Witten. Aus Holz ist das neue große Gebäude der Universität Witten/Herdecke. Es soll ein Beispiel an Nachhaltigkeit geben. Raumnot droht aber weiter.

Der Farbton der Fassade ist von Ikea, aber der Vergleich ist natürlich furchtbar ungerecht. Hier haben nicht Laien etwas zusammengesteckt, was jetzt mit Mühe hält, sondern Fachleute einen ambitionierten Bau geschaffen. Das neue große Gebäude der Uni Witten/Herdecke (UW/H) ist fast ganz aus Holz. Und fertig. Montag kommen die Studenten.

Dass der große Parkplatz dem Holzbau weichen musste: kein Zufall. Dass er vielen Fahrrädern Platz bietet und ihren potenziell verschwitzten Fahrern und Fahrerinnen Duschen: auch kein Zufall. Dass zwischen der Innenstadt und der Uni jetzt erstmals überhaupt Fahrradwege entstehen: genau. Das Holz bindet zudem 1200 Tonnen CO2, und 850 Tonnen sind vermieden worden durch den Verzicht auf Beton und Stahl. Kurzum: Der Holzbau ist ein Meilenstein. Das sagen am Freitag zur Eröffnung praktisch alle. Und: so nachhaltig!

1200 Kubikmeter zertifiziertes Fichtenholz und eine Fassade aus Lärche

Die Treppenstufen in detr Bibliothek sind unterschiedlich hoch: Rechts läuft man, links sitzt man.
Die Treppenstufen in detr Bibliothek sind unterschiedlich hoch: Rechts läuft man, links sitzt man. © FUNKE Foto Services | Ralf Rottmann

Denn verbaut wurden vor allem 1200 Kubikmeter zertifiziertes Fichtenholz aus nachhaltigem Anbau und rund 10000 vorgefertigte Holzbauelemente, darunter die Fassade aus naturbelassener Lärche. Fundament und Sockel sind dagegen aus Beton, das hält besser, und Treppenhäuser und Aufzugschächte sind ebenso traditionell konstruiert, wegen der Sicherheit.

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„Wie baut man eine Uni, die einen kleinen Beitrag zur Nachhaltigkeit leisten will und ein kleines Beispiel geben will?“, fragt rein rhetorisch ihr Präsident, Professor Martin Butzlaff. In die Jahre der Planung waren Studenten eingebunden, die der Architekt Markus Lager so beschreibt: „Diese Generation ist absolut radikal, was Nachhaltigkeit angeht. Das ist man dieser Generation einfach schuldig.“ Und so kommt es, dass eine der ältesten Bauweisen der Menschheit zu einem Gebäude führt, wie es kein vergleichbares gibt in Nordrhein-Westfalen, so das Land.

Seminarräume und Dachterrasse, Büros und Raum der Stille

„Zukunftsraum“ heißt es, da schimmert durch das fehlende „t“ noch der Ausgangspunkt von 2012 durch: Eine Uni, die aus ihren Nähten platzte, hatte einen Zukunftstraum. „Wir mussten neue Räumlichkeiten schaffen“, erinnert sich Jan Peter Nonnenkamp, der Kanzler der Uni. Doch wie das immer so geht, sind tatsächlich weitere Studenten nachgewachsen, ihre Zahl ist nochmals gestiegen auf jetzt knapp 3000. Heißt: Auf den Meilenstein sind sie stolz, aber die nächste Raumnot steht am Horizont.

Die Konstruktion der Haupttreppe war aufwendig.
Die Konstruktion der Haupttreppe war aufwendig. © FUNKE Foto Services | Ralf Rottmann

Mit Umfeld, Möblierung und IT hat das Projekt rund 27 Millionen Euro gekostet, davon der Bau allein 22 Millionen. Er steht 3,5-geschossig am Hang mit einer Grundfläche von 7000 Quadratmetern und bietet unter anderem Seminarräume, die Uni-Bibliothek, Groß- und Einzelbüros, einen Saal für 350 Personen und ein öffentliches Café sowie ein paar Gimmicks: einen Raum der Stille, eine Sitzstufentreppe, teilweise mobile Wände und mehrere Dachterrassen.

Uni bietet am Samstag etliche Führungen an

Schön und hell ist das Ganze auch noch. Wenn Sie sich selbst ein Bild machen wollen: Am heutigen Samstag (2. Oktober 2021) gibt es zwischen 10 und 12 Uhr sowie 13.30 bis 14.30 Uhr ständig Führungen (Witten, Alfred-Herrhausen-Straße 48). Dazwischen eine Podiumsdiskussion zu nachhaltigem Bauen. Sich anzumelden, ist erbeten (www.uni-wh.de/offeneuni), 3G wird kontrolliert.

Die hellbraune Fassade wird sich übrigens durch Licht und Wetter ändern. Die Lärche ergraut mit den Jahren. Wohnst du noch oder studierst du schon?