Mülheim. Sie ist Baujahr 1949 und braucht eine Generalüberholung. Doch bald soll die JU-52 auf dem Flughafen Essen/Mülheim wieder glänzen.
Sie gilt als die „Grande Dame“ der Luftfahrt und als so unverwüstlich wie seinerzeit der VW Käfer, der läuft und läuft und läuft. Die JU-52, erstes Gesamtmetallflugzeug der Welt, das im Jahr 1919 erstmals vom Boden abhob. Ganz so alt ist das Exemplar der „Tante JU“ nicht, das jetzt am Flughafen Essen/Mülheim ein neues Zuhause gefunden und die Herzen der Fans höher schlagen lässt.
Einer von ihnen ist Frank Peylo. Der Geschäftsführer der Westdeutschen Luftwerbung (WDL) hat große Pläne auf den Ruhrhöhen: Im kommenden Frühjahr will er die grüne Luftschiffhalle abreißen lassen und durch einen neuen Hangar aus Holz und Glas ersetzen. Neben dem Luftschiff soll die JU-52 eine der Attraktionen in dem geplanten Veranstaltungszentrum werden. „Wir wollen den Hangar so breit bauen, dass die JU mit ihren beachtlichen 30 Metern Spannbreite hineinpasst“, kündigt Peylo an.
Bis der Neubau steht, ist das historische Flugzeug auf einer Wiese am Rande des Rollfelds geparkt. Per Schwertransport auf fünf Tiefladern war die alte Dame vom Flughafen Mönchengladbach nach Mülheim gebracht werden. Auch wenn die Maschine noch gut beieinander zu sein scheint – fliegen dürfen alle noch existierenden Modelle des Klassikers nach einem folgenschweren Unglück nicht mehr. Es war am 4. August 2018, als eine JU-52 mit der Kennung HB-HOT in den Schweizer Alpen abstürzte.
17 Passagiere und drei Besatzungsmitglieder kamen auf dem Rundflug ums Leben. Die Schweizerische Flugunfalluntersuchungsbehörde SUST führte den Absturz zwar auf ein „eklatantes Fehlverhalten“ des Piloten zurück. Starten dürfen die Modelle der JU-52 dennoch nicht mehr.
Weil für das Museumsstück, Baujahr 1949, in Mönchengladbach kein Platz mehr war, bemühte sich Frank Peylo darum. „Da haben wir zugeschlagen“, sagt er. Sein erst im vergangenen Jahr gegründeter Verein WDL Oldtimer Freunde nahm mit dem Besitzer, der Bundeswehr, Kontakt auf und erhielt grünes Licht, den Flieger als Dauerleihgabe nach Mülheim zu holen. Fachleute, die die JU-52 zerlegen und wieder aufbauen können, musste Peylo nicht lange suchen.
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„Wir machen hier alles in Eigenregie. Unsere Triebwerk- und Flugzeugmechaniker waren gleich Feuer und Flamme“, sagt WDL-Betriebsleiter Andreas Bayer. Er und sein Team betreuen das Luftschiff „Theo“, das Werbung fliegt und auf Rundflügen auch Passagiere befördert. Vor der mehr als 70-jährigen JU-52 ist den Technikern nicht bange. „Eine Maschine ist eine Maschine. Das gilt auch für historische Fahrzeuge“, zeigt sich Bayer gelassen. Die Einzelteile haben sie längst wieder zusammengesetzt. „Jetzt fehlen uns nur noch die Sitze für die 17 Passagiere“, sagt WDL-Geschäftsführer Peylo.
„Mit Einzelteilen sind wir gut versorgt. Unser Ziel ist es, dass die JU ihre Patina erhält. Das Flugzeug ist noch echte Handarbeit. Die 140.000 Nieten wurden per Hand gesetzt“, erzählt er. Flügel und Rumpf bestehen zu 100 Prozent aus Aluminium. Darauf gucken auch die Passagiere in der Kabine. Im Innern gibt es weder eine Wandverkleidung, noch eine Klimaanlage. In der Sonne heizt sich der Alu-Vogel mächtig auf. Immerhin können die Fluggäste an Bord zur Toilette gehen.
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Im engen Cockpit ist noch Handarbeit gefragt. Die Instrumente sind rein analog und mechanisch. Autopilot? Fehlanzeige! Und wer den Geruch von Kerosin nicht mag, sollte besser erst gar nicht in die JU-52 geklettert sein. Eine komfortable Gangway sucht man bei ihr vergebens. Der Weg an Bord führt über eine steile Stahlleiter. Fürs Foto posiert Frank Peylo auf einem der beiden Pilotensitze. Auch wenn es noch die Erlaubnis gäbe – fliegen könnte er die JU-52 trotzdem nicht. Der 58-Jährige ist zwar seit Jahrzehnten bekennender Fan und aktives Mitglied des Vereins historischer Luftfahrzeuge in Mönchengladbach. „Einen Pilotenschein habe ich aber nie gemacht, nur ein paar Flugstunden“, erzählt er und liefert dafür auch eine Begründung: „Wer fliegt, braucht Zeit. Ich komme aber in der Regel zu spät, obwohl ich versuche, pünktlich zu sein. Wenn man so strukturiert ist, sollte man nicht fliegen.“
Peylo ist auf Umwegen zu seinem Hobby gekommen. In seinem früheren Berufsleben als Geschäftsführer der Mülheimer Druckerei Thierbach arbeitete er häufig für die Luft- und Raumfahrt. „Damals in den 1980er Jahren ist meine Faszination für die Fliegerei entstanden“, erzählt er. Peylo half mit, Rundflüge mit der JU-52 zu organisieren. Regelmäßig machte sie auch Station am Flughafen Essen/Mülheim, um Passagiere gemütlich über das Ruhrgebiet zu kutschieren. Nun soll die Legende der Luftfahrt dauerhaft Museumsstück werden.
„Wir sind stolz darauf, so ein Flugzeug in Mülheim zu haben. Wir werden die JU hegen und pflegen“, sagt Peylo, der seit 2015 WDL-Geschäftsführer ist. Zugleich betont er, dass der Hingucker aus Aluminium auch politisch korrekt sei. „Uns ist wichtig, dass die Maschine nie im Zusammenhang mit Bombenabwürfen im Einsatz war. Im Gegenteil: Die JUs wurden genutzt, um Menschen aus Stalingrad auszufliegen. Das waren humanitäre Flüge. Das macht auch den Mythos aus“, so der Geschäftsführer.
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Nach dem Ende der Luftschiffsaison werden Vereinsmitglieder und WDL-Mitarbeiter im bevorstehenden Winter wieder mehr Luft haben, an der „alten Tante“ herumzuschrauben. Die gelben Kränze um die drei Motoren sollen wieder frisch lackiert glänzen, einige undichte Stellen gilt es beseitigen und natürlich die Bestuhlung einzubauen. Peylo will die JU-52 als Attraktion in größere Veranstaltungen einbinden.
Jüngst gab es ein Mode-Fotoshooting mit Models auf den Tragflächen des Oldtimers. Auch die Macher der TV-Serie „Babylon Berlin“ drehten auf dem Flughafen Essen/Mülheim. Die „alte Tante“ soll auch nicht das einzige historische Fahrzeug auf den Ruhrhöhen bleiben. „Wir haben bereits einen alten Magirus-Feuerwehrwagen aus den 50er-Jahren“, sagt Peylo. „Demnächst bekommen wir noch einen offenen Great Lakes Doppeldecker. Ihn wollen wir für Rundflüge und als Begleitung für unser Luftschiff einsetzen.“
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