzig anheuerten.
Der Mann war bereit, für 40.000 Euro in die Bank zu gehen und den Räuber zu spielen. Ein leichtes Spiel: Als am 10. Februar 2017 der Bankchef zeitlich vor seinen Kollegen morgens die Volksbankfiliale betrat, nahm der "Räuber" ihn in Empfang. Beide wussten, wo der tote Winkel der Überwachungskameras war, so dass die Polizei später nicht viel sah.
245.000 Euro Beute gemacht
245.000 Euro wechselten den Besitzer, zur Tarnung fesselte der "Räuber" dem Banker die Hände mit Kabelbindern. Es sollte ja echt aussehen.
Aber mit Laiendarstellern geht selten ein perfektes Schauspiel über die Bühne. Nur vier Tage nach dem Raub ging einer der Mitwisser mit seinem Beuteanteil von 40.000 Euro zur Polizei und offenbarte die Täuschung. Warum er das tat, ließ sich für die Kammer nicht klären. Fast zeitgleich nannte ein "Julian", dessen Identität wie bei einem V-Mann anonym blieb, der Polizei alle Details und benannte die Angeklagten. 111.000 Euro stellte die Polizei sicher, der Rest ist verschwunden.
Kein Raub, sondern Untreue
Rechtlich war das Ganze kein Raub, sondern eine Untreue beziehungsweise die Beihilfe dazu. Für den Bankdirektor gab es am Dienstag zwei Jahre Haft mit Bewährung, für den geständigen Gefängnisbeamten ein Jahr und acht Monate Haft, ebenfalls mit Bewährung. Beide haben ihren Job verloren, der JVA-Mitarbeiter auch seinen Beamtenstatus. Richter Kliegel: "Es war ja auch kein Kinkerlitzchen."